Ausstellung in der Furthmühle:Unterm röhrenden Hirsch

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Ein typisches Wohnzimmer der Fünfzigerjahre ist in der Furthmühle in Egenhofen aufgebaut. (Foto: Günther Reger)

Die Fünfzigerjahre zwischen Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder

Von Lea Schellenberg, Egenhofen

Wer die Treppen in den ersten Stock der Furthmühle hinauf steigt, wird sofort an die Fünfzigerjahre erinnert. Zwei beigefarbene Sessel stehen um einen für das Jahrzehnt typischen Nierentisch. Auf dem Tisch liegt neben einer brauen Kaffeetasse ein Kosmos-Zigarettenbilder Heftchen mit deutschem Adlerwappen darauf. An der Wand dahinter hängt ein Wandteppich, der in Brauntönen gehalten ist. Auf ihm ist ein röhrender Hirsch vor einem Gebirgspanorama zu sehen. Darunter steht ein altes Radio. Dunkelbraun lackiert und in der Größe einer kleinen Kommode, verleiht es der Wohnzimmerkulisse der Fünfzigerjahre den letzten Schliff.

Albert Aumüller, Jahrgang 1950, erinnert dieser Anblick an seine eigene Kindheit. Sein Vater habe als einer der ersten seiner Zeit einen Fernsehapparat besessen, berichtet er. Zur Fußballweltmeisterschaft 1954 sei das Wohnzimmer voller Männer gewesen. Alle wollten die Spiele sehen, und damals habe es nur noch einen weiteren Fernseher in Egenhofen gegeben. Der Eigentümer der Furthmühle erinnert sich noch genau, wie nach dem Spiel die Männer beim Hinausgehen jeweils zehn Pfennig auf der Nähmaschine seiner Mutter liegen ließen.

Die Ausstellung der Geschichtswerkstatt Dachau zeigt Möbel, Kleidung, Spielsachen, Fotos und andere Gegenstände sowie Erinnerungen von Zeitzeugen. Es soll gezeigt werden, wie dieses Jahrzehnt in den Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck erlebt wurde. Die Ausstellung beleuchte diese Epoche nicht nur als eine Zeit des Aufbruchs, sondern auch als eine Zeit, in der die Vergangenheit verdrängt wurde, sagt die Projektleiterin der Geschichtswerkstatt Annegret Braun.

Die ersten Nachkriegsjahre waren vorüber, und die Menschen wandten sich der Zukunft zu. Eine hoffnungsvolle Epoche begann, die als "Wirtschaftswunder" in die Geschichte einging. Doch auf der anderen Seite saßen ehemalige Nationalsozialisten wieder im Amt und Würden und die Opfer des NS-Regimes litten ungehört und nationalsozialistisches Gedankengut wirkte bewusst oder unbewusst weiter. Deshalb solle diese Zeit in der Ausstellung nicht nur nostalgisch betrachtet werden, sagt Braun.

Neben den Ausstellungskästen stehen Infotafeln. In den Texten werden Themen vertieft. Vom Wandel der Frauenrolle und dem in der Berufswelt bis zur Zunahme der Bedeutung von Freizeit und Reisen und dem Umgang mit dem Nationalsozialismus wird vieles angesprochen.

Ersteres wird in einem Schaukasten veranschaulicht. "Das Buch der Frau" und "Mutter und Kind" von Wilhelm Polzer sind ausgestellt. Daneben Ratgeber-Heftchen über Haus und Familie. In der anderen Ecke liegen Lockenwickler und ein weißes Haarnetz. Dahinter das Magazin Revue und daneben ein Kölnischwasser-Set mit Parfüm und Seife. Darüber, an der Wand, hängen Kleidungsstücke. Ein grüner Militärmantel mit handgefertigten Knöpfen, ein dunkelblaues, langärmeliges Kleid, ein weißes mit roten Punkten und ein weiteres mit Blumenmuster in Khaki und Senfgelb.

Beim Anblick der Ausstellung wird sich wohl der ein oder andere wie Albert Aumüller an die eigene Vergangenheit erinnern können. Die diesjährige Sonderausstellung "Die 50er Jahre" beginnt drei Monate nach eigentlichem Startdatum. Allerdings wird darüber geredet, sie bis nächstes Jahr zu verlängern. Am 5. Juli wird die Ausstellung eröffnet. Geschichtsinteressierte und Nostalgiker können die Ausstellung in der Furthmühle sonntags zwischen 13.30 bis 17.30 Uhr kostenlos besuchen und in die Welt der Fünfziger eintauchen.

Ausstellung "Die 50er Jahre", Furthmühle Egenhofen, weitere Informationen unter www.foerderverein-fuerthmuehle.de

© SZ vom 04.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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