Alling:Höfische Verzierungskunst

Lesezeit: 1 min

Gambe und Cembalo in der Reihe "Alte Musik in Roggenstein"

Von Klaus Mohr, Alling

Ganz so warm wie draußen ist es in einer Kirche zwar nicht, Instrumente reagieren aber trotzdem empfindlich auf die extreme Witterung: Der Abend in der Reihe "Alte Musik in Roggenstein", der diesmal in der Allinger Filialkirche Sankt Peter und Paul stattfand, wurde von Jakob David Rattinger (Viola da Gamba) und Christian Brembeck (Cembalo) gestaltet. Die Saiten beider Instrumente mussten im Verlauf immer wieder nachgestimmt werden, was dem musikalischen Vortrag aber keinen Abbruch tat. Das Programm bezog sich auf die große Blütezeit der Gambe am Hofe Ludwigs XIV. in Frankreich.

Die Gambe wird heute oft in Verbindung gebracht mit weiblichen Interpretinnen, die lange blonde Haare haben und so spielen, wie man sich das bei der Inkarnation eines Engels vorstellt. Zwar erklingen auch beim Spiel Jakob David Rattingers engelsgleich-ätherische Töne, doch bilden diese nur einen Teil seines Ausdrucksreichtums: Kraftvoller Zugriff auf Kantilenen und Akkorde mit manchmal geräuschhaften Anteilen gehören ebenso dazu und setzen dem prägnant-präzisen Ton des Cembalos oft ein adäquates Gegenüber hinzu. Auf diese Weise musizierten hier nicht nur zwei Künstler abwechslungsweise oder in musikalischer Ergänzung miteinander, sondern traten auch ab und zu in wunderbare klangliche Konkurrenz zueinander.

Im Mittelpunkt standen Werke in Form einer Chaconne, bei der über einer im ganzen Stück beibehaltenden Basslinie zahlreiche Variationen in der Oberstimme erklingen. So war es auch in der einleitenden Chaconne für Gambe solo von Mr. Sainte Colombe: In schreitender Bewegung formte Jakob David Rattinger eine veritable Basslinie, über der sich ganz rasche Tonfolgen mit reicher Verzierungskunst abwechselten. Dynamische Differenzierung sowie eine oft an- und abschwellende Tongestaltung rückten den Gambenton in große Nähe zu vokalen Gestaltungsmöglichkeiten.

Höfisches Zeremoniell ließ ein Prélude von Louis de Caix d'Hervelois auferstehen: Repräsentativ im Gehabe waren beide Instrumente eindrucksvoll um den großen Bogen bemüht. Fast wie die allmähliche Versenkung in einen Trancezustand wirkten die Chaconne en rondeau von Marin Marais, die den Abschluss bildeten: Der Tanzrhythmus verstärkte das Drehgefühl in den Variationen der Gambe, das Cembalo steuerte ein sicheres Akkordgerüst dazu bei. Großen Beifall und eine Zugabe gab es zum Schluss.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: