Verhandlung am Landshuter Landgericht:Halsbrecherische Manöver auf der Autobahn

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Eine riskante Verfolgungsjagd endet auf einem Acker bei Dietersheim. Zwei Männer stehen dafür jetzt vor Gericht

Von Peter Becker, Landshut/Eching

Stoff für ein Roadmovie kann die Verfolgungsjagd hergeben, die sich zwei Männer aus Halle an der Saale im März mit der Polizei geliefert haben. Diese ist derzeit Gegenstand einer Verhandlung am Landshuter Landgericht. Den 31- und 32-jährigen Angeklagten werden wegen ihrer riskanten Fahrmanöver unter anderem gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr und Angriffe gegen Polizeibeamte vorgeworfen. Ihre Flucht endete auf einem Acker bei Dietersheim.

Der Verfolgungsjagd war ein Autodiebstahl in Merseburg vorangegangen. Eine Frau hatte einen Autoschlüssel verloren, den einer der beiden Beschuldigten fand. Wer, ist bislang unklar. Der 32-Jährige bestritt zum Prozessauftakt über seine Rechtsanwältin Ilka Sander, den Wagen gestohlen zu haben. Sein Bekannter sei mit dem blauen Kia zu dem Lokal gekommen, in dem er gerade mit seiner Freundin frühstückte. Das Trio beschloss, eine Spritztour in den Schwarzwald zu unternehmen. Beide Angeklagten haben keinen Führerschein. Die Nächte zuvor wollen sie mit Fahrten mit dem Auto und dem Konsum von Alkohol und Drogen verbracht haben. Der 31-jährige Beschuldigte ließ über seinen Verteidiger Patrick Schladt erklären, sein Freund habe die Schlüssel zu dem Wagen von Anfang an gehabt und sei die ganze Zeit über gefahren.

Bei Bayreuth erfasste eine automatische Kennzeichenanlage das Nummernschild des Kia, der mittlerweile zur Fahndung ausgeschrieben war. Seine Halterin hatte den Diebstahl des Wagens entdeckt. "Ich hatte fast einen Herzstillstand, als ich die Polizei sah", sagte der 31-Jährige vor Gericht. Bei Bayreuth begann die mehr als 200 Kilometer lange Hatz über die Autobahn A 9 bis zur Ausfahrt Garching-Süd.

Ein halbstündiges Video, aufgenommen von einem Polizeiauto, dokumentiert die Verfolgungsjagd ab Allersberg in Mittelfranken. Darauf ist zu sehen, wie der Fahrer des Kia mit halsbrecherischen Manövern andere Verkehrsteilnehmer zum Bremsen zwingt, sich vor diese drängt oder auf der Standspur mit 180 Stundenkilometern entlang rast. Dem 31-Jährigen wird vorgeworfen, auf dieser Strecke eine Suppendose, eine Türklinke und den Griff eines Mülleimers nach den Polizeiautos geworfen zu haben, wodurch diese erheblich beschädigt wurden.

Ab der Autobahnzufahrt Allershausen übernahm zusätzlich ein Hubschrauber die Verfolgung aus der Luft. Zum Glück für die Einsatzkräfte auf dem Boden, denn diese hatten zwischenzeitlich den Kontakt zum Fluchtwagen verloren. Der Fahrer war, wie auf einem zweiten Video zu sehen ist, durch Garchinger Wohngebiete gerast. Bei Dietersheim fuhr der Wagen, nachdem er Felder und Wiesen überquert hatte, zeitweilig auf einem Waldweg neben der Isar. An einem Feld feuerte ein Polizist einen Warnschuss und zwei weitere Schüsse ab, welche die Reifen des Wagens treffen sollten. Auf der weiteren Flucht rammte der Fahrer des Kia ein Polizeiauto und in der Folge einen Granitstein, wobei offenbar ein Reifen des Fluchtwagen beschädigt wurde. In einem Feld kam der Wagen schließlich zum Stehen. Auf dem Video ist zu sehen, wie sich der Fahrer und seine Begleiterin der Polizei stellen und auf den Boden legen. Der 32-Jährige wird nach kurzer Flucht gefasst und liegt ebenso auf dem Acker.

"Ein Wunder, dass nichts passiert ist", sagte Vorsitzender Ralph Reiter. Fast ein bisschen wie Anerkennung klang die Aussage eines als Zeugen aussagenden Polizisten. "Faszinierend, wie er immer wieder eine Lücke gefunden hat." Der 31-Jährige war von der Höllenfahrt weniger begeistert. Als die Schüsse fielen, sei sein Herz wieder still gestanden, sagte er. Erst durch einen Rumpler auf dem Feld sei es wieder angesprungen. Sein Freund sei erfahren in Verfolgungsjagden, sagte er. Er habe sich sogar gerühmt, mal einen Polizeiwagen in einen Graben abgedrängt zu haben. Der Prozess wird am 29. November fortgesetzt.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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