Unbekannte Schätze auf dem Domberg:Verborgen und vergessen

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Neben Diözesanmuseum und Kardinal Döpfner-Haus zerbröseln in versteckten Räumen und Winkeln Kulturgüter, für die sich niemand zuständig fühlt. Das soll nun anders werden

Von Katharina Aurich, Freising

Während für die Generalsanierung des Diözesanmuseums und des Kardinal Döpfner-Hauses auf dem Freisinger Domberg in den kommenden Jahren Millionen von Euro ausgegeben werden sollen, zerfallen und zerbröseln unwiederbringliche Schätze und Zeugnisse der Vergangenheit im sogenannten "Domumgriff". Dazu gehören der Nordeingang, die Benediktuskirche, die Epitaphe - aufwendig gestaltete Grabplatten aus Stein, die in die Wände des Kreuzgangs eingelassen die Geschichte der Domherren erzählen - sowie unzählige Winkel, Räume und Gärten. Doch Domrektor Monsignore Rainer Boeck will dem Verfall nicht länger tatenlos zusehen.

Leider kenne kaum jemand die Schätze, sie seien nicht im Bewusstsein der Bürger, sondern vergessen, bedauert der Geistliche. Deshalb führte er am Samstag gemeinsam mit Freisings Stadtarchivar Florian Notter und dem Dombergkenner Michael Lutzenberger rund 40 Mitglieder des Vereins für Stadtheimatpflege durch Portale, den Kreuzgang, schmale Treppen hinauf und in einen verwunschenen, verwilderten Garten. Die Führung solle ein Anfang sein, noch viel mehr Öffentlichkeit zu erzeugen und schließlich auch Geldgeber für den Erhalt dieser "wunderbaren Orte" zu finden, sagte Boeck. "Wir wollen Stimmung und Bewusstsein für diese herrlichen Dinge aufbauen."

Normalerweise verschlossen...

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(Foto: Marco Einfeldt)

...im Rahmen der Führung aber zugänglich:

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(Foto: Marco Einfeldt)

Domrektor Rainer Böck hat Interessierte durch ganz besondere Räume auf dem Domberg geführt.

Aber wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass sich offensichtlich niemand für diese Kulturgüter zuständig fühlt? Für das Ensemble auf dem Domberg gebe es verschiedene Zuständigkeiten, die sich aus der Säkularisation entwickelt hätten, schilderte Boeck das Dilemma. Sowohl die Domkirchenstiftung als auch das staatliche Bauamt hätten hier das Sagen. "Es geht hin und her, was muss die Kirche, was muss der Staat finanzieren, jeder hält sich heraus." Typisches Beispiel sei die dringend notwendige Sanierung der Krypta. Dafür habe das Bauamt Lose für die Handwerker ausgeschrieben, aber "es dauert ewig, bis etwas voran geht", schildert Boeck. Doch je kaputter die Kunstschätze sind, umso aufwendiger wird ihre Wiederherstellung.

Allein das Nordportal, durch dessen gotisches Deckengewölbe sich hässliche Risse ziehen, beflügelt die Vorstellungskraft. In früheren Zeiten war dies der Haupteingang für die Freisinger Bürger in den Dom. "Wir möchten aus diesem völlig vergessenem Raum wieder einen wunderbaren Eingangsort machen", versprach Boeck, während er nach oben auf die Stuckarbeiten zeigte. Weiter ging es in den Kreuzgang. Hier solle der Besucher spüren: "Ich trete ein in die Geschichte des Dombergs", schwärmte Boeck.

Führte durch die Räume: Domrektor Rainer Böck. (Foto: Marco Einfeldt)

An den Wänden erzählen alte Epitaphe von den Domherren, an manchen Stellen haben sich Teile gelöst, sie liegen auf den alten Steinfliesen als unübersehbare Mahnung, wie der Verfall voran geht. Daneben ist die Benediktuskirche mit Brettern verschlossen. Ein kunstvoll gestaltetes Gitter droht herauszufallen. Die Kirche befinde sich im Besitz des Staates, erklärte Lutzenberger bedauernd. Muffig feuchte Luft erwartete die Besucher in der sogenannten Schreibwerkstatt, wo Museumspädagogen Kurse für Kinder und Jugendliche anbieten. Der Raum sei ursprünglich wesentlich größer gewesen, beschrieb Notter. Deshalb sollte man die Zwischenwand heraus nehmen, so dass sich dem Betrachter wieder das ganze gotische Gewölbe darbiete.

Nach den dunklen Räumen genossen die Besucher die Sonne im verwilderten Terrassengarten, der die Fantasie beflügelte. "Ein idealer Standort für ein kleines Domcafé" - da waren sich die Gäste einig. Auf einer schmalen Steintreppe ging es in die Obere Sakristei und den Besuchern stockte der Atem. Mächtige Holzschränke aus der Renaissance reihen sich an die Wände des gotischen Raumes. Darin werden seit Jahrhunderten alte, wertvolle Priestergewänder, Kerzenständer und unzählige Schätze der katholischen Liturgie aufbewahrt. Notter beschrieb anschaulich, wie man durch all diese Orte eine Führungslinie gestalten könnte, um "von einem wunderbaren Raum in den nächsten den Besuchern hochspannend und geschichtsdidaktisch aufbereitet den einstmaligen Bischofssitz zu erklären".

Künftig werden Führungen zu den verborgenen Räumen auf dem Domberg angeboten und Sponsoren gesucht. Ansprechpartner sind der Verein für Stadtheimatpflege (0 81 61/9 10 91 27, sowie Domrektor Monsignore Boeck (18 10).

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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