Anwohnerprotest:Sehr edles Praktizieren des demokratischen Gemeinwesens

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Zum Leserbrief "Egoismus der Anwohner" (11. Juli)

Der Leserbrief von Frau Derischweiler aus Eichenau zum Streit über die Errichtung von 1000 Wohnungen für rund 2500 Menschen am Kreuzlinger Feld in Germering stellt eine mit normalem Humor kaum zu ertragende Anmaßung dar. Vermutlich beruhen die Kenntnisse der Tempo 30- und 40-Zonen in Germering von Frau Derischweiler darauf, dass sie Teil des Problems ist und wie viele andere heute auch schon, die chronisch verstopfte B2 zwischen Puchheim und der Autobahn-Anschlussstelle Germering-Nord auf einem Schleichweg durch die als so beschaulich beschriebenen Wohngebiete in Germering umfährt.

Selbstverständlich ist es ein Leichtes als Unbeteiligte und aus dem tatsächlich idyllischen Eichenau heraus, Solidarität von anderen zu fordern, ohne selbst in irgendeiner Art und Weise betroffen zu sein. Tatsächlich ist es ein sehr edles Praktizieren des demokratischen Gemeinwesens.

Objektiv betrachtet ist der direkte Zusammenhang zwischen dem erwähnten demokratischen Gemeinwesen und der Gewinnoptimierung eines bisher nicht genannten Investors, durch möglichst intensive Bebauung des Geländes nicht ganz nachvollziehbar. Immerhin handelt sich um ein Projekt, dessen Marktwert sich im dreistelligen Euro-Millionen-Bereich bewegen wird. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, da in den Hochglanz-Präsentationen des Architekten die geplante autofreie Promenade im Detail zu sehen ist. Wie aber die Bereitstellung des versprochenen bezahlbaren Wohnraums, immerhin das Killerargument für die Wucht der Bebauung, konkret aussehen soll, ist dagegen völlig offen oder zumindest bisher nicht kommuniziert. Von Lösungen für die absehbaren Verkehrsprobleme ganz zu schweigen.

Alles in allem bleibt im Interesse aller Anwohner des Münchener Speckgürtels zu hoffen, dass die Kommunalpolitiker in Germering und den anderen idyllischen Orten im Münchener Umland gerade in Fragen der langfristigen Entwicklung ihrer Heimatkommunen Vernunft und Augenmaß bewahren. Das schrankenlose Wachstum und die immer weiter fortschreitende Verdichtung der Bebauung werden die Wohnungsnot nicht beseitigen, sondern die Nachfrage nur weiter anheizen und die heute schon bestehenden Infrastrukturprobleme in Germering und im ganzen Großraum München dramatisch verschärfen. Thomas Langnickel, Germering

Zunahme des Verkehrs

Zu dem Leserbrief von Frau Derichsweiler möchte ich wie folgt Stellung nehmen: Das Problem der Bebauung des Kreuzlinger Feldes in Germering ist nicht ob, sondern wie. Es ist ein Unterschied, ob in diesem Bereich Wohnraum für 1000 oder, wie derzeit geplant, für ca 2500 Leute geschaffen werden soll. Der Umfang der geplanten Bebauung bestimmt doch maßgeblich die künftige Infrastruktur. Diese betrifft doch nicht nur die künftigen Bewohner dieses Gebietes, sondern insbesondere auch die der umliegenden Anwohner. Nehmen wir zum Beispiel die verkehrsmäßige Anbindung. Das fragliche Gebiet wird vom nördlichen Teil der Stadt Germering im wesentlichen durch den Starnberger Weg erschlossen: Zufahrt zur Kerschensteinerstraße, zum Asylbewerberwohnheim, zum Golfplatz, zum großen Wertstoffhof, zum Freibad, zur Eishalle, und die Kreuzlingerstraße, Zufahrt zur A 96, zu drei Schulen und zum Gelände des größten Sportvereins im Landkreis Fürstenfeldbruck.

Wer die Zunahme des Verkehrs in diesen Bereichen in der letzten Zeit verfolgt hat, kann absehen, wie die Zukunft aussehen wird. Dieses und viele andere anstehende Probleme berechtigen, ja verpflichten die Anwohner des Kreuzlinger Feldes ihre Interessen zu verfolgen. Das hat nichts mit Egoismus oder St. Floriansprinzip zu tun. Im übrigen dürfen hinter dem Deckmantel der Notwendigkeit der Beseitigung der bestehenden Wohnungsnot natürlich die wirtschaftlichen Interessen nicht vergessen werden, die von den Betreibern des Projektes verfolgt werden. Karlheinz Brem, Germering

Problem verkannt

Wer in der Angelegenheit "Bebauung des Kreuzlinger Feldes im Westen von Germering" den Anwohnern vorhält, dass "sie ausschließlich ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen", kennt meiner Meinung nach den Gesamtzusammenhang nicht - und erkennt somit nicht das eigentliche Problem dieses Bauprojektes. Michael Mieslinger, Eichenau

© SZ vom 19.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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