Verhandlung am Amtsgericht:Diebstahl im Morgengrauen

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Er gilt als "super" Mitarbeiter, doch dann entwendet ein Schichtleiter eines Neufahrner Logistikunternehmens in seiner Firma im großen Stil Material. Als Grund nennt er seine Spielsucht. Nun muss er knapp drei Jahre in Haft

Von Peter Becker, Freising/Neufahrn

Wie man sich doch in Menschen täuschen kann: Ein als vorbildlich geltender Schichtleiter hat seinem Arbeitgeber durch Diebstahl von Alu-Guss-Teilen erheblichen Schaden zugefügt. "Er war ein super Mann", sagte der am Freisinger Amtsgericht als Zeuge auftretende Standortleiter eines Logistikunternehmens im Neufahrner Gewerbegebiet. Er sei schockiert gewesen und habe zunächst nicht geglaubt, dass der Schichtleiter der Dieb sei. Das Schöffengericht verurteilte den 40-Jährigen aus dem Landkreis Ebersberg zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Sein gleichaltriger Kompagnon aus Deggendorf kam mit einer Bewährungsstrafe von acht Monaten davon.

Die Diebstähle ereigneten sich in der Zeitspanne von Oktober 2015 bis Anfang Juni 2016. Der Hauptbeschuldigte gab die Diebstähle zu, versuchte aber vieles zu beschönigen. Er entschuldigte sein Verhalten mit seiner Spielsucht, welcher er damals frönte. Jetzt sei damit Schluss beteuerte er, denn er wolle mehr Zeit mit seinem Sohn verbringen und seine Lebensgefährtin habe gedroht, ihn zu verlassen.

Beim Diebesgut handelt es sich überwiegend um Rohlinge für Zylinderköpfe aus Alu-Guss. Der Angeklagte hatte dies zum Teil tonnenweise gestohlen und bei einem Schrotthändler verhökert. Pro Kilo bekam er einen Euro.

Auf diese Weise verdiente er sich durch den Diebstahl etwa 174 000 Euro. Dem Unternehmen entstand ein Schaden von 200 000 Euro. Der Standortleiter sagte, dass das Unternehmen irgendwann "einen Materialschwund" festgestellt habe. Zuerst sei ein Fehler im elektronischen Erfassungssystem vermutet worden. Als die Verluste einen größeren Umfang annahmen, schaltete die Versicherung des Unternehmens ein privates Sicherheitsunternehmen ein. Auffällig war, dass sich bei einer Überprüfung herausgestellt hatte, dass es ausgerechnet in den zwei Wochen keinen Diebstahl gab, in denen der Angeklagte im Urlaub war.

Die Detektive legten sich auf die Lauer. In der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni des vergangenen Jahres war es dann soweit: Ein Kleinlaster fuhr auf das Betriebsgelände und stand dort ein paar Stunden. Der angeklagte Schichtleiter musste dem Wachpersonal die Anweisung gegeben haben, den Wagen passieren zu lassen. Dazu war er befugt. In den frühen Morgenstunden des 1. Juni verließ der Lastwagen das Gelände. Der Fahrer, der Mitangeklagte, steuerte einen Parkplatz an, offenbar vor einer Spielothek. Die Detektive, die den Wagen observiert hatten, riefen die Polizei. Der Fahrer hatte sich schlafen gelegt und wurde unsanft aus seinen Träumen gerissen. Vor Gericht gab er nichts zu. Er habe nicht gewusst, dass es sich bei der nächtlichen Fahrt um einen Diebstahl gehandelt habe. Er habe nur an seine rheumakranke Tochter gedacht, sagte er und strapazierte damit die Geduld des Vorsitzenden Richters Manfred Kastlmeier und der Staatsanwältin erheblich. Für die Fahrt sollte er 300 Euro erhalten, für eine weitere waren ihm 500 Euro zugesagt worden.

Das Schöffengericht ist von der Schuld der beiden Angeklagten überzeugt. Der Rädelsführer muss daher für knapp drei Jahre hinter Gitter. Da half auch ein Geständnis nicht. Sein Vorstrafenregister ist zu lang, darin gibt es einschlägige Verurteilungen. Der Verteidiger des Mitangeklagten verlangte für seinen Mandanten einen Freispruch. Er habe nichts von dem Diebstahl gewusst und man könne ihm nichts nachweisen. Das Schöffengericht tat ihm den Gefallen nicht und verurteilte den Fahrer zu acht Monaten auf Bewährung. Auch er ist vorbestraft, allerdings nicht einschlägig, sondern wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz.

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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