Wenn Eltern krank werden:Zusammen Halt finden

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Die Diakonie Freising betreut Kinder und Jugendliche, wenn ein Elternteil schwer erkrankt oder gestorben ist. Leiterin Beate Drobniak würde sich wünschen, dass es für dieses Projekt eine staatliche Unterstützung gäbe

Von Gudrun Regelein, Freising

Sie müsse bei diesem Projekt manchmal auch andere Wege gehen, sagt Beate Drobniak nachdenklich. "Ich arbeite so, wie ich denke, dass es den Kindern gut tut." Die Leiterin der Diakonie Freising, eine Sozialpädagogin und Familientherapeutin, betreut bei "Zusammen Halt finden" Kinder und Jugendliche aus Familien mit einem schwer erkrankten oder verstorbenen Elternteil. Neulich habe ein Geschwisterpaar sie beispielsweise gebeten, sie zum Grab des erst vor Kurzem verstorbenen Vaters zu begleiten. "Das haben wir dann auch gemeinsam an einem Samstagvormittag getan", erzählt Drobniak.

Eine schwere Erkrankung bedeutet für das gesamte Familiensystem eine große Herausforderung, sagt die Leiterin der Diakonie. Für die Kinder, da sie aus Rücksicht auf die Eltern die eigenen Ängste und Probleme verschweigen. Oder weil sie - gerade auch beim Tod eines Elternteils - Schuldgefühle entwickeln. Die Eltern dagegen, die sich wünschen, dass ihre Kinder normal aufwachsen können, versuchen, sie vor schlechten Nachrichten zu schützen und vermeiden es über das Thema zu sprechen.

Mit "Zusammen Halt finden", einem Projekt, das die Diakonie 2014 ins Leben gerufen hat, wird diesen Familien - sehr oft in Zusammenarbeit mit der Psychoonkologin des Klinikums Freising - geholfen, diese Lebenskrise zu durchlaufen. "Wir unterstützen die Eltern dabei, einen passenden, ehrlichen und altersgerechten Umgang zu finden", erklärt Drobniak. Aber auch die Kinder und Jugendlichen sollen lernen, offen mit der Erkrankung umzugehen und ihre Ängste auszudrücken. "Sie müssen auch außerhalb der familiären belasteten Situation etwas unternehmen - das ist wichtig", sagt Drobniak.

Dabei hilft ihnen ein monatliches Treffen: Derzeit sind es 23 Kinder im Alter von fünf bis 13 Jahren, die in zwei Gruppen von Beate Drobniak und einer Trauerbegleiterin betreut werden. Auch eine Klinikclownin ist dabei - sie unterstützt die Kinder dabei, ihre Gefühle auszudrücken. "Es wird in der Gruppe natürlich viel geredet und erzählt", schildert Drobniak. Aber auch viel kreativ gearbeitet: gemalt, getöpfert und Theater gespielt. Oder es werden Ausflüge in die Natur gemacht. Einmal schickte die Gruppe beispielsweise auf der Moosach kleine Papierschiffe los. Die Kinder hatten zuvor kleine Zettel hineingelegt, auf die sie ihre Sorgen notiert hatten - und dann symbolisch weggeschickt. "Wir machen, was hilft und stärkt", sagt Beate Drobniak. Die Begleitung sei sehr individuell. Wichtig sei, dass die Kinder das Gefühl haben, nicht alleine zu sein - dass sie trotz ihrer Trauer auch rumalbern oder ihren Kummer offen zeigen dürfen. Ein Kind habe sich nach zwei Jahren aus der Gruppe verabschiedet - und das sei auch gut so, meint Drobniak. "Das ist ein Abschied, der positiv ist. Jetzt geht es für das Kind auch wieder alleine weiter." Die Nachfrage nach Hilfe durch "Zusammen Halt finden" steigt ständig. Manchmal sei es schon ausreichend, die Eltern in ihrem Tun zu bestärken, manchmal bittet Beate Drobniak zu einem Beratungsgespräch. Viele der betroffenen Kinder lade sie dann zu den Gruppentreffen ein - bei anderen dagegen seien Einzelgespräche notwendig. Derzeit sind es zwölf Kinder und Jugendliche. "Wenn ich merke, dass ein massives Problem dahintersteckt, suche ich noch andere Hilfe. Wir sind sehr vielfältig vernetzt", berichtet Drobniak.

Finanziert wird dieses Angebot zum Großteil durch Spenden des Rotary-Clubs und der Krebshilfe Freising "Maria & Christoph". Was sich Beate Drobniak aber wünschen würde, ist eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln. "Ich halte es für notwendig, 'Zusammen Halt finden' aus dem Projektstatus herauszuholen", sagt sie. "Das muss auf gute Füße gestellt werden." Eine Beratungsstelle für Gesundheit, in der Kinder und Erwachsene eine Anlaufstelle finden: Das ist ihre Vision. "Das kostet natürlich Geld - aber es ist gut in die Zukunft der Kinder investiert."

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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