Bei Kandidaten nachgefragt:Das sagen die Parteien

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Auf dem Dachauer Rathausplatz werben Parteien auf einer Gemeinschaftsplakatfläche nebeneinander. Doch wo unterscheiden sie sich inhaltlich in Bezug auf Erstwähler? (Foto: Niels P. Joergensen)

Was tun CSU, SPD, Grüne, FDP, Freie Wähler und Die Linke für junge Menschen und wo liegt der Fokus, wenn es darum geht, für sie Politik zu machen?

CSU

Politik für die jungen Leute müsse darauf basieren, sagt Katrin Staffler, dass die junge Generation auch künftig alle Chancen hat, die ein Land bieten kann. Konkret bedeutet das für die CSU-Kandidatin, auch weiterhin im Bundesetat ohne neue Schulden auszukommen, also eine Politik der "schwarzen Null" zu verfolgen. Denn die junge Generation solle nicht stetig steigende Schulden erben. Ausgaben erhöhen möchte Staffler im Bereich der Bildung. Das könne der Bund in der akademischen und beruflichen Bildung tun, für die er - im Unterschied zu den Schulen - mitverantwortlich ist. Zur bestmöglichen Bildung gehört für die Kandidatin aus Türkenfeld auch das digitale Klassenzimmer, also die Ausstattung mit elektronischen Medien. Diejenigen, die einen Meister gemacht haben, sollen einen Teil der Gebühren zurückbekommen, und um den Gründergeist junger Unternehmer zu wecken, soll es Unterstützung bei der Gründung von Start-up-Firmen geben. Auch die jungen Familien will Staffler fördern. Für diese fordert sie ein Baukindergeld und einen Steuerfreibetrag für jedes Kind. ano

SPD

Durch seine Arbeit als Lehrer kennt Michael Schrodi die Themen, die junge Menschen bewegen. "Es sind vor allem Fragen zu Studien- und Ausbildungsplatz, damit verbunden auch Wohnraum und der öffentliche Nahverkehr, die die Jugend beschäftigen", sagt er. Im Münchner Umland sei wohl eine der drängendsten Fragen, ob man sich als Student oder Auszubildender den Wohnraum leisten könne. Und mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, vor allem dafür will sich Schrodi im Bundestag einsetzen. Das gelte nicht nur für Erstwähler, sondern für alle Betroffenen, auch für Migranten. Dabei betont er: "Die Wohnungsnot wird nicht durch Migranten verursacht, sie leiden darunter wie viele andere." Wichtig ist es Schrodi, in der Diskussion mit jungen oder Erstwählern zuzuhören, um Impulse zu bekommen, weniger sie von einer politischen Denkrichtung zu überzeugen. "Man muss die jungen Leute respektieren und sie ernst nehmen", sagt er. Schrodi weiß aus Diskussionen, dass viele Erstwähler eine gerechtere, sozialere und ökologischere Politik wünschen. "Das wollen wir ihnen bieten." berj

Grüne

Die Grünen fordern, junge Menschen bereits mit 16 Jahren zur Wahl zuzulassen. Auch Beate Walter-Rosenheimer, Grünen-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis, steht energisch dahinter. Dafür müsse es dann aber auch Demokratieunterricht in der Schule geben, sagt sie. In Berlin ist sie Mitglied der Kinderkommission und im Jugendausschuss. Gerechte Bildungschancen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, das ist eine Forderung, die Grüne und SPD teilen. Mit der FDP teilt sie die Ansicht, Schulen von der Ländersache zur Aufgabe des Bundes zu machen. Das würde Abschlüsse gleichwertig und Umzüge in Deutschland einfacher machen. Realschulen und Berufsschulen bräuchten mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung. "Es kann nicht immer nur um die Gymnasien gehen." Deutschunterricht vom ersten Tag an fordert sie für Einwandererkinder, egal, wie ihre Bleibeperspektiven sind. "Kinder lernen schnell." Ein Einwanderungsgesetz soll Migranten wie auch der Wirtschaft helfen, sichere Jobs zu schaffen und zu finden. vgr

FDP

Aufgrund seiner Erfahrungen als Strafverteidiger stehe er einer multikulturellen Gesellschaft skeptisch gegenüber, sagt der FDP-Direktkandidat Andreas Schwarzer aus München. "Ich weiß, dass das nicht funktioniert." Viele seiner Mandaten stammen aus Einwandererfamilien und leben bereits in der zweiten und dritten Generation in Deutschland. "Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir verschiedene ethnische Gruppen haben, die in einer eigenen Welt leben." Solange sich alle an die Gesetze hielten, sei das für ihn kein Problem. "Ich glaube, ich bin Realist und kein Träumer", sagt er. Den Islam bezeichnet der Münchner als "friedfertige Religion". Schwarzer bezeichnet sich selbst als Profiteur der Bildungspolitik und setzt daher auf dieses Thema. Der Ausbau der Gymnasien und Universitäten in den Sechziger- und Siebzigerjahren hätten es ihm ermöglicht, zu studieren. Den klassischen Frontalunterricht hält er nicht mehr für zeitgemäß. Auch, dass jedes Bundesland ein eigenes Bildungssystem habe, passe nicht mehr. Schule müsse auf lebenslanges Lernen und mehrmalige Berufswechsel vorbereiten. eis

Freie Wähler

Viele junge Leute, die das Gymnasium besuchen, haben die Wiedereinführung des G 9 in Bayern begrüßt. Bei ihnen werden die Freien Wähler wohl Punkte sammeln: Die Gruppierung brachte das Thema immer wieder aufs Tablett und forderte einen Volksentscheid. Die Staatsregierung schwenkte schließlich um. Den Anstoß dazu hätten die Freien Wähler gegeben, ist Lilian Edenhofer überzeugt. Die Bundestagskandidatin fordert eine kostenfreie Kinderbetreuung und gerechte Bildungschancen. Bildung dürfe nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Edenhofer kritisiert auch den Leistungsdruck im bayerischen Schulsystem. Etwa "das Aussieben" der Kinder in der vierten Grundschulklasse, wenn es um den Zugang zu den weiterführenden Schulen geht. Das trage Unfrieden und Stress in die Familien hinein. In der Flüchtlingspolitik weist sie Deutschland eine humanitäre Verantwortung zu. "Doch die Kommunen dürfen nicht auf den Kosten sitzen bleiben." Gut integrierte Flüchtlinge sollten hier bleiben dürfen, wiederholt Straffällige schnell abgeschoben werden. "Da läuft vieles falsch", sagt Edenhofer. sto

Die Linke

Die Linke-Direktkandidatin Renate Schiefer hat drei Kinder, die studieren und nebenher den Buchladen ihres verstorbenen Vaters weiterführen. Denn sie wollen nicht, dass die langjährigen Mitarbeiter in dem Münchner Geschäft arbeitslos werden. Diese Form der Eigeninitiative bewundert ihre Mutter. Sie selbst will helfen, dass benachteiligte junge Menschen in die gleiche Lage versetzt werden, Initiative zu ergreifen und ihr Leben in die Hand zu nehmen. In diesem Sinne ist für Renate Schiefer soziale Gerechtigkeit nicht nur eine Frage der finanziellen Situation, sondern vor allem der Selbstbestimmung. Deswegen engagiert sie sich beruflich für Menschen, die Analphabeten sind. Schiefer arbeitet eng mit der Jugendorganisation der Linken, die sich "Solid" nennt, zusammen und wirbt mit ihr gemeinsam für "ein einklagbares Grundrecht auf Ausbildung und Übernahme" in dem jeweiligen Unternehmen. Zweiter Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit der Geschichte und die enge Kooperation mit Organisationen, die sich gegen rechte Tendenzen unter Jugendlichen einsetzen. we

© SZ vom 18.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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