Verdi kämpft weiter:"Unberechenbar und flexibel"

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In den Kindertagesstätten in Stadt und Landkreis Freising droht ein neuer Streik der Erzieherinnen. Bürgermeisterin Eva Bönig äußert Verständnis für beide Seiten und fordert Unterstützung durch Bund und Land

Von Gudrun Regelein, Freising

Erneut müssen sich Eltern - auch in Freising und im übrigen Landkreis - auf geschlossene Kita-Einrichtungen einstellen: Knapp 70 Prozent der Verdi-Mitglieder haben bei einer bundesweiten Befragung den Schlichterspruch von Ende Juni abgelehnt, der Lohnerhöhungen zwischen zwei und 4,5 Prozent empfohlen hat. Verdi hatte ein Plus von etwa zehn Prozent gefordert. Falls die Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen an diesem Donnerstag nun nicht zu den von Verdi geforderten "substanziellen Verbesserungen" bereit sind, will die Gewerkschaft erneut zu Streiks nach den Sommerferien aufrufen: Dieses Mal aber, wie Verdi-Geschäftsführer für München und Region, Heinrich Birner, ankündigte, "unberechenbarer und flexibler".

Dass nach einem mehrwöchigen Streik im Frühsommer die Kitas in Freising und im Landkreis nun erneut geschlossen bleiben, befürchtet auch Freisings Bürgermeisterin Eva Bönig - denn die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände will kein neues Angebot machen. "Wenn sich die Tarifparteien nicht bewegen, dann droht tatsächlich ein erneuter Streik", sagt Bönig. Sie selber befinde sich in dieser Situation in einem persönlichen Zwiespalt: Zum einen vertrete sie als Politikerin die Interessen der Stadt Freising, zum anderen sei sie, die viele Jahre lang als Kindergartenleiterin gearbeitet hat, aktuell beurlaubt, aber weiter im Berufsverband. Sie habe volles Verständnis für die Forderungen der Erzieherinnen, betont Bönig.

Diese müssten einer höheren Gruppierung zugeordnet werden und ihr Beruf eine bessere gesellschaftliche Anerkennung erfahren. Gerade, da sich das Berufsbild stark verändert habe und die Aufgaben der Erzieherinnen - beispielsweise durch die geforderte Sprachförderung, durch Inklusionskinder oder zunehmend auch durch Kinder von Asylbewerbern - immer mehr würden. Als Politikerin aber sehe sie, dass die Kommunen den finanziellen Mehraufwand durch die Lohnerhöhung nicht alleine tragen könnten. "Da wäre eine Unterstützung durch Bund und Land erforderlich", fordert die Bürgermeisterin.

Um die drohenden Streiks, die laut Verdi-Chef Frank Bsirske frühestens ab Ende September als "unkonventionelle Aktionen" stattfinden werden, noch verhindern zu können, müssten sich die Tarifparteien möglichst schnell aufeinander zubewegen, sagt Eva Bönig. Diese Einigung könne allerdings nur eine Zwischenlösung sein: "Die eigentliche Lösung muss auf der Ebene Bund und Länder gefunden werden."

Dass die Arbeit mit Menschen besser bezahlt werden müsse, hat Verdi-Geschäftsführer Birner bereits bei einer großen Demonstration in Freising Mitte Mai gefordert. An dieser hatten sich über 600 Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen und Sozialpädagoginnen aus der Stadt, dem Landkreis Freising und aus München beteiligt. Schon lange seien Erzieherinnen keine "Basteltanten" mehr, sondern erfüllten einen frühkindlichen Bildungsauftrag. Deren Einkommen müsse sich mit dem von Grundschullehrern messen lassen, hat Birner gefordert.

Für Andrea Hilt, Leiterin des Freisinger Kindergartens "Lerchennest" in Freising, die sich auch an der Demonstration beteiligte, ist eine finanzielle Aufwertung ein "absolutes Muss". Es könne nicht sein, dass Kinderpflegerinnen oder Erzieherinnen neben der Arbeit im Kindergarten noch zusätzlich arbeiten gehen müssten.

Dass in Freising die Streikbereitschaft groß ist, zeigte sich auch daran, dass sich alle 15 städtische Kitas an der Arbeitsniederlegung beteiligten - teilweise aber nur mit einem Schließungstag. Zehn der Einrichtungen hatten damals eine Notgruppe eingerichtet. Der mehrwöchige Streik wurde erst Anfang Juni beendet.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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