Zur Freude aller, außer der Bauern:Richtig Sommer

Es soll noch mal schön warm werden in der letzten Augustwoche. Aber der 1. September markiert meteorologisch den Herbstbeginn, längere Hitzewellen sind wohl nicht mehr zu erwarten. Zeit also für eine kleine Bilanz

Von Christoph Dorner, Anne Gerstenberg, Gudrun Regelein, Petra Schnirch und Gerhard Wilhelm, Freising

Was für ein Sommer! Noch ist er ja nicht ganz vorbei. In der letzten Augustwoche soll er nach Auskunft der Meteorologen noch einmal Gas geben, bevor dann am 1. September der meteorologische Herbst beginnt. Dennoch kann man jetzt schon Bilanz ziehen. Wem hat dieser Supersommer 2015 so richtig gut getan, wer hätte es dann doch lieber ein bisschen kühler gehabt? Die SZ hat stichprobenartig bei einigen Hauptbetroffenen nachgefragt.

Freibad und Seen

Durchgängig gut gefüllt mit im Schnitt 2500 Besuchern pro Tag war das Freisinger Freibad. Bademeister Zebisch findet: "Wir hatten eine schöne Saison." Bisher durfte das Freibad dieses Jahr 111 518 Badegäste begrüßen. Dies sei aber trotz des heißen Sommers kein Rekord. Im Jahr 2013 beispielsweise waren während der Hitzewelle alle Badeseen wegen des vorangegangenen Hochwassers geschlossen. Das Freibad verzeichnete damals Rekordzahlen von 125 000 Besuchern insgesamt. "Der Sommer war super!", findet auch Sandro Wein, Betreiber des Pullinger Seestüberls. Er hatte gleich doppelten Grund zur Freude, denn zusätzlich zum guten Wetter, konnte er sein zweites Lokal an der anderen Seite des Pullinger Weihers eröffnen. Trotz der Hitze wurde aber nicht mehr Wasser als sonst bei ihm bestellt. "Das hat sich mit dem Bier die Waage gehalten", schätzt er. Der Dauerbrenner bleibt die Portion Pommes rot-weiß vom Kiosk. GEAN

Borkenkäfer

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(Foto: dpa)

Für Insekten ist der heiße, trockene Sommer ein "Eldorado", auch für Borkenkäfer. Er hat sich bereits stark vermehrt. Ob er sich weiter ausbreitet, das wird sich laut Johann Seidl von der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft jedoch vor allem im kommenden Frühjahr zeigen: Ist es ebenfalls warm und trocken, wird sich die Massenvermehrung des Schädlings fortsetzen und erhebliche Schäden verursachen. Kälte und Feuchtigkeiten setzen der Brut dagegen zu. Derzeit schwärmt in diesem Jahr die dritte Generation des Käfers aus, um Eier abzulegen. Ideale Brutstätten bieten noch nicht aufgearbeiteten Wurfflächen nach Sturmtief Niklas. Anfällig sind aber auch lebende Bäume, die der Trockenstress geschwächt hat. Sollte es in den kommenden Wochen warm und trocken bleiben, könnte sogar eine vierte Generation des ungeliebten Käfers schlüpfen. Andernfalls überwintern die Larven im Holz. Was können Waldbesitzer gegen die Plage tun?Die Bäume kontrollieren und Windwurf möglichst schnell aufarbeiten, rät Seidl. psc

Eisdiele

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(Foto: Marco Einfeldt)

Von Juli an, als es sehr heiß wurde, lief es richtig gut in der Eisdiele "Dolomiti". "Wir haben mehr Eis , aber auch mehr Getränke verkauft", sagt die Chefin Flor de Lorenzo. Vor allem die Sorte Joghurt sei in diesem Sommer besonders beliebt, davon mache ihr Mann Ezio jeden Tag sogar die doppelte Menge. Aber auch Fruchteis wie Mango oder Maracuja werde bei den extrem hohen Temperaturen gerne gekauft. Exotische Variationen findet man im "Dolomiti" dagegen nicht, eher die klassischen Sorten - ihr Mann experimentiere nicht sonderlich gerne, sagt die Chefin. Dass das Eis bei der Hitze oftmals schneller schmelze, als es gegessen werden könne, liege vielleicht ja auch an den großen Kugeln, die ihr Mann verteile, meint Flor de Lorenzo. Verhindern könne man das bei den extremen Temperaturen aber nicht - nur sein Eis statt in der Waffel besser im Becher kaufen. regu Hopfenbauern Otmar Weingarten, Geschäftsführer des Hallertauer Hopfenpflanzerverbands, erinnert sich noch mit Schrecken an den Hitzesommer 2003, der bei den Hopfenbauern im nördlichen Landkreis für gravierende Ernteausfälle sorgte. In diesem Sommer seien die Temperaturen nun aber noch extremer gewesen als im Jahr 2003. Wie die Ernte in der Hallertau ausfallen wird, will der Verband am kommenden Donnerstag auf der traditionellen Hopfenrundfahrt mit Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) verkünden. Weingarten will dem Termin nicht vorgreifen. Er könne jedoch sagen, dass die Einschätzung der Ernte, die eine Expertenkommission derzeit erstellt, "relativ negativ" sei. Noch nie sei eine Vorhersage der Erntemenge aber auch derart schwierig gewesen, weil an den Standorten wegen der unterschiedlichen Bodenqualität mit extrem voneinander abweichenden Ergebnissen zu rechnen sei. Mit erheblichen Einnahmeausfällen müssten die Hopfenbauern aber in jedem Fall rechnen, sagt Weingarten. Von der Politik fordert sein Verband deshalb seit Jahren die Möglichkeit, dass die Bauern steuerfreie Rücklagen bilden können. cdo

Wasserverbrauch

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(Foto: dpa)

Üblicherweise gebe es beim Wasserbedarf nur wenige Schwankungen, sagt Nina Reitz, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit bei den Stadtwerken Freising. Aber dieser Sommer "ragt heraus, da sowohl der Juli als auch der August besonders heiß waren." Im Juli wurden 322 000 Kubikmeter Wasser verbraucht, im Vorjahr waren es noch 298 000 Kubikmeter gewesen. Besonders auffällig aber war es in der ersten Augusthälfte: Bis zum 15. August lag der Verbrauch bei 163 000 Kubikmeter Wasser, 2014 waren es im gleichen Zeitraum nur 131 000 Kubikmeter gewesen. Für die Stadtwerke habe es deshalb aber keine Probleme gegeben, betont Reitz. "Wir haben hier eine wasserreiche Gegend." Die Brunnen hätten regulär gearbeitet und es mussten keine Maßnahmen wie in anderen Regionen ergriffen werden. In Nordbayern beispielsweise musste Wasser aus der Donau hingeleitet werden. regu

Landwirte

Der Getreideernte im Juli haben die Hitze und die Trockenheit der vergangenen Wochen nichts mehr anhaben können, sie erbrachte immerhin durchschnittliche Erträge für die Bauern. Anders sehe es für den Mais aus, sagt Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bauernverbands. Auf einem Viertel der Ackerfläche, etwa 10 000 Hektar, wird im Landkreis Freising Mais angebaut. Hierbei sei im südlichen Landkreis mit "gravierenden Einbußen" zu rechnen. Sie gingen bis zu einem "Totalausfall der Ernte", sagt Stock. Die Ackerflächen im nördlichen Landkreis und in der Nähe von Moosburg seien durch schwerere Böden und vereinzelte Tallagen etwas weniger betroffen. Ertragseinbußen wird es in jedem Fall auch bei der Kartoffel geben, sagt Stock. Weil ein Landregen seit Wochen ausgeblieben ist, versuchen viele Bauern, den Schaden durch eine Bewässerung ihrer Felder in Grenzen zu halten. Diese Maßnahme verursacht aber erhebliche Kosten und einen hohen Arbeitsaufwand. Mit den Ernteausfällen beim Mais könnten auch Betriebe mit Nutztierhaltung in Zugzwang kommen. Sie müssen in größeren Menge Futter zukaufen, das nicht aus der Region stammt. Der Bauernverband hat auf seiner Homepage mittlerweile eine Futterbörse eingerichtet. cdo

Klinikum

Am Klinikum bekomme man es schon zu spüren, wenn es tagelang sehr heiß ist, sagt Dr, Christian Fiedler, Leiter der Notaufnahme. Dramatisch sei die Situation aber auch im Sommer 2015 nicht. Fünf bis sechs Patienten zusätzlich suchten dort an Hitze-Tagen Hilfe, überwiegend ältere Menschen. Trinken sie zu wenig, vergrößerten sich ohnehin vorhandene gesundheitliche Probleme. Aber auch jüngere Leute mit Sonnenstich muss man im Klinikum immer wieder mal behandeln - weil sie zu lange in der Sonne schmoren oder in der Mittagshitze unbedingt Sport treiben wollen. Fiedler fügt aber hinzu: Wetterwechsel lösten häufiger stärkere Kreislaufbeschwerden aus als eine längere Hitzeperiode. psc

Blow-up

"Klassischen Blow-up" habe es in Südbayern in diesem Jahr gar keinen gegeben, sagt Josef Seebacher, Sprecher der Autobahndirektion. Die Behörde hat aber auch viel unternommen, dass es nicht soweit kommt. An drei Stellen wurden auf der A 92 Anfang und Mitte Juli alte Betonplatten ersetzt, alle im Bereich der Anschlussstelle Freising- Ost. Außerdem nehmen etwa 150 Entspannungsschnitte - schmale Asphaltstreifen quer über der Fahrbahn - den Druck von den Betonplatten. 2013 hatte sich gezeigt, dass diese in die Jahre gekommenen Bauteile bei hohen Temperaturen nach oben schnellen können. Gänzlich Entwarnung gibt die Autobahndirektion bis zu einer weiteren Sanierung aber nicht. In den kommenden zwei Jahren müssen Autofahrer wohl noch damit leben, dass auf der A 92 im Raum Freising bei 30 Grad und mehr Tempo 80 gelten wird. psc

Biergartensaison

Wirte jammern ja bekanntlich immer, doch beim Sommer 2015 bisher fällt das heuer schwer. "Gut läuft's" lautet das Fazit deshalb, das Sven Ott von der Waldgaststätte "Plantage" in Freising zum Biergartenbetrieb zieht. Die Tische seien bei dem Wetter natürlich stets gut voll, auch wenn es vergangene Woche ein "bisserl heikler" wegen der kleinen Sommerdelle beim Wetter war. Und in die Plantage passen viele Leute rein. Sitzplätze gibt es für 1200 Personen unter großen Eichen- und Buchenbäumen. Ott schränkt aber gleich ein: "Im Vergleich zur Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr ist der Betrieb heuer schlechter, aber im Vergleich zu sonstigen Jahren besser." Zur WM gab es aber auch vier Großleinwände, einen deutschen WM-Sieg und die Kapazität wurde auf 3000 Gäste erweitert. wil

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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