Abschied vom Parlament:Streiter für die grüne Sache

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Grünes Ambiente: Sepp Dürr (im weißen Hemd) beim Wahlkampf auf dem Brucker Bauernmarkt. Begleitet wird er (von links) von den Grünen-Kandidatinnen Gabriele Triebel, Katharina Schulze und Gina Merkl. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Germeringer Sepp Dürr hat sein Landtagsmandat nach 20 Jahren verloren

Von Andreas Ostermeier, Germering

Nach 20 Jahren als Landtagsabgeordneter nimmt der Germeringer Sepp Dürr Abschied vom bayerischen Parlament. Auf Platz 42 der Grünen-Liste hat er kandidiert, ohne einen eigenen Stimmkreis. Mehr als 10 000 Wähler haben vor seinem Namen ein Kreuz gemacht. Aber das hat nicht gereicht - trotz des großen Wahlerfolgs seiner Partei. Seine Stimmenzahl reichte für Platz 28; 17 Sitze haben die Grünen in Oberbayern gewonnen. Wehmütig oder gar traurig wirkt Dürr aber nicht. "Der Wahlkampf hat Spaß gemacht", sagt der 65-Jährige. Und nach weiteren fünf Jahren Oppositionspolitik drängt es ihn ohnehin nicht. "Opposition habe ich genug gemacht. Opposition kann ich." Er hätte gerne eine neue Erfahrung in der Politik gemacht. Einer Regierungsfraktion anzugehören, das hätte ihn gereizt, das hat ihn im Wahlkampf regelrecht beflügelt.

Doch daraus ist nichts geworden. Kurz sei er enttäuscht gewesen, dass es keine Regierung mit grüner Beteiligung gebe, sagt Dürr, sondern CSU und Freie Wähler eine Koalition bilden wollen. Doch auch die Oppositionsrolle wird den Grünen nach Dürrs Ansicht neue Erfahrungen bescheren. Als größte Nichtregierungsfraktion müssten sie die Angriffe der Regierung und der anderen Parteien aushalten, prophezeit er. Mit Druck kennt sich Dürr aus, acht Jahre lang, zwischen 2000 und 2008, war er einer von zwei Fraktionssprechern im Landtag. Der Druck von außen ist laut Dürr eine gute Übung, die einen auf eine Regierung vorbereitet. Diese Übung können die Grünen gut gebrauchen, denn in fünf Jahren kommen sie an die Regierung. Dürr ist sich da ganz sicher: "Ich sehe sehr grün für uns."

Er aber braucht den Druck nicht mehr. Nach 20 Jahren im Parlament habe er eine "Altmännergelassenheit" erreicht. Er habe keine Eile mehr und müsse sich und anderen nichts mehr beweisen. Ein bisschen Ackerbau und die Enkel: Das wird ihn in nächster Zeit beschäftigen. Wer seinen Rat suche, der könne gerne bei ihm vorbeischauen. Mit "Rat und etwas Tat" stehe er zur Verfügung, sagt der Germeringer. Körperlich fühlt er sich fit, die schwere Erkrankung, die ihn vor mehreren Jahren auf eine weitere Kandidatur im Stimmkreis Landsberg/Fürstenfeldbruck-West hat verzichten lassen, sie ist nach allem, was medizinisch festzustellen ist, überwunden. Nun könne er seinen Tagesablauf selbst bestimmen, sagt er: "Ich habe schon das Gefühl der Freiheit."

Die 20 Jahre im Landtag hat er aber beileibe nicht als Haft empfunden. Der Einsatz in der Landespolitik hat sich gelohnt. So sieht es der Germeringer Politiker. 500 Stimmen mehr als vor fünf Jahren hat er im Landkreis gewonnen. Dies verstehe er als Anerkennung seiner Arbeit, sagt Dürr, und das erfülle ihn mit Stolz und Dankbarkeit. Die Zustimmung, die sich in den Wählerstimmen ausdrückt, ist aber auch ein Zeichen dafür, dass Dürr als Politiker alles andere als leise war und auch aneckte.

So beispielsweise als er vor fünf Jahren gemeinsam mit Katharina Schulze ein neu aufgestelltes Denkmal für die Trümmerfrauen und die Wiederaufbaugeneration mit einem Stück braunen Stoff verhüllte. Die darauf folgenden Beschimpfungen und Drohungen fochten den Germeringer nicht an. Dabei sucht er gar nicht grundsätzlich die Provokation. Heimat war der wichtigste Begriff seines letzten Wahlkampfs. Dieses Thema will er nicht der CSU oder gar den Rechtsradikalen überlassen.

© SZ vom 20.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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