Anregungen für neues Entsorgungskonzept:Plädoyer für Biogas

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Diskussion über die Biotonne: Umweltplanerin Ramona Weiß (links) mit Vertretern vom Landratsamt und BN-Kreisvorsitzender Eugenie Scherb. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Abfallexperten des Bundes Naturschutz empfehlen dem Landkreis, mehr organische Abfälle einzusammeln und daraus in einer eigenen Anlage Strom und Wärme zu produzieren

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Der Bund Naturschutz (BN) wirbt für die Einführung der Biotonne im Landkreis. Die Tonne soll dazu dienen, mehr Bioabfälle aus Haus und Garten einzusammeln, als das momentan der Fall ist. Aus dem organischen Abfall soll in einer landkreiseigenen Vergärungsanlage Biogas erzeugt werden. Die Vorstellungen der Naturschützer, die auch von Kreisräten der Grünen und der parteifreien Gruppierungen geteilt werden, würden die gegenwärtige Abfallpolitik des Landkreises stark verändern.

Gegner einer solchen Veränderung ist die CSU. Sie möchte das herkömmliche System beibehalten. Momentan werden Küchenabfälle in Biomüllsäcke verpackt und abgeholt. Dieser Müll wird in den Landkreis Kehlheim gefahren und dort verarbeitet. Für die organischen Abfälle aus dem Garten besteht ein Bringsystem. Das bedeutet, dass die Landkreiseinwohner diese Abfälle selbst zu einer Sammelstelle transportieren müssen. Der Brucker Umgang mit Biomüll sei "ökologisch hochwertig" und ökonomisch geboten, weil "kostengünstig", heißt das Hauptargument der CSU, vorgetragen von Dieter Rubenbauer, dem Kreisrat und Referenten für Abfallwirtschaft.

An beiden Behauptungen zweifeln die Naturschützer. Josef Metzger vom Landesvorstand des Vereins "Das bessere Müllkonzept" sagt, die Vergärung von Bioabfällen sei der einzige Weg, um aus ihnen Energie zu gewinnen. Werden die organischen Stoffe kompostiert oder gar verbrannt, dann kostet das laut Metzger unterm Strich Energie. Bei einem Pressegespräch am Montag machte der Müllexperte eine Beispielsrechnung auf. Dabei rechnet er damit, im Landkreis pro Jahr und pro Einwohner 145 Kilogramm organischer Abfälle aus Haus und Garten einsammeln zu können. Momentan sind es lediglich etwa 90 Kilogramm. Damit liegt der Landkreis im bayerischen Vergleich ziemlich am Ende. Metzger ist deshalb sicher, mithilfe der Biotonne mehr organische Abfälle einsammeln zu können. Würden diese 145 Kilogramm pro Einwohner zu Biogas vergoren, erbrächten sie mindestens einen Ertrag von 10,5 Millionen Kilowattstunden, im Zusammenhang mit einer Kraft-Wärme-Kopplung sogar noch mehr. Für die Kompostierung der genannten Müllmenge fiel dagegen ein Stromverbrauch von 3,8 Millionen Kilowattstunden an, für eine Verbrennung ein Verbrauch von immer noch 2,3 Millionen.

Hartmut Hoffmann, Abfallexperte des Bundes Naturschutz, stimmte Metzger zu. Von einer thermischen Verwertung könne beim Biomüll keine Rede sein. Denn vor allem der nasse Anteil an diesen Abfällen verhindere wegen der aufwendigen Beseitigung des Wasserdampfes einen Energiegewinn. Hoffmann spricht deshalb auch von einer "thermischen Vernichtung", weil bei der Verbrennung nicht nur der Energiewert der Bioabfälle verloren geht, sondern auch die in ihm befindlichen Rohstoffe wie Phosphor zerstört werden. Dennoch sind die organischen Abfälle für Hoffmann eine "heimische Energiequelle", die schon im Hinblick auf die Energiewende genutzt werden müsse. Aber eben nicht durch Verbrennen, sondern durch Vergären zu Biogas. Das Gas hat laut Hoffmann zudem den Vorteil, dass es gespeichert und daher genutzt werden kann, wenn es gebraucht wird. Deshalb eignet es sich ideal als Ergänzung zu Sonnen- und Windenergie, die sich nicht speichern lassen.

Für die bessere Nutzung von Bioabfällen spricht sich auch Josef Seemüller aus. Seemüller, der dem BN-Landesarbeitskreis "Abfall und Ressourcen" angehört, hat sich bereits vor 30 Jahren für das Einsammeln von organischen Abfällen stark gemacht. Dass der Landkreis damals als einer der ersten Bioabfälle an der Haustür abholte, ist auch ihm zu verdanken. Jetzt plädiert er für eine Fortentwicklung des Systems. "Wollen wir noch in 100 Jahren mit Öl heizen?", fragt er rhetorisch und stellt fest, im Landkreis müsse auch Energie erzeugt und nicht nur verbraucht werden. Dass das für einen Haushalt möglich ist, belegt der Unterschweinbacher seit vielen Jahren am eigenen Beispiel. Auch er hat gerechnet: Eine hochwertige Biogasanlage erzeuge pro Jahr genug Wärme für 20 000 bis 30 000 Landkreiseinwohner (abhängig vom Dämmzustand der Häuser), sagt Seemüller.

Die Naturschützer widersprechen auch dem Kostenargument von Rubenbauer. Nahezu überall, wo eine Biogasvergärung eingerichtet worden ist, seien die Müllgebühren gefallen, sagt Metzger. Für ihn ist das auch logisch, denn mit dem Verkauf von Gas und Humus, zu dem die Feststoffe aus dem Abfall werden, erziele man Einnahmen. UBV-Kreisrat Jakob Drexler fordert zudem Gebührengerechtigkeit. Bislang bekommen Personen, die angeben, selbst zu kompostieren, einen Nachlass bei den Gebühren. Eine Kontrolle finde aber nicht statt, kritisiert Drexler.

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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