Wirte unter Druck:Referenten unerwünscht

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Normale Parteiveranstaltungen sind im Freisinger Hofbrauhauskeller auch künftig möglich. Veranstaltungen mit auswärtigen Rednern dagegen nicht. (Foto: Marco Einfeldt)

Normale Parteiversammlungen sind im Freisinger Hofbrauhauskeller und im Löwen-Wirt auch künftig möglich, Veranstaltungen mit auswärtigen Rednern dagegen nicht. Grund sind massive Anfeindungen von Links und Rechts

Von Peter Becker, Freising

Mehrere Freisinger Wirte wollen im kommenden Jahr keine politischen Veranstaltungen in ihren Sälen mehr dulden. Dies hatten Löwen-Wirt Günter Wittmann und Harald Schrott, Pächter des Hofbrauhauskellers, in der vergangenen Woche angedeutet. Ihre Entscheidung entspringt dem Unmut darüber, dass sie in der Öffentlichkeit angefeindet werden, wenn sie ihre Räume etwa der AfD für Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Die Parteien müssen sich indes keine Sorgen machen, dass ihre Treffen künftig nur noch in Gaststätten an der Peripherie des Landkreises stattfinden können.

Wittmann präzisierte während eines FDP-Stammtisches in seinem Gasthaus, dass er und Schrott explizit nur Diskussionsveranstaltungen mit Rednern gemeint hatten. Einfache Jahreshaupt- oder Nominierungsversammlungen sollen nach wie vor möglich sein.

FDP-Ortsvorsitzender Jens Barschdorf diagnostizierte, dass die Wirte "Druck von unterschiedlichen Seiten" ausgesetzt seien, vor allem über die sozialen Medien. Dort würden Gaststätten mit null Punkten bewertet, wenn sie irgendwelchen Parteien aus dem exponierten linken oder rechten Spektrum Tür und Tor öffneten. Barschdorf findet, dass dieses Verhalten der Parteien- und Diskussionskultur schade. Er gibt der zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft mit die Schuld an dem Phänomen der Wirte-Beschimpfung. Auslöser der jüngsten Debatte waren Vorwürfe, die sich Schrott gefallen lassen musste, weil in der vergangenen Woche eine AfD-Veranstaltung mit einem umstrittenen Redner im Hofbrauhauskeller stattgefunden hatte. Johannes Huber, designierter AfD-Bundestagskandidat, betonte beim liberalen Stammtisch, dass er das persönliche Gespräch mit dem Wirt gesucht habe. Dies sei besser, als über E-Mails miteinander zu kommunizieren.

Wittmann sagte, er empfinde die Anfeindungen, denen die Wirte ausgesetzt seien, als "geschäftsschädigend". Er fürchte aber, dass Schrott und er die einzigen sein werden, die künftig auf politische Diskussionsveranstaltungen verzichten. Der Rückhalt unter den anderen Wirten in Freising werde sehr gering sein, schätzt er. "Das stimmt mich nachdenklich." Wittmann ist ein gebranntes Kind, seit vor gut zwei Jahren Neonazis aus München bei ihm aufgetaucht waren und eine Veranstaltung des Bündnisses "Freising ist bunt" gestört hatten. Er beteuert, nicht gewusst zu haben, welche Gäste sich bei ihm damals zum Spareribs-Essen getroffen hatten. Noch immer fühlt er sich deshalb an den Pranger gestellt und müsse sich beschimpfen lassen, sagt er. Von Kollegen aus anderen Landkreisen wisse er, dass einige bereits Morddrohungen erhalten hätten, wenn diese oder jene Partei bei ihnen auftrete.

Wie Schrott sagt auch Wittmann, dass an Parteiveranstaltungen im Prinzip nicht viel verdient sei. Da seien 100 Leute angekündigt, erzählt er. "Und dann kommen 30." Von denen wiederum würden sich zwei ein Essen bestellen und der Rest trinke den ganzen Abend jeweils nur ein Glas Wasser.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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