Ungewisse Zukunft:Das unrentable Geschäft mit der Milch

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Johann Felsl und Tochter Theresia mögen ihre Arbeit, auch wenn die Einnahmen aus der Milch derzeit nicht einmal die Kosten decken. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Landwirte bekommen im Schnitt weniger als 27 Cent pro Liter - das reicht nicht einmal, um die Kosten zu decken. Ans Aufhören denkt Familie Felsl aus Kirchamper dennoch nicht

Von Gudrun Regelein, Freising

Die bayerischen Milchbauern stecken in einer tiefen Krise: Im August ist der Milchpreis, der von den Molkereien gezahlt wird, erneut gesunken. Mittlerweile liegt er im Durchschnitt bei weniger als 27 Cent pro Liter - das sind mindestens 13 Cent weniger, als die Bauern erwirtschaften müssten, damit sich ihr Hof rentiert, sagt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). "Ein Milchbauer kann rechnen, wie er will, derzeit ist er immer im Minus", bestätigt Georg Schmid, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) im Landkreis Freising. Als Folge würden immer mehr Milchbauern aufgeben.

Im Landkreis Freising sei die Entwicklung bereits in den vergangenen 15 Jahren extrem gewesen, die Zahl der Milchbetriebe habe sich halbiert. Gab es 2000 noch 520 Höfe, so seien es derzeit nur noch 260. Auch die Zahl der Milchkühe sank von 13 000 im Jahr 2000 auf 8000. Der Schwund habe viele Ursachen, sagt Schmid, aber: "Der Sargnagel für einen Betrieb ist sicherlich die schwierige wirtschaftliche Situation."

In Kirchamper bei Moosburg führt Johann Felsl gemeinsam mit seiner Frau Martina und seiner Tochter Theresia einen Milchviehbetrieb. 45 Kühe stehen in dem Stall, etwa 900 Liter Milch liefern diese täglich, die von der Molkerei in Moosburg abgenommen werden. 1983 hat Felsl mit seiner Frau den Familienbetrieb von seinen Schwiegereltern übernommen. Auch damals, als die Milchkontingentierung eingeführt wurde, sei es nicht einfach gewesen, erzählt er. Dennoch habe man investiert und sich vergrößert, "das ist auch die richtige Entscheidung gewesen". Der Milchpreis sei dann eine Zeitlang "super" gewesen, 80 Pfennig pro Liter habe man bekommen. "Davon können wir heute nur träumen." Derzeit sei der Betrieb ein Minusgeschäft. "Eigentlich müssten wir 50 Cent aufwärts pro Liter bekommen, das wäre ein vernünftiger Preis." Aktuell seien es aber nur 28 Cent, klagt Felsl.

Seine Tochter, die 25-jährige Theresia, will den Hof trotzdem übernehmen. "In der Landwirtschaft mache ich auf jeden Fall weiter. Ich glaube, dass es das Richtige für mich ist", sagt sie. Eigentlich sei sie Krankenschwester, habe sich dann aber anders entschieden und eine Lehre als Landwirtin gemacht. Wie es aber in Zukunft für sie angesichts der schwierigen Lage für Milchbauern weitergehen wird, wisse sie noch nicht - "das ist eine langfristige Entscheidung". Die Zukunftsaussichten zumindest seien schlecht: Der Stall sei schon älter und eigentlich müsste der Betrieb erweitert werden, um rentabel zu sein, sagt sie. Große Investitionen zu machen, sei derzeit aber gewagt, es sei schwierig, für die Zukunft zu planen.

Gerade dieses Jahr sei für die Milchbauern besonders problematisch, berichtet ihr Vater. Nicht nur wegen des niedrigen Milchpreises. Auch das Futter für die Kühe, das selber produziert wird, sei wegen des extremen heißen Wetters knapp. "Mindestens zwei Schnitte fallen aus." Zudem sei seit dem Wegfall der Milchquote im vergangenen Jahr zu viel Milch auf dem Markt, hinzu kämen Exportprobleme, zählt Felsl auf. China kaufe wegen seiner wirtschaftlichen Probleme weniger ein und auch die im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen gegen Russland machten sich bemerkbar. Dann noch die Preispolitik der Discounter, die immer wieder die Preise für Milchprodukte senkten - als Folge zahlten die Molkereien weniger an die Bauern. Das sei fatal, denn "eigentlich sollte der Preis doch so sein, dass wir davon leben können", sagt Felsl. Hilfe von der Politik erwartet er sich nicht mehr. "Die Lebensmittelpreise werden doch bewusst niedrig gehalten", kritisiert er. Die 500 Millionen Euro, die die EU-Kommission den Milchbauern als Unterstützung zahlen wolle, sei auch nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein", das löse deren Probleme nicht.

Theresia Felsl ist Anfang September dennoch zu einer Großkundgebung der Milchbauern nach München gefahren, um auf die Misere aufmerksam zu machen. Eigentlich, so sagt sie, sei die Milch doch ein sehr wertvolles Lebensmittel, das man schätzen müsse.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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