Wenig Ersatzbusse:Stets bemüht

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Notarzteinsatz legt Schienenverkehr zwischen Neufahrn und Freising lahm. Pendler kritisieren das Krisenmanagement

Von Christian Gschwendtner, Freising

Wenn nicht einmal die Anzeigetafeln auf den Bahnsteigen das genaue Ausmaß der Verspätung kennen, weiß der geübte Pendler: Die Lage ist ernst. An diese Grundregel dürften sich die meisten Bahnreisenden zwischen München und Freising am Mittwochmorgen erinnert haben. Die Abfahrt verzögert sich "auf unbestimmte Zeit", stand da in weißen Lettern auf der Fahrplananzeige des Alex-Regionalzugs. Genau genommen eine Nicht-Information, durch die sofort die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Fahrplans aufgeworfen war. Ist ein Fahrplan ohne Zeitangaben noch ein Fahrplan?

Weil die meisten Freisinger Pendler frühmorgens eher nicht zu philosophischen Fragen tendieren, dürfte sie ein anderer Umstand mehr gefreut haben. Wegen eines Notarzteinsatzes war zwar die Strecke zwischen Neufahrn und Freising von 8.04 bis 10 Uhr komplett gesperrt. Danach ging es aber relativ zügig weiter. Auf Facebook bescheinigte ein Nutzer der Bahn trotzdem ein schlechtes Krisenmanagement. Im Arbeitszeugnis stünde in solchen Fällen, man habe sich bemüht, urteilte der Mann. Er fragte dann noch: "Wieso gelingt es der Bahn nicht, Busse im Fünf-Minuten-Takt fahren zu lassen." Gemeint war selbstverständlich der Schienenersatzverkehr zwischen Neufahrn und Freising.

In Notsituationen wie am Mittwochmorgen bittet die Bahn lokale Busunternehmen um Hilfe. Sie zahlt ihnen dafür einen Festbetrag. Wie viele Busse eingesetzt werden, hängt aber von den freien Kapazitäten ab. Es sei nicht immer einfach, zu Stoßzeiten Ersatzfahrzeuge zu organisieren, erklärt ein Bahnsprecher.

Am Mittwoch sollen jedenfalls sechs Busse zwischen Neufahrn und Freising im Einsatz gewesen sein. Vier Fahrzeuge schickte die in Moosburg ansässige Firma Hadersdorfer, die im Auftrag der Stadtwerke auch die Stadtbusse in Freising betreibt. Der Anruf kam um kurz nach 8 Uhr. Etwa 15 Minuten später seien dann bereits die ersten Busse unterwegs gewesen, sagt eine Hadersdorfer-Mitarbeiterin. "Wir sind ein eingespieltes Team und haben feste Ansprechpartner bei der Bahn", fügt sie hinzu. Länger als eine halbe Stunde brauche man nie. Die Planer überprüfen, was man aktivieren könne, dann setze sich die Flotte sofort in Bewegung. Die Frau gibt aber zu: "Zum Glück sind Ferien." An normalen Tagen würde bei so einer Gleissperrung der Bär steppen. Wer das Gedränge in Neufahrn am Mittwochmorgen miterlebte, der hat eine leise Ahnung, was die Frau damit meint.

Es ist 9.18 Uhr und eine voll besetzte S-Bahn steuert den Neufahrner Bahnhof an. So recht will keine Begeisterung bei den rund 200 Zugreisenden aufkommen, als sie den einen Bus erblicken, in den sie nun alle hineinpassen sollen. Ein leicht genervter Busfahrer gibt die Hiobsbotschaft an die Zentrale weiter: Nein, es sind noch keine sechs Busse unterwegs. Ja, die seien aber notwendig. Ein dubioser Kleinlaster hat sich inzwischen am Bahnhofsvorplatz positioniert, er gibt sich als Taxiunternehmer aus. Das Angebot mag verlockend sein, darauf eingehen will keiner. Ein junger Mann kann hingegen bei einigen Dränglern nur den Kopf schütteln: "Erste-Welt-Probleme", sagt er.

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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