Wegen Hitze und Trockenheit:Dem Landkreis droht eine Borkenkäferplage

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Hunderte von Bäumen können den Schädlingen kaum noch standhalten. Viele müssten gefällt werden, um den Befall in den Griff zu bekommen, doch das birgt vor allem für private Waldbesitzer Gefahren

Von Tobias Weiskopf, Freising

Dem Landkreis Freising droht offenbar eine Borkenkäferplage: Derzeit gebe es eine enorme Käfervermehrung, sagt die Borkenkäferexpertin der Abteilung Waldschutz an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), Gabriele Lobinger. Ursache seien die Hitze- und Trockenjahre seit 2015. Fast ausschließlich betroffen seien Fichten, die durch die langen Trockenphasen keinen Harzfluss mehr zur Abwehr der Schädlinge bilden könnten. Wenn der Käfer erst einmal in das Holz eingedrungen sei, ziehe er mit Lockstoffen Tausende Artgenossen an. Durch ein verfrühtes Ausschwärmen Anfang April, kurze Brutzyklen durch die hohen Temperaturen und sogenannte Geschwisterbruten explodiere dann die Population, sagt Lobinger. Die Bäume könnten den Schädlingen kaum noch standhalten.

Auch Ingo Kellner von der Waldbesitzervereinigung (WBV) im Landkreis Freising, ist alarmiert: Viele private Waldbesitzer kämen kaum noch hinterher, denn Hunderte Bäume müssten gefällt werden, um die Insekten zu stoppen. Wer vom Borkenkäferbefall betroffen sei, müsse dies unverzüglich aufarbeiten. So schreibe es das Bayerische Waldgesetz vor. Doch gerade hier lauere eine große Gefahr. Die vielen Kleinwaldbesitzer in Bayern könnten die Käferfichten oft nicht sicher und fachgerecht fällen, erläutert Fritz Allinger, Präventionsbeauftragter der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. Dazu fehle ihnen die Übung. Immer wieder komme es bei der Aufarbeitung von befallenen Bäumen zu schweren, teils tödlichen Unfällen. "Alleine in diesem Jahr hatten wir bayernweit bis zur Jahresmitte schon 16 tödliche Waldunfälle", sagt Allinger. Bis zum Jahresende könne diese Zahl noch steigen.

Hinzu kämen in ganz Bayern noch über 4000 Verletzte, die ausschließlich bei Waldarbeiten wegen des Borkenkäfers verunglückt seien. Sein Rat ist deshalb, sich bei Baumfällarbeiten professionelle Hilfe zu holen oder sich einer Waldbesitzervereinigung anzuschließen. Denn die befallenen Fichten lassen sich nur sicher mit Aufhängung und Forstseilwinde beseitigen und solche Maschineneinsätze koordinieren dazu ausgebildete Fachkräfte wie Kellner.

Langfristig und nachhaltig lasse sich der Borkenkäferbefall nur durch den Waldumbau verringern, erklärt Professor Manfred Schölch von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Die starken Fichtenbestände seien vor allem Maßnahme zur Existenzsicherung. Die Nadelgewächse kämen eigentlich aus höheren, kühleren und feuchteren Gebieten und seien aus wirtschaftlichen Gründen in tiefere Lagen gebracht worden. Unterstützt durch den Klimawandel hätten die unliebsamen Insekten einen hervorragenden Lebensraum, erläutert Schölch. Deshalb müsse man von den Monokulturen zu Mischbeständen mit Laubbäumen wie der Rotbuche übergehen, das führe zu einer Stabilisierung. Ein entsprechendes Programm der Staatsregierung läuft. Vor allem die kleinen Waldbesitzer sind gefragt, denn es werde dauern, bis sich die Wirkung entfalte. Wichtig sei nun die regelmäßige Pflege des Waldes, spätestens alle 14 Tage müsse der Bestand kontrolliert werden, da sind sich Förster Kellner und Schölch einig.

Die Waldgebiete der Bayerischen Staatsforsten seien unentwegt unter Kontrolle und seit vergangenem Jahr habe man die Prophylaxe noch einmal verstärkt, berichtet der Freisinger Forstamtsleiter Alfred Fuchs. Durch entsprechende Maßnahmen und regelmäßige Fürsorge habe man einen schlimmeren Befall verhindern können. Dazu sei ein EDV-System eingerichtet worden, das einen Überblick über die Lage verschaffe. Da kleine Waldbesitzer über solche Apparate in der Regel nicht verfügen könnten, sei es unabdingbar, die Bäume regelmäßig auf Bohrmehl zu untersuchen, das der Käfer in den Rindenschuppen, Spinnennetzen oder auf den Pflanzen um den Baum herum verteilt habe. Hinweise seien auch abgestorbene Baumkronen.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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