Visionärin:Eine Kämpferin für den Frieden

Lesezeit: 2 min

Gedenken an Petra Kelly: Leo Klotz (Petra-Kelly-Stiftung), Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, Kelsang Gyaltsen, Jutta Radojkovic, Susanne Günther und Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (v. l.). (Foto: Marco Einfeldt)

Freisinger Tibettage erinnern bei einer Gedenkfeier an die frühere Aktivistin und Grünen-Politikerin Petra Kelly

Petra Kelly, Gründungsmitglied der Grünen, wäre am Mittwoch 70 Jahre alt geworden. Die Aktivistin, die sich für Frieden, Umwelt, Frauen- und Menschenrechte einsetzte, gilt als Symbolfigur der grünen Bewegung weltweit. Was weniger Menschen wissen: Von 1987 bis 1990 war sie Bundestagsabgeordnete für Freising, Erding und Pfaffenhofen. In Freising begründete sie auch eine der ersten Tibet-Unterstützergruppen Deutschlands. Kelly starb 1992 im Alter von nur 44 Jahren unter nie ganz geklärten Umständen, sie war von ihrem Lebensgefährten erschossen worden.

Zu einer Gedenkfeier in Freising kam am Mittwoch auch Grünen-Politikerin Claudia Roth. Während alle anderen in ihren Begrüßungsworten über das politische Erbe Petra Kellys sprachen oder die Situation in Tibet beklagten, nutzte Roth die Gelegenheit, um hervorzuheben, dass es nicht ihre Partei sei, die die Schuld am Scheitern der Sondierungsverhandlungen in Berlin trage. "Gleichzeitig bin ich aber froh, nach diesen Wochen mal einen schönen Abend verbringen und ein bisschen Ruhe und Frieden genießen zu können", sagte sie. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher betonte, dass Roth als Vizepräsidentin des Bundestages hier sei. "Wir wollen Parteipolitik soweit als möglich aus dem Rathaus heraushalten." Den Empfang im großen Sitzungssaal "haben wir erst zugesagt, als klar war, dass Roth vorerst auch weiterhin die Funktion der Vizepräsidentin erfüllen wird." Später am Abend im Hofbrauhauskeller hing hinter dem Rednerpult dann ein Plakat der Grünen. "Dass ich vor so einem Plakat sprechen darf, ist für mich auch ein erstes Mal", sagte der Politiker der "Freisinger Mitte" und erntete damit einen Lacher.

Die Gedenkfeier war die letzte Veranstaltung der diesjährigen Tibettage. Kelly setzte sich sowohl in Freising als auch auf Bundesebene für die von China annektierte Region ein. Kelsang Gyaltsen, ehemaliger Sondergesandter des Dalai Lama für Europa, war gekommen, um für die Solidarität mit seinem Volk zu danken. Der Saal war voll. Die meisten waren aber vor allem wegen Petra Kelly gekommen, die für sie noch immer für die ursprüngliche Grünenbewegung steht. "Damals saßen im Bundestag lauter Männer in grauen Anzügen. Und dann kamen die Grünen daher mit ihren Strickpullis und Turnschuhen", erzählt Claudie Reiter. "Das war gerade zur Zeit meiner Politisierung etwas Neues und Frisches." Einige, die Kelly kannten, zeichneten das Bild einer besessenen, aber auch zerbrechlichen Frau. "Für ihre Mitarbeiter war Kelly eine Zumutung", erzählte Frieder Wolf, ihr ehemaliger wissenschaftlicher Referent. "Sie legte ein Tempo vor, mit dem andere nicht mithalten konnten."

In vielerlei Hinsicht war Kelly eine Visionärin. Sie dachte global in einer Welt, die vom Kalten Krieg geprägt war, und betrieb weltweite Öffentlichkeitsarbeit in einer Zeit, als Internet noch ein Fremdwort war. "Hätte sie sich das heutige Europa so vorgestellt?", fragte Roth. "Ihr idealer Platz", meinte Wolf, "wäre jedenfalls das Europaparlament gewesen."

© SZ vom 01.12.2017 / luhe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: