Anhaltende Plage:Luftballons gegen Saatkrähen

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Puchheimer klagen über den Lärm und den Kot der Vögel auf dem Friedhof. Der Einsatz von Lärmklatschen und die Umsetzung von Nestern sind bisher wenig erfolgreich

Von Peter Bierl

Die Saatkrähen bleiben den Puchheimern erhalten. Eine Umsiedlung der mehr als 240 Brutpaare ist schwierig. Immerhin stagniert die Population am Friedhof und zwei Splitterkolonien sind wieder verschwunden. Die Kommune wollte schon im Herbst Nester umsetzen lassen und wird im Frühjahr "Abwehrballons" einsetzen. Das verspricht mehr Erfolg, heißt es in einer aktuellen Studie.

Die ersten Saatkrähen ließen sich 2008 am Friedhof Schopflach an der Allinger Straße nieder. Im folgenden Jahr klagten Anwohner über Lärm und Kot. 2011 forderten wütende Anwohner von den Behörden, die Tiere zu vertreiben oder gar abzuschießen, was nicht geht, weil die Saatkrähe geschützt ist. Im Stadtrat kam es fast zum Eklat, als sich empörte Bürger zu Wort meldeten. Die Stadt installierte Lärmklatschen zur sogenannten Vergrämung der Vögel, die wenig effektiv waren.

Mitte Oktober kommen Saatkrähen aus Osteuropa, um zu überwintern. Sie bleiben bis Ende Februar. Dann beginnen heimische Artgenossen mit der Brut. Bis Mitte Juni sind die Jungvögel ausgeflogen und die Kolonien verlassen. "Wenn die sich sammeln und über die Häuser fliegen, ist der Lärm ziemlich stark", erzählt Rainer Zöller. In der Brutzeit machten die Tiere den ganzen Tag Krach, ansonsten in der Dämmerung am frühen Morgen und am Abend. Tagsüber sind die Vögel auf nahegelegenen Feldern. CSU-Stadtrat Zöller wohnt in der Veilchenstraße und hat den Lärm nebenan in der Lilienstraße mitbekommen.

Der Versuch, die intelligenten Tiere zu verscheuchen, führte zur Bildung von Splitterkolonien in der Allinger und in der Lilienstraße, wovor die Experten des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) gewarnt hatten. Je fünf Nester an beiden Standorten wurden von Arbeitern mit einem Hubsteigerwagen im Februar entfernt. Die Tiere sind verschwunden, vorerst jedenfalls. Die Biologin Monika Sepp wertet das als Erfolg. Im Auftrag der Stadt hat sie den Umfang der Kolonie als auch den Effekt von Umsetzungsmaßnahmen untersucht. Im Rahmen ihrer Studie wurden zehn Nester von der Allinger Straße in das Innere des Schopflachwäldchens umgesetzt, allerdings akzeptierten die Vögel die neuen Standorte nicht. Sepps Bilanz ist vom Standpunkt der Anwohner ernüchternd: Die Umsiedlungsversuche seien "nicht zufriedenstellend" verlaufen. Die Zahl der Brutpaare ist am Friedhof mit etwa 65 konstant, während die Population im Schopflachwäldchen von etwa 110 auf 150 bis April gestiegen ist.

Monika Dufner vom Umweltamt der Stadt hat am Dienstag 77 Nester am Friedhof und 169 im Wäldchen ausgemacht. Das Problem sei, dass die Saatkrähen den Rand des Wäldchens bevorzugen, weil sie dort besser an- und abfliegen können. Insgesamt liegen fast 120 Nester in der Nähe von Wohnhäusern. Betroffen seien vor allem Anwohner an der Mozartstraße und in der Allinger Straße auf Höhe der Egenhofener Straße, während sich die Lage am Ihleweg etwas entspannt habe, sagt Dufner.

Die Expertin Sepp schlug vor, 40 Nester schon im Herbst umsetzen, weil die Tiere jetzt schon Brutplätze aussuchen. Die Stadt hat Mitte September einen Antrag gestellt, die Genehmigung der Regierung steht aus. Außerdem rät Sepp zum Einsatz von Ballons mit einem "Abschreckungsradius" von jeweils 40 Meter. Dufner will Ende Februar bis zu 30 heliumgefüllte, silberfarbene Luftballons an der Allinger Straße aufsteigen lassen.

Die Experten suchen außerdem nach einem ganz neuen Standort fernab der Wohnhäuser. Der Parsberg kommt wegen der Jäger nicht in Frage, das Wäldchen am Brunnenfeld des Wasserzweckverbandes ist zu klein, es könnte maximal 30 Paare aufnehmen, sagt Matthias Luy vom LBV. In Frage käme das Areal zwischen Bahnlinie, Eichenau und dem Puchheimer Ortsrand. "Man müsste mehrere Falkner engagieren und einen Großteil der Nester umsetzen", sagt Luy. Bei der geringsten Störung, etwa durch einen Jäger oder einen Bauern auf dem Feld, würden die sensiblen Tiere sofort wieder verschwinden. Für das nächste Jahr hält Luy eine solche Umsiedlung für "komplett unrealistisch".

© SZ vom 29.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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