Amtsgericht:Bewährungsstrafe für Kinderporno-Besitz

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Richter glaubt nicht an Versehen beim Download und verhängt eine siebenmonatige Bewährungsstrafe gegen den 48 Jahre alten Familienvater. Der hatte offenbar gezielt nach Missbrauchsbildern gesucht

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Sieben Monate Haftstrafe, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, hat ein Richter am Amtsgericht Fürstenfeldbruck für den Besitz und das Weiterverbreiten von kinderpornografischen Filmen und Bildern verhängt. Der Vorsitzende glaubte dem bislang nicht vorbestraften 48 Jahre alten Familienvater nicht, dass er die Dateien, die den sexuellen Missbrauch kleiner Mädchen zeigen, lediglich aus Versehen heruntergeladen hat, als er nachts auf der Suche nach legalen Pornos war.

Das bayerische Landeskriminalamt (LKA) kam dem mit Frau und jüngstem, bereits volljährigem Kind in Germering lebenden Angeklagten über eine spezielle Software im Februar 2017 auf die Schliche. Wie eine Kommissarin in der Verhandlung erläutert, sucht das Programm selbständig nach verbotenen Inhalten, die gerade im Internet getauscht werden. Beim Tausch auf derartigen Plattformen lädt der Nutzer eine Datei herunter; bereits währenddessen gibt er die Datei aber auch schon an andere Nutzer weiter. Genau so war es beim Angeklagten: Sein PC hatte am Morgen des 18. Februar bereits mehr als fünf Minuten Film auf die Festplatte geladen und zugleich an andere verbreitet, als die Software des Landeskriminalamts Alarm schlug. Bei der anschließenden Hausdurchsuchung wurde sein Computer beschlagnahmt. Darauf waren noch weitere 29 einschlägige Bilddateien.

Laut Anklage zeigen sie unter anderem "ein unbekleidetes Mädchen im Alter von circa vier Jahren", welches von einem erwachsenen Mann missbraucht wird oder "die Nahaufnahme eines Genitalbereichs eines achtjährigen Mädchens", an dem sich ebenfalls ein erwachsener Mann vergeht. Weil die Dateien nicht nur auf dem PC waren, sondern zumindest auch ein Film über eine Tauschbörse an andere weitergegeben wurde, ist der Germeringer wegen Besitzes und Verbreitens kinderpornografischer Schriften angeklagt.

Der Verteidiger räumt ein, dass die Dateien auf dem PC seines Mandanten waren. Dort seien sie aber nur versehentlich hingeraten, als dieser "relativ wahllos heruntergeladen" habe. Dem Anwalt zufolge hat der Germeringer die Inhalte alle in einer Nacht gesammelt; er habe "ganze Suchlisten übernommen, relativ blind und ohne es zu kontrollieren". Der Jurist deutet für damals eine Internetsucht an und entschuldigt sich im Namen des 48-Jährigen dafür, "dass er im Ergebnis dazu beigetragen hat, dass solche Filme weiterverbreitet werden".

Der Angeklagte selbst, verheiratet, drei erwachsene Kinder, erklärt sich mit der Einbehaltung seines Computers einverstanden und versichert, überhaupt keine Pornos mehr zu schauen. Im ganzen Haushalt gebe es nur noch ein Notebook. "Meine Frau ist informiert", betont der Angestellte, wenn er nun surfe, sitze sie mit dabei. Als Motiv für das exzessive Surfen in jener Nacht gibt der Germeringer an: "Du bist auf der Suche nach irgendwas, was du noch nicht kennst."

Ein Sachverständiger für Computer untersuchte den beschlagnahmten PC. Wie er im Gerichtssaal berichtet, "weisen viele von diesen bezeichneten Dateien auf kinderpornografische Inhalte hin". Er habe Anhaltspunkte gefunden, dass mit einschlägigen Begriffen nach Inhalten gesucht wurde, die den sexuellen Missbrauch von kleinen Kindern darstellen. Auch die groß gestellte Ansicht mancher Bilder könne nicht einfach aus Versehen auf den Computer gekommen sein. "Man muss da schon auf einen Knopf drücken", erklärt der Sachverständige und sagt zum Schluss: "Es passt alles. Was die Polizei festgestellt hat, haben wir auch festgestellt."

"Wir wissen, dass der Angeklagte konkrete Abkürzungen benutzt hat", fasst der Staatsanwalt zusammen. Die Schuld des Germeringers sei "von besonderer Schwere: kleine Kinder, die hier massiv missbraucht werden". Deshalb beantragt er eine achtmonatige Bewährungsstrafe für den Germeringer. Das ist eine saftige Strafe für einen bislang nicht Vorbestraften; in den meisten Fällen ist die erste Verurteilung eine Geldstrafe.

Sein Mandant sei "damals wahrscheinlich relativ Internetsüchtig" gewesen", zudem sei es nur eine Nacht gewesen, argumentiert der Verteidiger. Er fordert, seinen Mandanten freizusprechen oder eine geringe Geldstrafe. Aber auch für den Vorsitzenden ist der Fall klar. 138 Downloads und mehr als hundert Kinderpornos, "das ist einfach nicht mehr glaubhaft, dass das aus Versehen passiert ist". Er verhängt eine siebenmonatige Bewährungsstrafe und ein Monatsgehalt, 3000 Euro, Geldauflage an die Stiftung Kinderhilfe.

© SZ vom 03.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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