Aus für Traditionsgeschäft:Modehaus Kohl schließt

Lesezeit: 2 min

112 Jahre nach seiner Gründung macht ein Fürstenfeldbrucker Familienunternehmen endgültig dicht. Online-Handel und Pasing-Arcaden haben den Umsatz offenbar einbrechen lassen. 28 Mitarbeiter könnten auf der Straße stehen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das Modehaus Kohl an der Hauptstraße sowie der angeschlossene Tally-Weijl-Store schließen Mitte Juni. Als Gründe werden vor allem das schwierige Umfeld in der Textilbranche genannt sowie rückläufige Umsätze und die Online-Konkurrenz. 28 Angestellte verlieren ihren Arbeitsplatz. Das Gebäude ist bereits verkauft worden. Es ist nach 112 Jahren das Ende eines traditionsreichen Brucker Familienbetriebs.

Elisabeth Heinz, 32, die das Modehaus seit dem Tod ihres Vaters Wilhelm Kohl im Dezember 2016 gemeinsam mit ihrer Mutter Monika Kohl leitet, sagte am Montag, ihr sei das "ganz und gar nicht leicht gefallen, aber es war das letzte Mittel". In den vergangenen Jahren hatte auch das Modehaus Kohl versucht, seine Produkte in der virtuellen Welt anzubieten. Bereits 2015 berichtete die noch amtierende Vorsitzende des Brucker Einzelhandelsverbandes Elisabeth Heinz auf einer Sitzung der Industrie- und Handelskammer von ernüchternden Erfahrungen nach zwei Jahren Präsenz auf der Online-Plattform Yatego: "Die kritische Masse an Kunden wurde nicht erreicht", gab sie damals zu Protokoll. Während in den Modegeschäften Fuchsweber oder Kultstore eher Mitbewerber gesehen werden, die im gleichen Boot sitzen und den Standort in der Innenstadt attraktiver machen, erwiesen sich die 2011 eröffneten Pasing-Arcaden als Konkurrenz, die Kunden kostete. Heinz wird nach der Schließung im Brucker Zentrum die weiter rentable Filiale in Füssen und den Cecil-Store im Perlacher Einkaufszentrum weiter führen. Für ihre Brucker Mitarbeiter suche sie nun auch im Kollegenkreis nach neuen Arbeitgebern, möglichst in der Nähe.

Zuletzt fehlten die Kunden: Blick ins Modehaus Kohl an der Hauptstraße in Fürstenfeldbruck. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nachdem kein etablierter Textilunternehmer Interesse an einer Übernahme bekundet hatte und der verwinkelte Grundriss für andere Handelsunternehmen wohl unattraktiv ist, wurden die Häuser an das Immobilienunternehmen Vilgertshofer verkauft. Dieses hat an der Hauptstraße schon mehrere Altbauten gekauft und saniert, darunter das ehemalige Hendlhaus und das ehemalige Café Brameshuber. Zu Plänen will sich Thomas Vilgertshofer in etwa einem Monat äußern. Der Spielraum ist begrenzt, ein Abriss der Vordergebäude wäre wegen des Ensembleschutzes nur bei einem gleichwertigen Ersatzbau zulässig.

2018 hat das Modehaus Kohl am Fürstenfeldbrucker Marktplatz seine Pforten geschlossen. Genutzt wurde das Haus teilweise auch von einer Schnellteststation. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Gewerbeverbandschef Franz Höfelsauer sprach von einem herben Verlust für die Innenstadt und fürchtet einen Kaufkraftabfluss: "Wir sind da wirklich sehr unglücklich." Er hofft, dass nicht ein Filialist, sondern ein gleichwertiges Fachgeschäft zum Zuge kommt. Gleichwohl sieht Höfelsauer auch neue Perspektiven für eine Bebauung des rückwärtigen Bereichs. Östlich der Hauptstraße hatte es immer wieder Ideen für eine öffentliche Tiefgarage gegeben. Und wenn der gesamte Bereich überplant würde, dann könnte nach dem Vorbild des Fußwegs Richtung Viehmarktplatz eine Verbindung von der Hauptstraße in östliche Richtung geschaffen werden.

In den sozialen Medien gibt es auch Stimmen, die sagen, man müsse sich mit Blick auf die meist günstigere Internetkonkurrenz wohl damit abfinden, dass in Fürstenfeldbruck Geschäfte aufgegeben werden. Gleichwohl wird mit Sorge eine im Vergleich zur Buchenau spürbare Ausblutung der Innenstadt registriert.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: