Wahlpartys:Dunkles Bier und Marx zum Trost

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Bei der Wahlparty der SPD im "Heurigen" war die Stimmung nicht gerade überschäumend. (Foto: Marco Einfeldt)

Während die Grünen feiern und die CSU schon von einer bürgerlichen Koalition spricht, hat die SPD am Wahlabend den Blues

Die Freien Wähler haben der ganz großen Wahlparty der Freisinger Grünen am Sonntag im Etcetera ein bisschen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zwar feiern dort gut 60 Mitglieder das sensationelle Wahlergebnis von 23,03 Prozent der Zweitstimmen und sogar 23,99 Prozent der Erststimmen für den jungen Kandidaten Johannes Becher. Dass es vermutlich aber zu einer konservativen Koalition aus CSU und Freien Wählern im Freistaat kommen wird, trübt die Freude dann doch ein bisschen. Eigentlich habe das Wahlergebnis doch gezeigt, "dass die Menschen in Bayern einen Politikwechsel mit den Grünen wollten", sagt Ortssprecher Werner Habermeyer ein wenig bedauernd. Becher jedenfalls habe einen großartigen Wahlkampf absolviert, lobt er - und er habe jetzt voraussichtlich sehr lange Zeit, im Landtag gute Oppositionsarbeit zu leisten und das Direktmandat in Freising im nächsten Anlauf doch noch zu erobern.

Bevor nicht das endgültige Wahlergebnis, vor allem in Freising, fest steht, will CSU-Direktkandidat Florian Herrmann zu seinem persönlichen Abschneiden nichts sagen, als er kurz vor 21 Uhr zusammen mit seiner Frau Renate aus der Münchner Staatskanzlei zur Wahlparty ins Hotel am Klostergarten nach Freising kommt. Erst als auch der Angst-Bezirk Freising ausgezählt ist, sagt er mit einem Lächeln: "Jetzt habe ich gewonnen, jetzt kann ich ein Statement abgeben. Ich freue mich natürlich, dass ich meine Arbeit als Stimmkreisabgeordneter fortsetzen kann." Nach dem Wunsch-Koalitionspartner gefragt, sagt Herrmann: "Wir werden mit allen, außer der AfD, Gespräche führen. Wir müssen eine starke Regierung für Bayern bilden, da bieten sich die Freien Wähler natürlich an."

Für Bayern aber habe die CSU einen klaren Regierungsauftrag, sagt er, "und das, was nahe liegt, ist eine bürgerliche Koalition".

Dass er selbst in den ländlichen Gemeinden im Landkreis Freising, sonst die Hochburgen im Landkreis, teils hinter Benno Zierer landet, in Kirchdorf etwa, wo Zierer mit 31,98 Prozent fast vier Prozent vor Herrmann liegt, ist bitter für ihn. "Es war voraussehbar, dass der Landkreis Freising kein einfacher Stimmkreis ist, denn seit über einem Jahrzehnt gibt es hier ein dominierendes Thema, die dritte Startbahn", sagt der Freisinger CSU-Ortsvorsitzende Jürgen Mieskes. Er erhofft sich "von der künftigen Bayern-Koalition, dass das Thema dritte Startbahn endlich vom Tisch ist."

"Können wir euch noch was Gutes tun?" Die Frage der Wirtin scheint fast, als würde sie sich nicht bloß auf die Getränkebestellung der SPD-Mitglieder beziehen. Die Stimmung im Gasthaus Zum Löwen ist dem Wahlergebnis entsprechend gedrückt. Direktkandidat Markus Grill sitzt zwischen seinen Parteigenossen, in der einen Hand ein Dunkelweißbier, in der anderen Karl Marx. "Ich glaube, das sagt heute alles", bemerkt Grill selbstironisch.

Der harte Kern der Linken genießt im Bistrorante "Via Vai" die Pizza, während die letzten Ergebnisse aus Freising und Neufahrn einlaufen. Feierlaune herrscht hier zwar nicht, aber man gibt sich weitestgehend gelassen. "Dem Ergebnis stehen wir neutral gegenüber, können uns weder freuen, noch wirklich enttäuscht sein", lautet das Fazit des Kreisvorsitzenden Nicolas Graßy.

© SZ vom 15.10.2018 / vo, av, lada - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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