Brucker Kulturnacht:Zwei Gegner

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Die Brucker Kulturnacht bietet Musik, Comedy und einen Gang durch die archäologische Sammlung. Doch Regen und Fußball-EM-Spiel halten Besucher ab - und wirken sich auch auf die Künstler aus

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Statt der 900 Besucher, die am Samstag zur Brucker Kulturnacht kamen, wäre sicher, wie im Vorjahr, fast die doppelte Anzahl erschienen, hätte nicht Deutschland zur gleichen Zeit bei der Europameisterschaft in Frankreich gegen Italien gespielt. Überdies war wohl so mancher wegen des anhaltenden Regens zu Hause geblieben. Auch die Veranstaltungen mussten auf das Wetter Rücksicht nehmen. Die Kultur flüchtete in die Innenräume, ein Schlendern und Verweilen auf den Wegen zwischen den Veranstaltungsorten war nicht möglich.

Für 14 Veranstaltungsorte mussten Lösungen gefunden werden, auch im Museum Fürstenfeldbruck. Die Gruppe Alpenklezmer präsentierte ihre koscheren Gebirgsjodler in einem wundervollen Tonnengewölberaum. Gleichzeitig führte die Museumspädagogin Pamela Peyser-Kreis Mädchen und Buben in voller Dunkelheit einleuchtend vor, dass durch das Aufeinanderschlagen von Feuersteinen Funken entstehen.

Ursprünglich als Walk Act für das gesamte Klosterareal geplant, geisterten Ingrid Irrlicht und Kirstie Handel als Riesenerdbeeren verkleidet wetterbedingt nur durch die Museumsräume und forderten ein "Unkrautfunding" für Rosengewächse.

Recht gut besucht war der Stand-up-Comedian Umbo im Gemeindesaal der Erlöserkirche. Kapital schlug der "Feinripp-Macho" ganz klar aus seiner körperlichen Erscheinung. So kann sich ein Mann in den besten Jahren mit Glatze und beeindruckenden Ohren Witze über den Einsatz von Lesebrillen erlauben und bei seinem gleichaltrigen Publikum offene Türen einrennen.

Die Stadtbibliothek in der Aumühle stand ganz im Zeichen Afrikas. Und das, obwohl sich das Jobarteh-Kunda-Trio kaum von der Fußball-Live-Übertragung des Viertelfinalspiels lösen konnte. Ein Trio wie das Fußballmatch: der Deutsche Tormenta Jobarteh, der Italiener Felix Occhionero und der Schlagzeuger Humphrey Cairo - seit 1999 bilden sie eine Mannschaft. Das hervorstechendste Instrument des Trios ist die Kora, eine afrikanischen Stegharfe, die sowohl optisch als auch klanglich exotisch erscheint. Die 21-saitige Kora wird aus einem Kürbis und Kuhhaut hergestellt. Der Steg symbolisiert das Rückgrat des Menschen. Interessierte haben am 10. Juli auf dem Tollwood-Festival die Gelegenheit zu einem Wiedersehen mit dem Jobarteh-Kunda-Trio.

Hedwig Rost erzählte das afrikanische Märchen von der Sternenfrau. Unterstützend setzte sie eine bemalte Stoffbahn ein, die durch Drehen und Wenden zu einer Art Tisch-Theaterkulisse wurde. Verzaubert und gebannt vergaß das Publikum das Ambiente der Stadtbibliothek und wähnte sich einen Abend lang unter dem Sternenhimmel Afrikas.

Schwer zu finden war die Poetry-Show der "Stützen der Gesellschaft". Eigentlich hätte die Show unter freiem Himmel im Stadtpark stattfinden sollen, aber der Regen machte diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Spontan wurde der Auftritt unter die Überdachung des Carports der Stadtwerke verlegt. Frank Klötgen glänzte mit seinem kunstvollen Gedicht "Der Hummelfluch", Alexander Burghard mit einem Prosatext über sein schütteres Haupthaar. Der Text überforderte schier die Lachmuskeln der 30 Zuschauer, und Alexander Burghard legte "Scheitel für Scheitel" noch einen weiteren Beweis seiner Selbstironie drauf.

Die diesjährige Tassilo-Preis-Gewinnerin Fee Brembeck bot nicht nur ein "Mutmachgedicht" dar, sie moderierte souverän die gesamte Show. Von einem Dreier-Ensemble wurde ein "Mittsommermord" gezeigt, der natürlich in einer lauen Nacht noch ein bisschen mehr Spaß gemacht hätte. Zwar gibt es die Poetry-Show auch monatlich im Theater im Fraunhofer in München zu sehen, aber die Atmosphäre auf dem Stadtwerkegelände, unter dem Carportdach neben den Fahrradständern, war sicherlich ein einzigartiges Erlebnis für die Besucher.

© SZ vom 04.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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