Behörden:Asylhelfer fühlen sich allein gelassen

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Im Kreis der Ehrenamtlichen häufen sich die Beschwerden über angeblich mangelhafte Kommunikation mit dem Landratsamt Fürstenfeldbruck. Die Kreisbehörde zeigt zwar Verständnis, verweist aber auf Vorschriften

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Die Asylhelfer im Landkreis sehen sich mit einer breiter werdenden Kluft konfrontiert. Die Kommunikation zwischen ihnen und dem Landratsamt findet entweder gar nicht statt oder nur unzureichend. Die Arbeit der Helfer werde vom Amt unnötig erschwert, sagen die Kritiker. So berichten Fritz Hartig und Karl-Heinz Theis vom Helferkreis Asyl Olching von einer enormen Diskrepanz zwischen den Sonntagsreden der Politiker und der täglichen Verwaltungspraxis in Behörden. Denn während Politiker immer wieder betonten, die Flüchtlingskrise sei ohne die Helfer nicht zu bewältigen, bleibe im Alltag von der öffentlich demonstrierten Wertschätzung wenig übrig.

Besonders ärgerlich für die Ehrenamtlichen: Daten, wie Name, Herkunftsland und Sprache neuer Asylbewerber werden vom Amt nicht weitergegeben. Man werde auch immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt und habe kaum Zeit, sich auf extreme Situationen einzustellen. Wie etwa bei der Eröffnung der Asylbewerberunterkunft im Hotel am Mühlbach in Olching mit rund 100 Neuankömmlingen, von der die Helfer zwei Tage zuvor aus der Presse erfuhren. Birgitt Epp, die Sprecherin der Brucker Helfer, erzählt, dass das Landratsamt immer wieder ohne Erklärung neue Regelungen festsetze. Zuletzt in der Brucker Unterkunft am Hardtanger, wo ein Gemeinschaftsraum seit Kurzem am Abend abgeschlossen werden muss. Kristin Eissfeldt, die sich beim Asylhelferkreis Eichenau vor allem um Organisatorisches kümmert, betont, selbst keinerlei schlechte Erfahrung gemacht zu haben - ganz im Gegenteil berichtet sie von einem der Hauskoordinatoren, den sie häufig sogar am Wochenende erreichen konnte - sie weiß aber auch, dass Kollegen, die in den Unterkünften arbeiten, andere Erfahrungen gemacht haben.

Eine davon ist Claudia Kuttner. "Es ist wie ein Bermudadreieck. Da versinkt einfach alles", sagt sie über unbeantwortete E-Mails oder Anrufe. Besonders dramatisch sei das in Notfällen. Etwa, wenn ein Jugendlicher sich weigere zu essen und niemand wisse, wer der richtigen Ansprechpartner sei. Auch Eissfeldt erinnert sich an einen Notfall während der Weihnachtsfeiertage. In einer Unterkunft war die Heizung ausgefallen. "Ein Objektbetreuer kann natürlich nicht 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen. Aber wir hätten schon erwartet, dass es für solche Fälle eine Notrufnummer gibt." Die Helfer fühlen sich streckenweise allein gelassen.

Theis und Hartig wundern sich auch über die Forderung des Amts nach einem Konzept für das Wlan, das in einer Olchinger Unterkunft von einem der Helfer privat installiert und finanziert wurde.

Dass der Ärger unter den Helfern im Landkreis groß ist, weiß auch Andrea Gummert, die von Caritas und Landratsamt eingesetzte Ehrenamtskoordinatorin im Bereich Asyl. Sie ist die Schnittstelle zwischen beiden Parteien und bemüht sich, zu vermitteln. Die Unzufriedenheit der Helfer könne sie verstehen, allerdings, so betont sie, wüssten die Asylhelfer auch, dass die Mitarbeiter des Landratsamts eine hohe Arbeitsbelastung hätten. "Ich hoffe, dass das Landratsamt sieht, dass die Kritik nicht nur um der Kritik Willen geübt wird, sondern dass sie aus der Not geboren ist", sagt Gummert. Sie hoffe, dass man gemeinsam flexible Lösungen finde. Unter anderem könnte man die Situation vielleicht schon dadurch verbessern, dass es eine Art Sprechstunde gebe, in der Hauskoordinatoren des Landratsamts in regelmäßigen Abständen in den Unterkünften anzutreffen sind.

Die Sprecherin des Landratsamts, Ines Roellecke, räumt ein, dass auch sie bis zu einem gewissen Grad Verständnis für die Ehrenamtlichen habe, erklärt aber auch, dass sich das Landratsamt schon aus rechtlichen Gründen an Vorschriften halten muss. So sei eine Herausgabe von Listen mit Namen und anderen Daten von neu ankommenden Flüchtlingen allein aus Datenschutzgründen nicht möglich. Zum Vorwurf, das Amt habe die Helfer nicht über die Eröffnung der Unterkunft in Olching informiert, erklärt Roellecke: "Wir möchten nichts in Bewegung setzen, bevor wirklich etwas feststeht." Erst wenn Verträge unterschrieben sind, seien Neuigkeiten spruchreif. Das könne mitunter sehr kurzfristig der Fall sein. Zudem informiere das Landratsamt immer zuerst die Bürgermeister. "Was auf keinen Fall passieren darf, ist dass die Helferkreise mehr wissen, als die Bürgermeister."

Was das WLAN angehe, erklärt Roellecke, müsse das Landratsamt wissen, was in den Unterkünften geschehe, unter andrem auch, wer etwa der IP-Adressen-Inhaber ist. Ganz generell aber gebe es für die Mitarbeiter des Landratsamts eine weitere Schwierigkeit. Um das zu verdeutlichen, nennt die Sprecherin ein Beispiel. So bekomme der Hauskoordinator etwa 100 E-Mails pro Tag. "Seine Kernkompetenz ist jedoch die Akquise von Unterkünften", so Roellecke. Müsste er jede der Nachrichten beantworten, käme er schlichtweg nicht dazu, seiner Hauptaufgabe nachzugehen. Von einer Überbelastung der Mitarbeiter will Roellecke nicht sprechen. Doch sämtliche Mitarbeiter, die im Bereich Asyl tätig seien, hätten viel zu tun. Man müsse in Zukunft versuchen, Informationswege besser zu kanalisieren, meint Roellecke. Über den Vorschlag einer festen Sprechstunde wolle man nun nachdenken.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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