Freiheiz-Halle ist zu laut:Protest gegen Partyzone

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Techno-Musik und grölende Party-Gäste: Lärmmessungen ergeben bei der Freiheiz-Halle eine Überschreitung der Richtwerte. Die Anlieger fordern ein Ende der Party.

Sonja Niesmann

Dröhnende Techno-Musik bis morgens um fünf. Auf - und zuklappende Türen. Lachende, rauchende, manchmal auch grölende Menschen auf dem Rainer-Werner-Fassbinder-Platz vor der Halle. Bühnenabbau und lautstarkes Beladen der Lkw nach Veranstaltungsende, in den frühen Morgenstunden, auch sonntags. So schildern Anwohner im Arnulfpark ihr Leben als Nachbarn der Freiheiz-Halle. Allein in den vergangenen zwei Wochen haben sie acht After-Wiesn-Partys und Techno-Abende gezählt. Stefan Lorenz, Sprecher der Anwohner, fasst die Beschwerden in einem Satz zusammen: "Die Veranstaltungen in der Freiheiz-Halle sind zu laut, zu oft, zu lange."

Zu laut, zu oft, zu lange? "Schluss mit Party und Kommerz", fordern die Nachbarn der Freiheiz-Halle im Arnulfpark. Die Betreiber versprechen Verbesserungen - doch die Anwohner bleiben skeptisch. Ihnen wäre es lieber, wenn in der Halle Kunst und Kindertheater stattfinden würden. (Foto: JOHANNES SIMON)

Schon im Juli 2010 ist an einem Runden Tisch mit sämtlichen Beteiligten versucht worden, das konfliktträchtige Nebeneinander von der Partymeile in dem ehemaligen Heizkraftwerk und nur 50 Meter entfernt liegenden Eigentumswohnungen zu entschärfen. "Aber die Situation ist nicht besser geworden, eher schlimmer", trägt Lorenz den Mitgliedern des Bezirksausschusses Neuhausen vor, die am Dienstagabend zu einer Sondersitzung ins Freiheiz gekommen sind. Flankiert werden die Stadtviertelpolitiker von Vertretern gleich mehrerer städtischer Referate.

"Schluss mit Party und Kommerz", fordern die Anlieger, stattdessen sollen leisere Veranstaltungen wie Kunst und Kindertheater stattfinden - am besten nur noch vier Veranstaltungen pro Monat. Mit Kunst und Kindertheater könne er wohl kaum die Miete für eine solche Halle erwirtschaften, hält Gerd Wohlgemuth, einer der Freiheiz-Betreiber, dieser Forderung entgegen: "Ich bestreite ja nicht, dass wir auch Partys haben. Aber wir bemühen uns um eine bunte Mischung." Unter 60 in den nächsten vier Monaten geplanten Veranstaltungen seien 40 Konzerte, zählt er auf.

Die Lautstärke der Musik in der so gut wie gar nicht schallisolierten Halle ist freilich nicht das einzige, oft nicht einmal das vorrangige Problem. Das Publikum draußen vor der Tür ist es, das die vielen Schilder in den Hallenfenstern ignoriert, auf denen ein Männlein mahnt: "Bitte auf Lautstärke achten!" Messungen in Wohnungen in der Lilli-Palmer-Straße, die Helmut Jahn vom Referat für Gesundheit und Umwelt kürzlich in zwei Nächten gemacht hat, ergaben einen durchschnittlichen Lärmpegel zwischen 52 und 55 Dezibel.

Richtwert in dem Mischgebiet sind 45 Dezibel. Diese Geräuschkulisse sei ausschließlich durch die Unterhaltungen auf dem Platz entstanden, hat Jahn festgestellt. Ein ähnliches Problem habe man, fügt er an, auf dem Gärtnerplatz. Der ist im Sommer zu einem beliebten und bis spät in die Nacht frequentierten Treffpunkt für Hunderte junger Menschen geworden - zum Leidwesen der Anwohner.

Die Freiheiz-Betreiber versuchen zwar mittlerweile, die Raucher vor der Tür durch Gitter ums Eck zu lenken, weg vom Platz. "Aber letztlich können wir niemandem verbieten, dort zu stehen und sich zu unterhalten", erklärt Wohlgemuth. Eine Lösung wäre vielleicht, den Eingang zu verlagern, in die Erika-Mann-Straße, sodass sowohl die Raucher als auch die von der S-Bahn kommenden und wieder abmarschierenden Besucher nicht mehr auf dem Platz herumstehen. Ob ein solcher Umbau statthaft ist, müsste die Lokalbaukommission entscheiden. Die aber hat trotz Einladung niemand zu diesem Treffen geschickt, ärgert sich Ingeborg Staudenmeyer, die Vorsitzende des Bezirksausschusses.

"Wenn das mit einem anderen Eingang klappt - prima", sagt Stefan Lorenz, klingt aber skeptisch. Den Vorschlag habe Wohlgemuth nämlich schon beim Krisentreffen im vergangenen Jahr gemacht, aber passiert sei nichts. Der Vermieter, ein internationaler Immobilienfonds, habe sich bisher nicht dazu geäußert, verteidigt sich Wohlgemuth. Jetzt will Staudenmeyer beim Vermieter auf eine Stellungnahme dringen. Außerdem soll ein Schallschutzgutachten erstellt werden. Und die Freiheiz-Betreiber sollen sich an ihre Auflagen halten, wenn auch an diesem Abend nicht recht klar wird, wer das überwacht und Verstöße sanktioniert. "Kein nächtlicher Abbau und Abtransport mehr", verspricht Wohlgemuth. Auch das quittieren die Anwohner mit Skepsis, und man darf sicher sein, dass sie, wie bisher, die Vorgänge genau verfolgen und protokollieren.

Ingeborg Staudenmeyer hofft, dass sich ein gemeinsamer Nenner finden lassen wird: "Die Halle ist da, die Anwohner sind da. Irgendwie muss es doch gehen." Ein Anwohner hätte da schon eine Idee: Bei Regen stehen weniger Leute draußen rum, da dürfen sie sich auf dem Platz aufhalten. Bei gutem Wetter sollen sie um die Ecke gehen. "Ach ja", seufzt die BA-Vorsitzende, "leider können wir's nicht machen wie bei Karl Valentin: Am Montag dürfen's raus, am Dienstag müssen's drinbleiben, am Mittwoch dürfen's aufs Klo gehen. . ."

© SZ vom 06.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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