Bildungspolitik:Die Mittelschule bleibt eine Baustelle

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Das Kultusminsterium gibt das Konzept der neuen Mittelschule vor, die Rektoren müssen versuchen, es umzusetzen. Die Schulen im Landkreis müssen dafür kooperieren - und versuchen, die Hauptschule zu retten.

Petra Fröschl

Nicht nur äußerlich werden viele Hauptschulen derzeit umgebaut. In Germering, Puchheim, Gröbenzell, Emmering, Eichenau, Fürstenfeldbruck und Türkenfeld startet am kommenden Dienstag die neue Mittelschule.

Nicht nur mit den Handwerkern, die ihre Kerschensteinerschule in Germering derzeit sanieren und erweitern, hat Rektorin Claudia Frisch derzeit viel zu besprechen. Sie ist auch die Koordinatorin für die Mittelschule, die in Germering gemeinsam mit der Wittelsbacherschule gebildet wird. (Foto: FFB)

Um ihre Schulstandorte zu erhalten, haben die Kommunen drei Verbünde gegründet, die für die Schüler zum Teil weitere Wege mit sich bringen. Doch selbst Schulamtsleiter Joachim Linkert bezweifelt angesichts der steigenden Übertrittsquoten, dass die Hauptschule auf diese Weise zu retten ist.

Die Vorgaben des Kultusministeriums für das neue Schulmodell waren erst kurz vor Ferienbeginn klar. Die Gemeinden Olching, Maisach und Mammendorf verschoben den Start ihrer Mittelschule deshalb um ein Jahr.

In Gröbenzell, Puchheim, Eichenau und Emmering stand die Einführung der Mittelschule bis zuletzt auf der Kippe. Da es zunächst danach aussah, als ob in Gröbenzell keine eigene sechste und siebte Klasse zustande kämen, weigerte sich der Gemeinderat, den Kooperationsvertrag zu unterzeichnen.

Erst als sich herausstellte, dass in der Mittelschule auch Klassen mit weniger als 15 Teilnehmern möglich sind, lenkte das Gremium ein. In Gröbenzell wird es nun eine sechste und siebte Klasse mit jeweils nur 14 Schülern geben, die elf Fünftklässler werden in Puchheim unterrichtet.

Innerhalb der Mittelschulverbünde gibt es keine Sprengelgrenzen mehr, die Eltern können völlig frei wählen, auf welche Schule sie ihr Kind schicken. "In der Regel bleiben die Eltern aber bei ihrer jeweiligen Sprengelschule", sagt Schulamtsleiter Linkert.

Diese Erfahrung hat auch Claudia Frisch gemacht, die die Mittelschule in Germering koordiniert. Dort gab es in der siebten Jahrgangsstufe das Problem, das an der Wittelsbacherschule nach Bildung einer Ganztagsklasse noch neun Schüler und an der Kerschensteinerschule nach Bildung der M-Klasse mehr als 20 Schüler übrig waren. Die Rektorin setzte also alles daran, Eltern, die auch in relativer Nähe zur Wittelsbacherschule leben, anzubieten, dass ihr Kind auch dort zur Schule gehen könne - und hatte in drei Fällen Erfolg.

Dass in der neuen Mittelschule die rechtliche Grundlage fehlt, um Kinder einer Schule zuzuweisen, nennt Frisch eine "Kinderkrankheit" des neuen Systems. "Da wurde etwas nicht zu Ende gedacht", sagt sie. Gäbe es die Möglichkeit der Zuweisung, hätte man heuer ausgeglichenere Klassen bilden können. Generell ändere sich in Germering mit der neuen Mittelschule aber wenig.

Ob das Ziel des Kultusministeriums, die einzelnen Hauptschulstandorte zu erhalten, durch die Mittelschule erreicht werden kann, ist momentan alles andere als klar. "Wenn sich die Schülerzahlen so weiterentwickeln wie bisher, wird die Gröbenzeller Hauptschule mittelfristig wahrscheinlich auslaufen", sagt Linkert.

Schon jetzt seien die Klassen dort einzügig und sehr klein. Und durch die neue Übertrittsregelung würden die Hauptschulen noch weiter an Nachwuchs verlieren. Seit heuer wird nach der Grundschule nämlich der Elternwille stärker berücksichtigt: Zwar gilt für den Übertritt auf eine weiterführende Schule noch immer ein Schnitt von 2,33 (Gymnasium) oder 2,66 (Realschule) in Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht. Doch wer in den Probeunterricht geht und eine 4,0 in Deutsch und Mathe hat, darf künftig auf der weiterführenden Schule bleiben, sofern es die Eltern wünschen.

Laut Linkert kann das manchmal fatal sein: "Manche Schüler sind auf der Haupt- oder Mittelschule einfach besser aufgehoben", betont er. Dort gebe es gerade für Handwerker gute Perspektiven, denn qualifizierte Fachkräfte würden dringend gesucht.

Schon jetzt zeigen sich die Auswirkungen dieser neuen Regelung: Die Übertrittsquote auf weiterführende Schulen ist im Landkreis mit etwa 75 Prozent heuer höher denn je. In einigen Gemeinden, wie Eichenau oder Gröbenzell, liegt sie sogar über 90 Prozent. Die Hauptschule muss also gestärkt werden, doch eine bloße Namensänderung reicht laut Linkert nicht aus. "Um die Schüler besser individuell zu fördern, brauchen wir mehr Lehrer und Fördermittel", sagt er.

© SZ vom 08.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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