Überfall in der Nacht:Räuberische Erpressung

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Zwei junge Männer überfallen in einer Nacht zwei Tankstellen. Das Gericht verurteilt beide zu mehrjährigen Haftstrafen

Von Alexander Kappen, Landshut/Moosburg

Eine Winternacht im Januar. Ein maskierter Mann betritt gegen 1 Uhr die Aral-Tankstelle in Moosburg, bedroht die Kassiererin mit einer Pistole und fordert Geld. Die Frau ergreift umgehend die Flucht und verschwindet durchs Büro. Der Täter zieht ohne Beute ab und fährt mit seinem Komplizen, der in der Nähe im Fluchtauto wartet, weiter nach Altdorf im Kreis Landshut. Dort überfallen sie eineinhalb Stunden später die örtliche OMV-Tankstelle. Diesmal haben sie etwas mehr Erfolg und erbeuten rund 633 Euro. Die Kassiererin, eine 26-jährige Moosburgerin, leidet bis heute unter Schlaflosigkeit und Angstzuständen.

Am Mittwoch mussten die beiden geständigen Täter, ein 20-jähriger aus Neufahrn in Niederbayern und sein 22-jähriger Kumpel aus Ergoldsbach, sich vor dem Landshuter Landgericht verantworten. Die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Oliver Dopheide verurteilte sie wegen schwerer räuberischer Erpressung und des Versuchs in einem weiteren Fall unter Einbeziehung früherer Urteile zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten beziehungsweise einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten.

Der 20-Jährige stand zur Tatzeit unter offener Bewährung, nachdem er im November 2014 zu einem Jahr und acht Monaten verurteilt und erst im September vergangenen Jahres vorzeitig entlassen worden war. Beim ihm hatten sich hohe Gerichtskosten aus früheren Verfahren sowie andere Schulden angehäuft. Insgesamt an die 3000 Euro, sagte er am Mittwoch. Sogar der Gerichtsvollzieher sei schon vor der Tür gestanden. "Ich habe Angst gehabt, dass ich wieder ins Gefängnis muss, wenn ich nicht zahle", erzählte er dem Gericht. Also musste er sich Geld beschaffen. Das, was er mit seinem Job verdiente, gab er beim Ausgehen aus und steckte es in Drogen und Alkohol. Also kam ihm die Idee, eine Tankstelle zu überfallen.

Dafür brauchte er eine Waffe. Sein 22-jähriger Freund, mit dem er ein paar Wochen vor der Tat auf schon einmal über seine Geldprobleme und einen möglichen Überfall geredet hatte, erinnerte sich an ein Gaspistole in der Wohnung seiner Eltern. Er bot an, die ungeladene Waffe zu holen und beim Überfall zu helfen. Aus Freundschaft, wie vor Gericht sagte. Während der 20-Jährige ohne Abschluss von der Hauptschule abging und aus schwierigen Familienverhältnissen stammt, in denen Alkohol und Gewalt an der Tagesordnung waren, wuchs der 22-Jährige behütet auf und machte die Mittlere Reife. Danach brach er allerdings mehrere Ausbildungen ab. Auch kurz vor der Tatzeit. Neben der Waffe stellte er auch das Fluchtauto, war der Fahrer und hatte nach dem gescheiterten Überfallversuch in Moosburg die Idee, die Tankstelle in Altdorf auszurauben, in der er einst selbst gearbeitet hatte. Der 20-Jährige, der acht Vorstrafen hatte, seit Jahren mit Alkoholproblemen kämpft und auch am Tattag Marihuana, Kokain und Bier konsumierte, um sich Mut zu machen, war der Mann fürs Grobe.

Beide entschuldigten sich mit Briefen und in der Verhandlung persönlich bei den Tankstellen-Kassierinnen. Die eine steckte alles gut weg und machte nach dem Überfall in Moosburg sogar ihre Nachtschicht zu Ende. Die andere traut sich nun abends nicht mehr vor die Tür, wie sie mitgenommen sagte.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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