Fürstenfeldbruck:Schlag auf Schlag

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Vom Angelusläuten am Morgen fühlen sich Anwohner in ihrer Wochenendruhe gestört

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Mit dem Angelusläuten ruft die katholische Kirche die Gläubigen morgens, mittags und abends zum Gebet. Gegen Gebete hat Alexander Schapovalov nicht das Geringste einzuwenden. Werktags kann der 56-jährige Funkingenieur, der aus der Ukraine stammt, mit rund 70 Dezibel um sieben Uhr in der Früh auch leben. Da ist er ohnehin schon auf den Beinen. An Wochenenden aber würde er gerne mal ausschlafen.

Wie aber soll das gehen, wenn auf der anderen Straßenseite "das volle Programm" abgespult wird, wenn zwei Minuten lang Schlag auf Schlag folgt, hohe Glocken, mittelhohe Glocken, sonore Glocken: Dong! Auf der anderen Straßenseite steht die Kirche Sankt Bernhard. Wenn Schapovalov im dritten Stock auf dem Balkon steht, dann befindet er sich fast auf Augenhöhe mit den Kirchturmglocken. Und weil das Schlafzimmer im Sommer ohne gekipptes Fenster zur Sauna werden würde, ist um sieben Uhr der Schlaf definitiv zu Ende. Schapovalov hat sich an die Pfarrei gewendet. Dort hieß es sinngemäß, dass das Glockenläuten in Bayern zur Kirche gehört wie das Amen.

Mehrere Verwaltungsgerichte haben in vergleichbaren Fällen bereits klar gemacht: Religionsfreiheit ist wichtiger als das Ruhebedürfnis Einzelner. Für den "Stundenschlag", also das Schlagen jede Viertelstunde oder das mehrmalige Schlagen zu vollen Stunden, gelten die üblichen Lärmschutzgrenzen. Können Kläger eine Überschreitung nachweisen, muss die Kirche nachbessern. Für das liturgische Läuten aber gelten diese Grenzwerte nicht. Und um 7 Uhr wird in Sankt Bernhard - ebenso wie um 12 und um 19 Uhr, liturgisch geläutet.

Das will Schapovalov so nicht gelten lassen. Er pocht auf eine Art Gewohnheitsrecht. Als er 1997 in den Neubau gegenüber der Kirche einzog, da habe es morgens nur einen Stundenschlag gegeben. Und als vor einigen Jahren mit Renovierungsarbeiten an der Kirche begonnen wurde, da habe es lediglich mittags und abends geläutet. Das habe sich nach Abschluss der Arbeiten geändert. Seit Weihnachten läutet es auch wieder morgens um sieben Uhr.

Johannes Sporrer ist erst seit gut drei Jahren zuständiger Pastoralreferent. Ob früher wirklich weniger geläutet wurde, darüber gebe es unterschiedliche Berichte. Fakt ist, dass sich manche Nachbarn übers Glockenläuten freuen - und sich drei darüber beschweren. Die zuständigen Kirchengremien lehnten eine Kurswende ab, waren aber mit dem Verzicht aufs einminütige "Nachläuten" einverstanden. Das Landratsamt will Schapovalov keine allzu großen Hoffnungen machen. Bei Bedarf werde man die Sache gleichwohl prüfen, heißt es dort.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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