Verschiedene Ansichten:Streit ums Erbe vor Gericht

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Lebensgefährtin überweist­ 51 000 Euro auf ihr eigenes Konto

Von Alexander Kappen, Freising/Langenbach

Es klingt nach einem Klassiker: Ein Mann stirbt, seine Lebensgefährtin bekommt, beziehungsweise nimmt sich sein Geld - und die Erben finden das alles andere als lustig. Am Freisinger Amtsgericht muss sich jetzt eine 60-jährige Frau aus Hamburg verantworten, die im Oktober 2016 nach dem Tod ihres in Langenbach wohnenden Lebensgefährten von dessen Konto, für das sie eine Vollmacht hatte, 51 000 Euro auf ihr eigenes überwiesen hat. Das sei mit ihrem Freund zu Lebzeiten so vereinbart gewesen, beteuerte die Angeklagte am ersten Verhandlungstag. Die beiden Schwestern des Verstorbenen sehen sich um ihr Erbe betrogen.

Die Angeklagte, die früher in einer Bank arbeitete, ließ sich nach ihren Angaben in Absprache mit ihrem Lebensgefährten in den Vorruhestand versetzen. Der Plan war, künftig mit ihm zusammen dessen Alm am Wallberg bei Tegernsee zu bewirtschaften. "Unser Leben war total im Umbruch, wir wollten immer ein halbes Jahr auf der Alm verbringen und die restliche Zeit reisen", erzählte die 60-Jährige. Es sei der Wunsch ihres Freundes gewesen, "dass wir die Alm gemeinsam betreiben". Da sie dafür vorzeitig in Ruhestand gehen musste, habe er ihr eine Ausgleichszahlung zugesichert. In einem Fachmagazin machte sich der Lebensgefährte schlau und errechnete so einen Betrag von 51 000 Euro, der der Angeklagten durch den Vorruhestand entgeht. So berichtete sie es in der Verhandlung.

Ein Bekannter der Angeklagten bestätigte diese Version im Gericht. Ein konkreter Betrag sei ihm gegenüber nicht genannt worden, "aber mir war klar, dass es sich um eine größere Summe handelt", sagte der 47-Jährige. Der Verstorbene habe ihm persönlich erzählt, er wolle, dass die Angeklagte in Vorruhestand gehe und mit ihm die Alm bewirtschafte. "Da sie dadurch wirtschaftliche Abstriche hat, war ihm wichtig, dass sie von ihm einen finanziellen Ausgleich bekommt - und zwar alles in einer Summe."

Der Deal war der Angeklagten zufolge: Sie unterschreibt den Vorruhestandsvertrag und bekommt dann das Geld. Am 28. September 2016 leistete sie die zugesagte Unterschrift. Ihr Lebensgefährte habe ihr daraufhin gesagt, das Geld sei nun auf seinem Konto, sie könne es sich nehmen, berichtete die Frau in der Verhandlung. Am 9. Oktober starb der Lebensgefährte. Am 17. Oktober überwies die 60-Jährige die 51 000 Euro laut Anklage auf ihr Konto.

Der Knackpunkt ist, dass der Betrag von einem Tagesgeldkonto des Verstorbenen bei einer anderen Bank zuvor erst auf das Konto überwiesen worden war, auf das die Angeklagte Zugriff hatte. Für das Tagesgeldkonto hatte sie keine Vollmacht. Die Überweisung habe ihr Lebensgefährte per Onlinebanking noch selbst vorgenommen oder womöglich als Terminüberweisung für einen späteren Zeitpunkt in Auftrag gegeben, so die 60-Jährige.

Eine Schwester des Verstobenen berichtete, sie habe eine Bestätigung von der Bank bekommen, dass das Geld erst am Abend des 17. Oktober vom Tagesgeld- auf das andere Konto überwiesen worden sei. "Nach einem Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Bank war mir klar, dass die Überweisung an diesem Tag vorgenommen wurde und nicht vorher schon eine Zeit lang da gelegen ist", sagte die 65-Jährige als Zeugin aus.

Nun gilt es zu klären, ob die Angeklagte die Überweisung vom Tagesgeldkonto womöglich vom Laptop des Verstorbenen aus noch vorgenommen hat, bevor sie dieses mit anderen persönlichen Gegenständen der Schwester zukommen ließ. Der Bekannte der Angeklagten berichtete, den Laptop am 17. Oktober vormittags an die Schwester übergeben zu haben. Diese war sich sicher, die Übergabe habe erst am 18. Oktober stattgefunden.

Um den genauen Zeitpunkt des Überweisungsauftrags feststellen zu können, sollen nun bei der Bank Nachermittlungen angestellt werden. Richterin Tanja Weihönig setzte die Verhandlung deshalb vorerst aus.

© SZ vom 21.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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