Weiter Weg zur eigenen Kirche:Die ersten Protestanten

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Diese Urkunde hat den ersten protestantischen Gottesdienst ermöglicht. (Foto: OH)

Den evangelischen Christen wurde im Jahr 1849 der Rathaussaal für ihre Gottesdienste überlassen

Von Peter Becker, Freising

Vor 500 Jahren hat Martin Luther seine 95 Thesen in Wittenberg veröffentlicht und damit die Reformation begründet. Da passt es ganz gut, dass das Freisinger Stadtarchiv die Urkunde zur Überlassung des Rathaussaales zur Abhaltung des ersten protestantischen Gottesdienstes in Freising im Jahr 1849 zum Archivstück der Woche erkoren hat. Das Originalstück wird nicht mehr im Rathaus gezeigt. Es ist künftig auf der Homepage des Stadtarchivs eingestellt und kann dort selbst im Original eingesehen werden.

Es sei ein weiter Weg gewesen, bis die protestantische Gemeinde in Freising ihre Gottesdienste in einer eigenen Kirche, der Christi-Himmelfahrtskirche in der Nähe des Bahnhofs, feiern konnte, erläutert Florian Notter, Leiter des Stadtarchivs, dazu. Zwar gab es in den Jahren nach der Reformation bereits einige Anhänger des neuen Glaubens, doch die löste sich unter dem Einfluss der fürstbischöflichen Regierung auf dem Domberg bald wieder auf. Das Herzogtum Bayern unterband die Ausbreitung jeglicher anderen Konfession außer der katholischen.

Erst knapp 300 Jahre später stellte der Kurfürst Maximilian IV. Joseph in einer Reformagenda die drei christlichen Glaubensrichtungen, Katholiken, Protestanten und evangelisch Reformierte, einander gleich. Dies wurde in der bayerischen Verfassung 1818 fixiert. Seit der Säkularisation 1802/02 galt diese auch für das einstige Fürstbistum Freising. In der Folge ließen sich in den katholisch geprägten altbayerischen Gemeinden fortan auch Reformierte und Protestanten nieder, in Freising vermutlich um 1817/1818. Eine eigene protestantische Pfarrorganisation sowie der Bau einer eigenen Kirche hätten zunächst trotz des raschen Anwachsens der protestantischen Gemeinde keine Rolle gespielt. Der Grund dafür liegt darin, dass der protestantische Anteil der Landbevölkerung, vor allem im Ampertal, durch Zuwanderung aus Rheinland-Pfalz relativ hoch war.

Deshalb hatte man den seelsorgerischen und verwaltungsmäßigen Mittelpunkt der Region in der kleinen Landgemeinde eingerichtet. Das für Freising zuständige Vikariat lag kaut Notter ab 1829 zunächst in Kemmoden bei Petershausen, von 1833 in Leonhardsbuch und seit 1837 in Oberallershausen. Dort befand sich die erste protestantische Kirche im Freisinger Umland. Wollten die Freisinger Protestanten einen Gottesdienst besuchen, mussten sie weite Wege auf sich nehmen.

Dies änderte sich Notters Angaben zufolge erst 1848/49. Die Freisinger protestantische Gemeinde erhielt per Ministerial-Entschließung vom 30. November 1848 die Genehmigung, selbst Gottesdienste gestalten zu dürfen. Bei der Frage wo, kam eigentlich nur der Rathaussaal als einziger großer profaner Raum in der Stadt in Frage. Am 5. Oktober 1849 reichte deshalb die protestantische Gemeinde einen entsprechenden Nutzungsantrag beim Freisinger Stadtmagistrat ein. Der stimmte diesem am 10. Oktober zu. Das einen Tag später verfasste Konzeptschreiben erhielt der Kaufmann Johann David Schmidt als Vorsitzender der protestantischen Gemeinde in Freising. Am Sonntag, 21. Oktober, 1849 fand dann der protestantische Gottesdienst in Freising statt.

Beim Provisorium in Freising blieb es nicht lange. Die protestantische Gemeinde verfiel bald auf den Gedanken, ein eigenes Gotteshaus zu bauen. Am 7. November, 1862 wurde schließlich der Grundstein der Christi-Himmelfahrts-Kirche westlich des Freisinger Bahnhofs gelegt. Am 4. September 1864 wurde diese geweiht.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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