Am Amtsgericht verurteilt:Hohe Geldstrafe für Volksverhetzer

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51 Jahre alter Fürstenfeldbrucker muss 7200 Euro zahlen. Er verbreitete verfassungsfeindliche Thesen via Facebook

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Ein selbst ernannter "Reichspreuße", der die Bundesrepublik Deutschland nicht als Rechtsstaat anerkennt und somit konsequenterweise auch die Funktion sämtlicher Staatsbediensteter in Frage stellt, ist am Mittwoch von einem Brucker Amtsrichter wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen und Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 7200 Euro verurteilt worden. Der 51-Jährige, der in der Verhandlung seine Identität bestritt und sich als Prozessbevollmächtigter ausgab, hatte über sein Facebook-Profil mehrere entsprechende Links und Kommentare verbreitet. Neben Hakenkreuzen waren auf diese Weise auch Filme zu finden, in denen der Holocaust geleugnet wird.

Die Verhandlung beginnt mit einem Hindernis. "Ich bin nicht der Angeklagte", sagt der Mann, der mit Aktenordner und zwei Büchern unter dem Arm beinah als Rechtsanwalt in Zivil durchgehen könnte. Er sei der Bevollmächtigte des Angeklagten, erklärt er von der vordersten Reihe der Zuhörerbänke aus. "Ich verhandle nicht ohne den Angeklagten", erwidert der Vorsitzende und macht das, was er immer tut, wenn zu Verhandlungsbeginn der Angeklagte fehlt: Er unterbricht die Sitzung für 15 Minuten. Dass der Mann noch vorne aufs Richterpult ein Schreiben legt, ignoriert er unter Verweis auf die Unterbrechung. Der Richter verlässt den Sitzungssaal.

Eine Viertelstunde später setzt der Vorsitzende die Verhandlung fort. Er verliest das Schreiben und erkennt den Mann als Bevollmächtigten an. Dass der inzwischen wiederholt bestritten hat, der Angeklagte zu sein, um sich dann als der "Hans Peter aus der Familie der Fuchs" (Namen von der Redaktion geändert) vorzustellen - also exakt mit den beiden Vor- und dem Nachnamen des Angeklagten - darüber sieht der Richter wohlweislich hinweg. In der besagten Vollmacht jedenfalls, die er nun verliest, ist von der "Firma Bundesrepublik Deutschland" die Rede, der Angeklagte wird "Reichspreuße" genannt.

Die Staatsanwältin verliest den Strafbefehl. Darin wird dem 1965 geborenen Angeklagten vorgeworfen, zwischen Januar und Mai 2015 über sein Facebook-Profil vier Links zu verfassungsfeindlichen und/oder volksverhetzenden Inhalten veröffentlicht zu haben. Entsprechende Kommentare des Angeklagten, etwa "wenn man als Deutscher die Wahrheit sagt, ist man rechts", würden seine fremdenfeindliche Einstellung untermauern, wirft ihm die Staatsanwältin vor.

"Die Adresse ist komplett falsch", beginnt der Mann mit der Kritik von Formalien. Nach den Vorwürfen gefragt, erwidert er: "So ein Profil kann jeder erstellen." Und weiter: "Der Angeklagte geht davon aus, dass es sich um einen Racheakt des Exfreundes von Frau P. handelt." Nach der Einlassung des Bevollmächtigten hat der Angeklagte zwar keine Beziehung zu dieser Frau und lebt nicht mit ihr zusammen.

Nach den Erkenntnissen der Polizei, die Beamte bei einer Hausdurchsuchung bei Frau P. machten, ist die Sachlage anders. Wie der Ermittler in der Verhandlung berichtet, stand der Name des Angeklagten am Briefkasten, persönliche Sachen waren in der Wohnung. Und Frau P.'s beschlagnahmter Laptop, von dem aus das Facebook-Profil nachweislich betrieben wurde, wurde nach Auskunft der Frau auch vom Angeklagten genutzt.

Staatsanwältin wie Richter sind daher überzeugt, dass der Bevollmächtigte auch der Angeklagte ist. "Letztendlich gibt er's ja zu", verweist der Vorsitzende auf die doch recht eindeutige Namensnennung des Mannes. Mit seinem Urteil bleibt er mit 240 Tagessätzen zu je 30 Euro noch um 30 Tagessätze unter dem Antrag der Staatsanwältin. Das Leugnen des Holocaust kritisieren beide als gravierende Straftat, die den öffentlichen Frieden stören kann.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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