Alling:Höchst virtuose Barockklänge

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Gambist Jakob David Rattinger, begleitet von Christian Brembeck. (Foto: Günther Reger)

Viel Beifall für Gambenkonzert in der Roggenstein-Reihe

Von Klaus Mohr, Alling

Manchmal ist es gut, wenn Versprechen nicht eingehalten werden. Der österreichische Gambist Jakob David Rattinger hatte bei seinem Gastspiel in der Roggenstein-Konzertreihe im letzten Jahr angekündigt, beim nächsten Auftritt kein Werk von Marin Marais erklingen zu lassen. Vielleicht war es die Reaktion des Publikums, die ihm signalisiert hatte, dass bei den Hörern offensichtlich noch keine Sättigung in dieser Hinsicht eingetreten war. Jedenfalls war das Konzert in der Filialkirche Sankt Peter und Paul im Allinger Ortsteil Holzkirchen sehr gut besucht, und der Name Marin Marais zog sich wie ein roter Faden durch den Abend, den Jakob David Rattinger gemeinsam mit Christian Brembeck am Cembalo gestaltete. Ein Gambenkonzert zum Thema "Französischer Barock" ohne ein Werk von Marais ist indes auch kaum vorstellbar, galt er doch zu Lebzeiten vor und nach 1700 im Umfeld des Sonnenkönigs Ludwig XIV. als hoch geschätzter Virtuose auf der Viola da Gamba.

Mit einer Suite für Viola da Gamba und Basso continuo in a-Moll aus dem dritten Buch der "Pièces de viole" von Marin Marais begann das Konzert. Nach einem Vorspiel des Cembalos im Prelude begann die Gambe mit einer ganz weichen, fast sinnlichen Kantilene und setzte sich damit klar vom harmonischen Unterbau des Akkordinstruments ab. Zupackend im Ton und zugleich sehr präzise im Rhythmus kam der fließende Charakter der Allemande trotz der Verzierungen im Part der Gambe gut zum Tragen. Zur folgenden Courante ergab sich durch deren etwas rascheres Tempo ein schöner Kontrast. Nach einer Art Einschwingvorgang zwischen den beiden Instrumenten fand die Sarabande in einen ruhig schreitenden Gestus, der durch die quirlige Drehfigur der abschließenden Gigue aufgebrochen wurde.

Stilistisch war die Sonate in D-Dur aus dem "Getreuen Musikmeister" von Georg Philipp Telemann dem Hochbarock zuzuordnen. Im Andante erklangen in der Gambe ausgedehnte Arpeggien, eine Art Spezialität auf dem sechssaitigen Instrument Viola da Gamba. Diese waren zwischen die Melodiebögen eingestreut, ohne dass der organische Fluss der Musik dadurch unterbrochen worden wäre. Die Doppelgriffe im Vivace hatten wesentlich das Ziel, die harmonische Verwurzelung zu verdeutlichen. Sie wechselten sich mit sehr virtuosen Passagen mit zahlreichen Saitenübergängen ab. Welch rauschhafte Klänge dem Cembalo, dessen Original 1746 im Schloss Versailles stand, zu entlocken sind, zeigte Christian Brembeck anschließend eindrucksvoll in den brillanten Variationen einer äußerst vielseitigen Chaconne von Jacques Duphly.

Marin Marais' Komponistenkollege Antoine Forqueray, wie dieser ein bedeutender Gambist am gleichen Hof, durfte im Konzert nicht fehlen. Der Gelehrte Hubert Le Blanc charakterisierte beide Gambisten im Jahr 1740 so, Marais spiele "wie ein Engel" und sein Konkurrent Forqueray "wie der Teufel". Beides war wohl aucvh als Kompliment zu verstehen. Klanglich waren im Stück "La du Vaucel" ("Der Kelch") von Forqueray zahlreiche Dissonanzen zu vernehmen, die man für den Himmel als unwürdig und eher der Unterwelt als angemessen hören konnte. Vielleicht stand der Kelch aber auch für ein gewisses Maß an Alkohol, welches das klare Spiel erschwert.

Das Stück "La Reveuse" ("Die Träumerin") von Marais stand dann auf dem Programm. Ganz leise und mit versunkenem Ton tastete sich Jakob David Rattinger in das Stück hinein und erfüllte den Raum mit einem ganz anderen Klang, der an himmlische Sphären erinnerte. In "Le Petit moulins à vent" ("Windmühlen") für Cembalo von François Couperin folgten und verfolgten sich zwei Stimmen, meist im Terzabstand. Die kompositorische Idee der Imitation wurde immer wieder aufgegriffen.

Als letztes Stück folgte noch einmal eines von Marin Marais, das Jakob David Rattinger bereits zwei Mal in dieser Reihe gespielt hat, und das die Hörer doch jedes Mal aufs Neue begeistert: "Les Folies d'Espagnole" ist ein wahres Virtuosenstück, das wie die artistische Zurschaustellung der spieltechnischen Möglichkeiten vor allem der Gambe wirkt und diese auf ganz unterschiedliche Ausdrucksebenen überträgt. Reicher Beifall und eine Zugabe am Schluss.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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