Auf der Straße:Ohne Bleibe

Lesezeit: 2 min

Im Landkreis erweist sich die Obdachlosigkeit als immer drängenderes Problem. Auslöser ist oftmals der Mangel an erschwinglichen Wohnungen. In Puchheim sind viele Flüchtlinge betroffen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Trotz eisiger Kälte gibt es keinen Ansturm von Obdachlosen auf die zentrale Unterkunft der Caritas an der Kapuzinerstraße (Kap) in Bruck. Die meisten kennen den Kälteschutz, den die Stadt München in strengen Wintern anbietet, und ziehen es vor, dorthin zu gehen, sagt Heinrich Baumann von der Caritas-Fachstelle. Die acht Plätze sind nicht immer ausgebucht, obwohl die Obdachlosigkeit in den großen Landkreiskommunen auf relativ hohem Niveau liegt.

In Puchheim sind 51 Menschen in der kommunalen Unterkunft "Die Brücke", in angemieteten Wohnungen, Häusern und Hotels untergebracht, heißt es in einem Bericht der Stadt. Der Anstieg ist drastisch: Vor einem Jahr waren es noch 31 Menschen. Die Beratungsstelle registrierte 59 Fälle im vergangenen Jahr, kaum weniger als 2016. Dabei ist der Anteil der betroffenen Kinder hoch. Weitere 77 Fälle aus Puchheim wurden von der Fachstelle Wohnen der Caritas unterstützt.

Damit rangiert Puchheim bei der Obdachlosigkeit im Landkreis hinter Bruck (zurzeit 108 Obdachlose) und Germering (85 Obdachlose) und liegt damit voll in einem besorgniserregenden Trend. "Generell steigt die Zahl der Obdachlosen und der Menschen, die zur Beratung kommen", sagt Baumann. Bei der Fachstelle meldeten sich 2016 375 Personen zur Beratung, teilweise waren es ganze Familien. Weitere 413 Fälle wurden bei der Telefonberatung registriert. Auch hier liegt Bruck an der Spitze, gefolgt von Germering und Puchheim, wo wegen des großen Bedarfs Außenstellen eingerichtet sind. Die Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor.

Die Fachstelle, die Caritas und Arbeiterwohlfahrt gemeinsam betreiben, hat die Aufgabe, Obdachlosigkeit zu verhindern. Oft droht den Menschen eine Kündigung wegen Mietrückständen. In solchen Fällen versuchen die Mitarbeiter der Beratungsstelle mit Jobcenter, Sozialamt und Vermietern eine Lösung zu finden, etwa eine Stundung. "Es gibt immer mehr Fälle, die eine längere Beratung brauchen, weil die Komplexität der Probleme größer wird", erläutert Baumann. Eine klare Tendenz sei der Anstieg von Mietschulden. Die Unterkunft an der Kapuzinerstraße in Bruck verzeichnete 2016 mehr als 1500 Übernachtungen. Etwa 300 Menschen suchten das Kap auf, das neben den acht Betten in vier Doppelzimmern eine Teestube und Beratung anbietet. Um 8 Uhr morgens müssen die Betten geräumt werden, die Teestube ist am Nachmittag von 13 bis 18 Uhr geöffnet sowie mittwochs und freitags am Vormittag.

Als wesentlichen Faktor für die wachsende Obdachlosigkeit nennt Baumann die hohen und steigenden Mieten und den Mangel an Sozialwohnungen. Deshalb führten Suchtprobleme, Jobverlust und familiäre Trennungen schnell dazu, dass die Menschen die Miete nicht mehr aufbringen können.

In Puchheim sticht der Anteil von anerkannten Asylbewerbern hervor. Diese müssen als sogenannte Fehlbeleger die staatlichen Flüchtlingsunterkünfte verlassen, finden aber auf dem freien Markt keine Wohnung. Wie die Einheimischen gelten sie als Obdachlose und haben das gleiche Recht auf Unterstützung der Kommune, betont Andre Ameri, Sachgebietsleiter für Sozialberatung im Rathaus. Insgesamt 30 von 51 untergebrachten Obdachlosen sind Flüchtlinge, die seit 2015 gekommen sind. Würde man den Blick weiter zurück in die Vergangenheit richten, steige der Anteil auf etwa 90 Prozent, erklärt Ameri. Darunter befinden sich anerkannte Flüchtlinge aus dem Irak, die seit 2011 in der Planie leben. Wenn sie ihren Job verlieren und die Wohnung nicht bezahlen können oder die Bleibe gekündigt wird, werden sie ebenfalls obdachlos.

Verändert haben sich die Anteile der von Obdachlosigkeit bedrohten oder betroffenen Gruppen in Puchheim. Im vergangenen Jahr waren hauptsächlich alleinstehende Personen betroffen, 80 Prozent, insgesamt 47 Menschen, sowie zwei Alleinerziehende und acht Familien. Im Jahr 2016 lag hingegen der Anteil der Alleinerziehenden (14), der Familien (10) und Paare (5) ohne Kinder mit etwa 45 Prozent noch wesentlich höher.

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: