Asylbewerber:Eine Flüchtlingsquote für jede Kommune

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Landrat Karmasin sucht bei der Verteilung der Asylbewerber nach einer gerechteren Lösung. An diesem Dienstag stellt er den Bürgermeistern zwei Modelle vor. Berücksichtigt werden die Einwohnerzahl und die Fläche

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Bis zum Ende des Jahres 2015 wird sich die Zahl der Flüchtlinge im Landkreis wohl auf rund 2000 verdreifachen. Davon geht Landrat Thomas Karmasin (CSU) aus. Dieses Kontingent soll künftig nach einer Quote einigermaßen gerecht auf die 23 Kommunen verteilt werden. Auf diese Weise wäre zu verhindern, dass, wie noch zurzeit, einige gutwillige Gemeinden wie Fürstenfeldbruck oder Olching einen großen Teil der Last tragen, andere wie noch Eichenau oder Althegnenberg, Jesenwang und Mittelstetten aber ganz außen vor bleiben. Ein Konzept für eine solche Quotenregelung möchte Karmasin an diesem Dienstag den Bürgermeistern bei einer Dienstbesprechung im Landratsamt vorstellen.

Karmasin stellt zwei Modelle zur Debatte, für die er ausrechnen ließ, welchen Prozentanteil jede Kommune übernehmen müsste. Einmal bestimmt die jeweilige Einwohnerzahl die Hälfte der Quote, die zweite Hälfte hängt von der Größe der Gemeindefläche ab. Hier geht der Landrat davon aus, dass eine Kommune mit viel Fläche auch mehr Möglichkeiten hat, Flächen für Container oder bereits bestehenden Wohnraum anzubieten. Nach diesem Verteilungsschlüssel würden Flächengemeinden wie Moorenweis oder Maisach stärker in die Pflicht genommen. So müsste Moorenweis nur nach der Einwohnerzahl nur 1,87 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Würde das Gemeindegebiet zur Hälfte angerechnet, wären es 6,16 Prozent, also mehr als die dreifache Zahl. Würde die Fläche nur zu einem Drittel berücksichtigt, wären es nur noch 4,73 Prozent.

Im zweiten Modell wird die Einwohnerzahl stärker gewichtet. Sie bestimmt die Quote zu zwei Dritteln, die Fläche nur noch zum einem Drittel. Bei diesem Schlüssel würden Kommunen mit einer hohen Einwohnerzahl und einer relativ kleinen Fläche spürbar entlastet. Nur nach der Einwohnerzahl müsste etwa Gröbenzell 9,39 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Wird die relativ kleine Gemeindefläche bei der Quote jedoch zur Hälfte berücksichtigt, wären es für Gröbenzell nur noch 5,42 Prozent der Flüchtlinge. Zählt die Fläche zu einem Drittel, wären es für Gröbenzell 6,75 Prozent. Zu einem relativ großen Unterschied führen die beiden Varianten beispielsweise für die Stadt Germering. Nur nach der Einwohnerzahl müsste die Kommune mit der meisten Bevölkerung im Kreis 18,47 Prozent der Asylbewerber aufnehmen. Zählt die Fläche zur Hälfte wären es nur noch 11,72 Prozent, wird sie zu einem Drittel angerechnet, wären es 13,97 Prozent. Den Fürstenfeldbruckern kann die Quote relativ egal sein, da die Stadt mit der Eröffnung der Erstaufnahmeeinrichtung im Fliegerhorst am Donnerstag schon jetzt die Hauptlast trägt. Damit wäre das Quotensoll der Kreisstadt auf jeden Fall bereits mehr als übererfüllt. Sollte die Erstaufnahmestelle in der Kaserne bis zum Jahresende mit rund 600 Menschen belegt sein, käme allein Fürstenfeldbruck auf rund 800 Flüchtlinge. Da das Quartier im Fliegerhorst zudem noch auf die Landkreisquote angerechnet wird, entlastet die Kreisstadt alle anderen Kommunen.

Landrat Thomas Karmasin will die Asylbewerber nach Quote verteilen. (Foto: Simon)

Karmasin bezieht in seine Prognose von rund 2000 Flüchtlingen bis Ende 2015 den Fliegerhorst ausdrücklich mit ein. Da eine Rechtsgrundlage für eine Verteilung der Asylbewerber auf die Kommunen fehlt, ist eine solche Lösung nur möglich, wenn sich die Bürgermeister im Landratsamt einvernehmlich auf eine solche Lösung einigen. Deshalb will der Landrat die Debatte nur ergebnisoffen moderieren.

Hans Seidl (CSU), stellvertretender Bürgermeister der Flächengemeinde Maisach und stellvertretender Kreisvorsitzender des Gemeindetags, befürwortet wegen der Verteilungsgerechtigkeit eine Quote. Jeder Bürgermeister sei gezwungen, seinen Beitrag zu leisten. Jedoch müsse der Schlüssel auch die Leistungsfähigkeit der Kommunen berücksichtigen, schränkt Seidl ein. Sollten sich die Rathauschefs einigen, gehört es laut Seidl zum guten Stil, dass auch die kommunalen Gremien, also die Gemeinde- oder Stadträte, einer solchen Regelung zustimmen müssten.

Der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) lehnt eine Quotierung dagegen ab. Er bezweifelt, dass eine solche Vorgehensweise zu einer konstruktiven Lösung führen könne. Der Puchheimer verweist darauf, dass Oberbayern eine hohe Zahl an Flüchtlingen aufnehmen muss, weil hier viele Menschen wohnen. Nach den Gegebenheiten müsste man umgekehrt vorgehen, und Asylbewerber dort unterbringen, wo wenige Menschen leben und ausreichend Wohnraum vorhanden ist. Laut Seidl ist den Bürgermeistern bekannt, dass sie kooperieren müssten. Er rät dazu, den bisherigen Weg weiterzugehen. Bisher habe Karmasin das Flüchtlingsproblem erstaunlich gut gelöst. Die Regierung von Oberbayern weist den Landkreisen die Flüchtlinge nach einer Quote zu. Nach dieser muss der Landkreis Bruck 4,7 Prozent der in Oberbayern eintreffenden Flüchtlinge aufnehmen.

© SZ vom 07.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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