Vorurteilen zum Trotz:Öko kann auch schick sein

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Bei "dantschig" mussten die Grünen-Damen Irene Romer Rede und Antwort stehen. Im Bild (v.l.): Eva Bönig, Kerstin Schnapp, Waltraud Heinlein-Zischgl, Jürgen Maguhn, Uwe Kekeritz, Verena Juranowitsch und "dantschig"-Mitarbeiter Patrick Romer. (Foto: Marco Einfeldt)

Beim "Fairen Stadtspaziergang" der Grünen staunen der Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz und die Bundestagskandidatin Kerstin Schnapp über das Angebot in der Stadt Freising

Von Eva Zimmerhof, Freising

Lange Jeans bringen ihren Träger bei schwülwarmem Sommerwetter schon mal fies ins Schwitzen: Trotzdem war Uwe Kekeritz, Mitglied des Bundestags für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, am Montagnachmittag in solchen Beinkleidern sowie langärmligem Hemd zum "Fairen Spaziergang" in die Freisinger Innenstadt gekommen. Freisings Grüne hatten dazu eingeladen, zwei Geschäfte mit fair gehandelten Produkten in der Oberen Hauptstraße und den Weltladen in der Ziegelgasse mal unter die Lupe zu nehmen. "Ich wollte eben zu 100 Prozent fair gekleidet kommen", sagte Kekeritz zu Bürgermeisterin Eva Bönig, Bundestagskandidatin Kerstin Schnapp und Jürgen Maguhn, die zu der kleinen Spaziergesellschaft der Grünen gehörten.

Irene Romer, die in ihrem Geschäft "dantschig" seit 2014 faire Damenbekleidung anbietet, nutzte die Chance und nahm ihre politischen Gäste ein wenig ins Kreuzverhör. Sie fragte direkt: "Wer von den anwesenden Damen trägt denn nun faire Kleidung? Kaufen Sie selbst ökologisch ein?" Sie sei enttäuscht von Politikern, die Wasser predigten und dann Wein tränken. Ein wenig wanden sich die Grünen-Damen schon. "Lebensmittel auf jeden Fall", sagten dann Bönig und Schnapp fast einstimmig. Sie kaufe auch faire Kleidung, sagte Schnapp. "Aber ich gestehe, ab und zu hängt etwas in einem gewöhnlichen Schaufenster, das mit muss. Was ich aber schon lange mache, ist Secondhand-Kleidung zu kaufen." Zufrieden zeigten sich die Politikerinnen mit dem Angebot. "Das sieht gar nicht mehr so sehr öko aus", sagte Schnapp. "Hier kommen auch Kunden herein, denen die Kleidung einfach gefällt und dann ganz interessiert sind, wenn sie erfahren, was faire Kleidung eigentlich ist", sagte Irene Romer. "Man hat den Auftrag aufzuklären", sagte sie. Dazu seien Politiker ebenfalls verpflichtet. Eine hitzige Diskussion zwischen den Kleiderstanden entbrannte, als Maguhn erklärte, Freising sei "ja schon Stadt des fairen Handels und erfülle die damit verbundenen Auftrag mehr oder minder." Dass der Stadtrat Ende Juli gegen die Stelle eines Fairtrade-Koordinators gestimmt hatte, empörte die Anwesenden. Vor allem, da bei einer vorangegangenen Podiumsdiskussion im Weltladen noch Politiker wie Erich Irlstorfer (CSU) und Andreas Mehltretter (SPD) den fairen Handel stark befürwortet hätten. "Plötzlich haben die CSU und die SPD komplett dagegen gestimmt", so Maguhn. "Da muss man den Antrag stellen, dass die Stadt den Titel aberkannt bekommt", forderte Kekeritz gar. Dazu seien die Erfüllungskriterien für die Auszeichnung zu gering, wandte Patrick Romer von "dantschig" ein.

"Es hat ja schon etwas Italienisches dieses Freising", befand Kekeritz schwitzend. Das sei das Problem: Es gebe kaum faire Sommerkleidung für Männer, sagte er und staunte dann über die Auswahl, die Freising zu bieten hat. "Das habe ich nirgendwo sonst gesehen. Das ist ein ganzes Kaufhaus." Vom natürlichen Parfum bis zum Anzug, von schwarzer Rasierseife aus Afrika bis zum Büromobiliar - ein breites Repertoire bietet Günther Sesselmann in seinem Geschäft an. In den vergangenen Jahren hat er sein Geschäft mit konventioneller Mode zu einem fairen Kaufhaus umgewandelt. Dass die angelieferte neue Kleidung über die Jahre immer unangenehmer gerochen habe, und der Einsturz der Textilfabrik von Sabhar, Bangladesch, hätten ihn aufgerüttelt, sagte Sesselmann.

Im Weltladen erkundigte sich Kekeritz nach dem Bildungsauftrag des Geschäfts. Mitarbeiterin Monika Vogel erklärte, sie hätten ab September durchgehend Praktikanten - etwa von der Fachoberschule und Berufsoberschule. Am 23. September, am Tag vor der Bundestagswahl, feiere der Freisinger Weltladen übrigens sein 35-jähriges Bestehen. Kekeritz empfahl, den Oberbürgermeister einzuladen und Schnapp versprach schon mal zu kommen.

© SZ vom 30.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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