Fünf Beispiele aus München:Inklusive Gastronomie

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Vom Mittagstisch, über Catering bis hin zum Nachbarschaftswirtshaus

Balan-Deli

Das Balan Deli ist ein Integrationsbetrieb. (Foto: Thomas Rocher/oh)

"Wir lieben Vielfalt - nicht nur beim Essen", steht auf der Homepage des Balan-Deli. Das umschreibt recht gut, worum es dem gastronomischen Integrationskonzept geht. Christine Hitzer und Monika Nadler haben das Tagescafé mit Mittagstisch vor zwei Jahren eröffnet, vor zwölf Jahren hatten die beiden Mütter schon die Integrative Montessorischule an der Balanstraße gegründet. Balan-Deli im hippen Gründerzentrum "Neue Balan" war da irgendwie die schlüssige Fortführung: Menschen mit einer geistigen oder Lernbehinderung sollten hier zusammen mit anderen einen normalen Arbeitsplatz bekommen, und nun sind in Küche und Service zehn Menschen beschäftigt, die Hälfte davon mit Handicap. Täglich gibt es ein klassisches Gericht der regionalen und internationalen Küche sowie ein vegetarisches Gericht zur Auswahl, Suppen und Desserts sowieso. Diverse Kaffeespezialitäten und Gebäck verstehen sich in einem Café ohnehin von selbst. Und immer wieder gibt es auch Themenabende im Balan-Deli. An diesem Donnerstag zum Beispiel "Moin Moin aus Hamburg" mit einem Drei-Gänge-Menü aus Aalsuppe, Grünkohl mit Pinkel und Roter Grütze (telefonische Anmeldung erforderlich).

Balan-Deli, Balanstr. 73 / Haus 31, Tel. 22 84 66 40, www.balan-deli.de, Mo.-Mi., Fr. 7.30-16 Uhr, Do. 7.30-20 Uhr

Kunst-Werk-Küche

"Meine Mitarbeiter sind zu 30 Prozent besondere Menschen", sagt Katharina Inselkammer. Den Begriff verwendet sie mit Absicht, sie findet ihn passender - und vor allem wertschätzender - als jene Begriffe, die man gemeinhin so verwendet für Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Inselkammer, die zusammen mit ihrem Mann Peter sonst das Platzl-Hotel und das Armbrustschützenzelt auf der Wiesn betreibt, hat ihr privates Vermögen in den Aufbau von Kunst-Werk-Küche gesteckt, ein Inklusions-Betrieb, der sich schon bald selbst tragen soll. Ende 2017 hat sie mit 14 Mitarbeitern im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof begonnen. "Ich will beweisen", sagte sie damals, "dass man in einem bunten Team genauso gut arbeiten und erfolgreich wirtschaften kann wie sonst auch."

Herzstück ist nach wie vor das Deli im Erdgeschoss des Werk 3-Gebäudes, Frühstücks- und Mittagstisch kommen gut an bei den Beschäftigten hier. Aber zum Komplex gehören auch noch eine größere Küche für Catering, eine Kochschule und Nebenräume für Firmenevents. Ein größerer Wasserschaden warf die Kunst-Werk-Küche zwar zwischenzeitlich etwas aus der Bahn, aber inzwischen läuft der Betrieb wieder.

Kunst-Werk-Küche, Atelierstraße 18, Tel. 67 80 51 50, www.kunstwerkkueche.de, Deli: Mo.-Fr. 7-17 Uhr

Conviva im Blauen Haus

Das "Conviva" im Blauen Haus der Münchner Kammerspiele. (Foto: Catherina Hess)

Das Conviva ist ein Pionier der Sozialgastronomie. Sein Träger, der Verein Cooperative Beschützende Arbeitsstätten e. V., wurde 1985 von Eltern und Lehrern der Montessorischule der Aktion Sonnenschein gegründet, um Menschen mit Lern- und/oder geistiger Behinderung, psychischer Erkrankung sowie leichteren körperlichen Einschränkungen ins Arbeitsleben zu integrieren. Zehn Jahre später eröffnete man das erste Lokal, damals noch in Laim beheimatet. 2004 ergab sich dann die Möglichkeit, an den Kammerspielen das Theaterrestaurant und die Kantine zu übernehmen. Zeitweise bewirtschaftete man auch Cafeterias im Prinzregententheater, im Sozialreferat und im Gasteig, und nach wie vor betreut man auch die Mensa an der Hochschule für Fernsehen und Film.

Das Herzstück aber ist und bleibt das Blaue Haus. Etwa die Hälfte der Belegschaft sind Menschen mit Handicap, ein klassischer Integrationsbetrieb also. Die Karte setzt sich zusammen aus regionalen und mediterranen Gerichten; es gibt günstige Mittags- und Abendmenüs. Profis sind die Beschäftigten im Conviva längst, an ihrer leichten, frischen Küche könnte sich mancher Innenstadtgastronom ein Beispiel nehmen.

Conviva, Hildegardstraße 1, Telefon 23 33 69 77, www.conviva-muenchen.de, Mo.-Sa.11-1 Uhr, So. / Fei. 17-1 Uhr

Café Bellevue di Monaco

(Foto: Stephan Rumpf)

Eigentlich ist das Bellevue di Monaco ja ein genossenschaftliches Flüchtlingshilfeprojekt, das Matthias Weinzierl vom Münchner Flüchtlingsrat und der Kleinkunstunternehmer Till Hofmann angestoßen hatten. Ein paar Hundert Münchner taten sich zusammen, um drei Häuser an der Müllerstraße, die das städtische Kommunalreferat abreißen wollte, zu pachten, zu sanieren und dort Wohnungen für Geflüchtete zu schaffen. Das Vorhaben wurde in beeindruckender Geschwindigkeit umgesetzt, und heute findet im Bellevue di Monaco von der Beratung über die Betreuung bis zu Kulturveranstaltungen alles Mögliche statt, was geflüchteten Menschen weiterhilft.

Und es gibt an der Ecke zur Corneliusstraße ein hübsches Café im Stil der Fünfzigerjahre-Moderne, voll verglast über zwei Stockwerke, mit einer hübschen kleinen Galerie und eigens für das Lokal entworfenen Stühlen und Tischen. Festangestellte Sozialpädagogen sorgen zusammen mit Geflüchteten und rund 20 Ehrenamtlichen für ein reichhaltiges gastronomisches Angebot, das sich vorwiegend aus den Küchen ferner Länder zusammensetzt. Besonders beliebt ist der arabische Brunch, samstags von 10 bis 15 Uhr und der tägliche vegan-vegetarische Mittagstisch.

Café Bellevue di Monaco, Müllerstraße 6, Tel. 55 05 77 55, www.bellevuedimonaco.de/cafe, Di.-Sa. 10-22 Uhr

Gasthaus Domagk

Das Genossenschaftsgasthaus "Domagk" im Norden Münchnes. (Foto: Catherina Hess)

Das Gasthaus Domagk ist ein Sozialunternehmen der besonderen Art, nämlich eine Genossenschaft. Im Norden Schwabings, im Neubaugebiet an der Domagkstraße, haben die Wohnungsbaugenossenschaften Wagnis und Wogeno Wohngebiete errichtet. Und weil ein Treffpunkt für die Bewohner nötig wurde, gründete sich gleich auch noch eine Wirtshausgenossenschaft.

Das Konzept hat Renata Neukirchen entwickelt, die zuvor bis zu ihrer Rente im Conviva im Blauen Haus gearbeitet hatte. Das Gasthaus Domagk ist zwar etwas anders aufgestellt, sein Zweck ist zum einen, Migranten und ältere Menschen, die sonst nicht mehr so leicht einen Job finden, zu beschäftigen. Und zum anderen das gesamtgesellschaftliche Ziel, nachhaltig, regional und möglichst mit Bio-Lebensmitteln zu kochen und die Gerichte zu einem fairen Preis anzubieten. "Bei uns soll ein tolles Stück Fleisch auf dem Teller nicht 25 Euro kosten", sagt Neukirchen, "sondern beispielsweise 17 Euro. Wir haben eine kleine, aber feine Karte mit frischer und leichter Küche." Weshalb nicht nur die Nachbarn kommen, sondern auch Fans aus dem Rest der Stadt. Auch die Kostprobe der SZ war vor einem halben Jahr voll des Lobes.

Domagk, Fritz-Winter-Str. 12, Tel. 55 28 51 55, www.gasthausdomagk.de, Mo.-Fr. 11.30-15 Uhr, Mi.-Sa. 18-22 Uhr

© SZ vom 14.03.2019 / fjk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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