Weihenstephaner Südhang:Schuppenwurz und Waldohreule

Lesezeit: 3 min

Am Weihenstephaner Südhang gibt es viele seltene Tiere und Pflanzen - doch Naturschützer fürchten um ihren Lebensraum.

Caroline Ischinger

Schlangen gibt es auf dem "Schlangenweg" in Freising eher nicht. Dafür bekommen Spaziergänger mit etwas Glück Grünspecht, Waldohreule oder Schuppenwurz zu sehen. Das sind nur einige der vielen seltenen Tiere und Pflanzen, die im Weihenstephaner Südhang beheimatet sind.

Spaziergänger schätzen ihn als Ausflugsziel: Der Weihenstephaner Südhang umfasst acht bis zehn Hektar Waldfläche und reicht von der Freisinger Innenstadt bis nach Vötting. (Foto: FRG)

Schon seit einiger Zeit klagt die Freisinger Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN) darüber, dass auf dem Gelände immer wieder alte Bäume gefällt werden. Nun hat der Verein beim Landratsamt beantragt, die acht bis zehn Hektar große Waldfläche des Südhangs als "geschützten Landschaftsbestandteil" auszuweisen. "Wir sind der Meinung, dass dieses Freisinger Kleinod dringend unter Schutz gestellt werden sollte", sagt Christian Magerl, Kreisvorsitzender des BN.

Der Südhang des Weihenstephaner Bergs ist ein beliebtes Naherholungsgebiet für die Freisinger. Von einer Ausweisung des Südhangs inklusive Moosach als "geschütztem Landschaftsbestandteil" erhofft sich BN-Geschäftsführer Manfred Drobny, dass die Baumpflege künftig "entsprechend vorsichtiger" durchgeführt werde. Insbesondere auf ältere Bäume und das Totholz seien einige Arten in dem Waldstück angewiesen, betont Magerl.

Doch bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt, die für eine solche Ausweisung zuständig wäre, hält man einen Schutzstatus weiterhin nicht für notwendig. "Wir sehen keinen Bedarf", sagt Eva Dörpinghaus, Pressesprecherin des Landratsamt. Der Antrag des BN lag zum Zeitpunkt des Gesprächs dort noch nicht vor. Die Behörde sehe den Weihenstephaner Südhang aufgrund seines Eigentümers als gesichert an, erklärt Dörpinghaus. Die Flächen des Hangwalds gehören dem Freistaat. Während der BN dies eigentlich als "günstige" Voraussetzung für seinen Antrag sieht, betont Dörpinghaus, dass in Bayern der Naturschutz sowieso Verfassungsrang habe.

"Kein Urwald", sondern ein Spazierweg

Ganz so einfach sind die Verhältnisse am Südhang aber nicht: "Nutzer" sind die Technische Universität und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Die TU verteidigte eine Fällaktion im vergangenen Jahr mit dem Argument der Verkehrssicherungspflicht: Die Baumpflege diene vor allem dem Schutz der Spaziergänger. Zudem habe man Sichtschneisen für die Aussichtsplattformen am Weihenstephaner Berg geschlagen.

Diese Sichtschneisen hält Magerl auch nicht für problematisch, da sie historisch begründet seien und nur wenige Bäume beträfen. "Darum geht es nicht", sagt er. Bei der Baumpflege seien jedoch immer wieder Fehler gemacht worden: "Es wurde zu heftig in den Baumbestand eingegriffen." Für den kommenden Herbst und Winter ist nach Informationen des BN vorgesehen, weitere Bäume zu fällen. Die Notwendigkeit der Verkehrssicherung bestreitet man in der Kreisgruppe nicht. Doch die Abholzungen am Südhang gingen "weit über das hinaus, was notwendig ist."

Dörpinghaus kennt diese Kritik. Die Verkehrssicherungspflicht müsse berücksichtigt werden, betont sie, der Südhang sei "kein Urwald", sondern ein Spazierweg. Nichtsdestotrotz ist man im Landratsamt offenbar auf der Suche nach einer Lösung: Es habe in den vergangenen Monaten Gespräche zwischen der Technischen Universität, der FH und der Unteren Naturschutzbehörde gegeben, berichtet Dörpinghaus. Man könne sich gut vorstellen, die Baumpflege künftig "unter naturschutzfachlichen Kriterien noch mehr auf professionelle Beine" zu stellen.

Es könnte zum Beispiel "eine Art Beirat" geschaffen werden, mit Experten aus den Bereichen Zoologie, Botanik und Forstwirtschaft. In diesem Gremium sei dann neben dem Sachverstand der Universitäten auch das Know-How des Bund Naturschutz "gern gesehen", versichert Dörpinghaus. Diese und andere Ideen habe man dem BN unterbreitet; bisher sei keine Antwort erfolgt.

Magerl ist überzeugt, dass eine Unterschutzstellung des Weihenstephaner Südhangs der richtige Weg ist: Auch die amtliche Biotopkartierung, in die alle schützenswerten Lebensräume Bayerns aufgenommen werden, empfehle eine solche Maßnahme. "Das hätte schon längst vollzogen werden sollen", sagt Magerl. "Wir sehen keinen Grund, warum man das Gebiet nicht ausweisen sollte".

Dörpinghaus aber nennt einen weiteren Grund: Bei einer Ausweisung als "geschützten Landschaftsbestandteil" würden die Kosten für die Verkehrssicherungspflicht "wahrscheinlich" vom Freistaat auf das Landratsamt übertragen. Eine entsprechende Gesetzesänderung erwarte man täglich. Dann würden Kosten von etwa 20.000 Euro jährlich auf die Behörde zukommen, sagt Dörpinghaus:"Warum sollten wir das ausgeben, wenn in unseren Augen keine Verbesserung erreicht wird?".

Beim BN sieht man das freilich anders: In einem Brief der Kreisgruppe an Landrat Michael Schwaiger ist lediglich von "drei bis maximal vierstelligen Beträgen" die Rede. "Letztlich ist der Etat auch dafür da", sagt Drobny.

© SZ vom 04.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: