Amtsgericht:Hitlergruß im Festzelt

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44 Jahre alter Puchheimer zu einer Geldstrafe verurteilt

Kann man ein kurzes Winken zum Abschied mit dem Hitlergruß verwechseln? Ganz klar verneint hat dies ein Richter am Amtsgericht in Fürstenfeldbruck. Er verurteilte deshalb einen - wenn auch vor langer Zeit - einschlägig vorbestraften 44-Jährigen zu 3600 Euro Geldstrafe. Der Puchheimer hatte beim Volksfest in seiner Heimatstadt die verfassungsfeindliche Geste verwendet. Billiger wäre er jedoch davon gekommen, hätte er den ursprünglichen Strafbefehl über 2400 Euro akzeptiert. Dazu gab ihm der Vorsitzende Richter auch während der Verhandlung noch einmal die Gelegenheit. Aber damit hätte der Mann indirekt auch seine Schuld eingestanden. Das wollte der 44-Jährige nicht. Er machte keine Angaben zu den Vorwürfen.

Da also der Angeklagte keine Schilderung zu den Vorfällen vom 20. April auf dem Puchheimer Volksfest lieferte, blieben den Prozessbeteiligten nur die Aussagen der vier geladenen Zeugen. Die Lebensgefährtin des Puchheimers und ein befreundeter Nachbar versicherten, "nichts mitbekommen" zu haben. "Es war eigentlich eine ganz ruhige Atmosphäre", beschrieb der Nachbar. Die Freundin erklärte, den 44-Jährigen "vielleicht eine halbe Stunde fixiert" zu haben, da sie längst nach Hause gehen wollte. Vom Richter explizit danach gefragt, ob sie ausschließen könne, ihren Freund in diesen 30 Minuten einmal kurz aus den Augen gelassen zu haben, räumte die 44-Jährige ein, dass sie natürlich nicht jede Sekunde lückenlos ihren Freund im Blick gehabt habe.

Der dritte Zeuge war ein Polizist. Er hatte den Angeklagten am Tatabend ganz eindeutig dabei beobachtet, wie er, am Tisch stehend, seinen Arm zum Hitlergruß hob. Es sei zwar nur für einen kurzen Moment gewesen, aber die Geste sei eindeutig, so der Beamte. Darüber hinaus war dem Zeugen die aussagekräftige Bekleidung des Puchheimers aufgefallen: schwarze Jacke mit der Aufschrift "Landser", eventuell in altdeutscher Schrift, sowie ein Viking-Shirt. Beides, betonte der Polizist vor Gericht, werde gerne in der rechten Szene getragen.

Ein Blick in das Vorstrafenregister des Puchheimers rundete das Bild ab: Acht Eintragungen verlas der Vorsitzende Johann Steigmayer, darunter eine Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen von 1997. Um was es damals ging, will der Angeklagte nicht sagen. Der Richter erwog, die Akten aus Hoyerswerda kommen zu lassen; die 21 Jahre zurückliegende Verurteilung stammt aus der sächsischen Stadt. Aber da die Verteidigerin darauf verzichtete, den fehlenden Zeugen an einem weiteren Prozesstag zu hören, beendete der Richter das Verfahren und verzichtete auf Spurensuche in der Vergangenheit des Angeklagten.

"Der Zeuge hat nur eine kurze, reflexhafte Bewegung gesehen", das könnte auch ein Winken gewesen sein, argumentierte die Verteidigerin und wollte einen Freispruch. "Mein Mandant hat sich von dieser Szene distanziert", versicherte sie mit Blick auf die frühere Verurteilung aus Hoyerswerda. Der Staatsanwalt zeigte sich hingegen "überzeugt, dass der Angeklagte den Hitlergruß gezeigt hat vor dem versammelten Festzelt". Auch für den Richter war "eindeutig, was der Polizeibeamte beschrieben hat". Sein Urteil folgte weitgehend dem Antrag des Staatsanwalts.

© SZ vom 30.08.2018 / alin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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