Umschlagplatz für Schmuggelware:Steueroase Freising

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Freising war früher eine Steueroase. Wie und warum das möglich war, erklärte Michael Nadler in seinem Vortrag beim Historischen Verein Freising.

Kai Florian von Häfen

Freising - Wer an Steueroasen denkt, der meint vermutlich Lichtenstein, Luxemburg oder Monaco. Der ein oder andere vielleicht an Südseeinseln und steuerfreie Cocktails am Strand. Aber sicher werden die meisten nicht wissen, wie nah das Steuerparadies in Wirklichkeit ist. Oder gewesen ist. Denn man muss keineswegs das Land verlassen um eine Oase zu erreichen, nicht einmal den Landkreis, denn zwischen 1669 und 1802 war Freising selbst eine Steueroase. Wie und warum das möglich war, erklärte Michael Nadler in seinem Vortrag beim Historischen Verein Freising.

Zugegeben, es handelt sich nur um die Besteuerung von Tabak, aber auch damit konnten die bayerischen Kurfürsten geärgert werden. Als der Tabak nach Bayern kam, waren die Herrschenden allerdings gar nicht von dem "grausamen Unkrauth" angetan und verboten es kurzerhand. Anders als bei dem heutigen Rauchverbot ging es dabei nicht um Nichtraucherschutz, auch war der Kurfürst nicht besorgt um die Gesundheit seiner Untertanen. Er fand schlicht und einfach, dass sie ihr Geld verschwenden. Und zu allem Überfluss auch noch an eine Ware, die nicht einmal in Bayern hergestellt war. So ganz kann man dem Herrscherhaus die Angst um die Sicherheit seiner Bürger allerdings nicht abschlagen, offiziell wurde das Verbot zumindest mit der hohen Brandgefahr begründet.

So verschwenderisch die Untertanen auch mit ihrem Geld umgegangen sein mögen, auch am Hof wurde nicht streng gespart. Geldnöte führten 1669 dazu, dass das 17 Jahre alte Verbot aufgehoben und eine Tabaksteuer erhoben wurde. Wenn das Volk sich schon an Waren aus dem Ausland erfreut, dann will man jedenfalls mitverdienen. Und das nicht zu knapp. Da aber das Kurfürstentum Bayern, wie das gesamte damalige deutsche Reich, einem Flickenteppich glich, hatten es Schmuggler nicht schwer, Wege zu finden, den Tabak steuerfrei nach Bayern zu schaffen. Ihr wichtigster Umschlagplatz war lange Zeit das Hochstift Freising.

Das Hochstift bestand damals aus vier Teilgebieten. Freising, Ismaning, Burgrain und Werdenfels. Besonders die Grafschaft Werdenfels war unter den Schmugglern als ein fast perfekter Umschlagplatz bekannt. Die Gebirgspfade dorthin waren schwer zu kontrollieren und so kamen dort viele Waren aus den Ländern südlich der Alpen an und wurden von dort weiter geschmuggelt. In den Jahren nach der Einführung der Steuer, dem Tabakaufschlag, war aber ganz Freising eine Steueroase. Der Fürstbischof erhob selbst keine Abgabe und der bayerische Kurfürst hatte keinen Zugriff auf Transitgüter, die nach Freising geliefert wurden. Also Güter, die aus dem Ausland, in das Ausland gebracht und dabei über bayerisches Staatsgebiet befördert wurden. Wie zum Beispiel Tabak von Nürnberg nach Freising. Dass der Tabak dabei nicht nur im Hochstift blieb, sondern über die Landesgrenzen nach Bayern verkauft wurde, liegt auf der Hand. Genauso wie der Ärger des bayerischen Kurfürsten darüber.

Von 1676 an wollte auch der Fürstbischof mitverdienen. Es wurde ein Vertrag mit dem, inzwischen errichteten, bayerischen Tabakmonopol abgeschlossen. Dieser sicherte dem Hochstift einen Pauschalbetrag zu. Das brachte für die nächsten Jahre zwar verlässliche Einnahmen, allerdings blieb dieser bei jeder Vertragserneuerung gleich oder schrumpfte, während sich die Einnahmen der Kurfürsten versechsfachten.

In den folgenden Jahrzehnten folgte ein Auf und Ab in der Tabakbesteuerung im Hochstift. Brachen Monopole zusammen, war der Tabak in Freising bis zu einem Drittel günstiger als in Bayern. Schloss sich das Hochstift den Monopolen an, wurden Pauschalen bezogen. Nicht immer mussten Monopole zusammenbrechen, 1736 verweigerte der Fürstbischof einen Vertrag aus konfessionellen Gründen. Die Befürchtung war, dass durch das protestantische Tabakmonopol calvinistische Gedanken nach Freising gelangen würden. Ab 1759 galt auch für Freising das bayerische Zollrecht und auch als das Hochstift 1788 formell für kurze Zeit aus dem Zollverband geworfen wird, gab es keine Änderungen mehr in der Handhabe.Im Zuge der Säkularisierung ist es 1802 dann vorbei mit den Zeiten Freisings als Steueroase.

© SZ vom 04.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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