Teurer Schutz:Letzter Rückhalt

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Weil immer mehr Böden versiegelt werden und bei Gewittern oftmals große Regenmengen herunterprasseln, bauen zahlreiche Gemeinden Auffangbecken, um sich vor Hochwasser zu schützen

Von Katharina Aurich, Freising

Heftige Gewitter mit oftmals sintflutartigen Niederschlägen, die zunehmende Versiegelung der Landschaft und die Verdichtung landwirtschaftlicher Flächen zwingen Städte und Gemeinden, große Becken für die Aufnahme von Regenwasser zu bauen, um Überschwemmungen von Straßen und Kellern zu verhindern. Das Wasser, das als Starkregen auf die Erde prasselt und nicht versickern kann, ist inzwischen zu einem Problem geworden. Die Stadt Freising hat bereits im Dezember 2014 für 2,8 Millionen Euro ein Regenrückhaltebecken mit einem Fassungsvermögen von 2000 Kubikmeter an der Ecke Rotkreuz-/Holzgartenstraße in Betrieb genommen. Auch ländliche Gemeinden bauen an den Bächen mittlerweile solche Becken.

Das verursacht Kosten, bindet Verwaltungspersonal und hat Auswirkungen auf die Landschaft. Der Freistaat Bayern unterstützt die Kommunen: 65 Prozent der Bau- und 75 Prozent der Planungskosten werden übernommen, wie Christian Leeb, seit November neuer Leiter des Wasserwirtschaftsamtes München, berichtet. Für die fachliche Begutachtung der Becken werde in seinem Haus immer mehr Personal bereitgestellt, "wir durften unsere Mitarbeiter alle behalten, während in anderen Behörden abgebaut wird", schildert er.

Wie verbreitet der Bau von Regenrückhaltebecken inzwischen ist, macht die Übersicht des Landratsamts Freising deutlich, das solche Bauvorhaben genehmigt: Im Jahr 2017 wurden Anträge aus den Gemeinden Wang, Mauern, Paunzhausen, Zolling, Haag, Fahrenzhausen, Neufahrn, Nandlstadt und Kirchdorf bearbeitet, informiert Pressesprecher Robert Stangl. Auch in Kranzberg sind mehrere Becken geplant. Besonders aktiv in Sachen Hochwasserschutz ist zurzeit die Marktgemeinde Nandlstadt, im nächsten Jahr wird dort ein undichtes Regenrückhaltebecken saniert, zwei neue werden gebaut, Kostenpunkt 1,5 Millionen Euro.

Ähnlich ergeht es der Gemeinde Haag, die für die Erweiterung der Kläranlage ein neues Rückhaltebecken mit 500 Kubikmeter Fassungsvermögen im Marchenbachtal schaffen muss und entlang des Plörnbachs mehrere kleine Becken errichten wird. Denn am oberen Bachlauf fließt das Regenwasser aus großen landwirtschaftlichen Flächen in den normalerweise kleinen Bach ab. Die Böden können die Wassermengen bei starkem Regen nicht mehr aufnehmen, wie ein Gewässerentwicklungsplan, den die Gemeinde vor Jahren erstellen ließ, aufzeigt. Eine weitere Ursache für Hochwasser sei die Art der Gewitter, erläutert Wasserwirtschaftsamtsleiter Leeb. Denn oftmals zögen sie nicht mehr langsam über das Land, sondern stünden länger über einem Gebiet und regneten dort große Wassermengen ab. An kleineren Gewässern sei ein Becken die einzige Möglichkeit, die Wassermassen zurückzuhalten.

Die Freisinger Landschaftsarchitektin Angelika Ruhland, die im Landkreis Freising seit Jahren im Auftrag von Kommunen Gewässerentwicklungskonzepte erarbeitet, nennt aber nicht nur die Veränderung bei Gewittern als Ursache für Überflutungen. Auch der "Sauberkeitswahn" in den Ortschaften trage dazu bei, dass das Regenwasser auf den asphaltierten und gepflasterten Flächen nicht versickern könne, sondern in die Gullys und von dort in die Bäche ströme. Denn niemand möchte mehr, dass auf seinem Hof Pfützen stünden.

Ruhland plädiert dafür, begradigten, in ein Betonbett gezwängten Bächen wieder mehr Raum zu geben, sie zu renaturieren und Retentionsflächen zu schaffen, damit sie größere Wassermengen aufnehmen könnten. Einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz lieferten auch einige Landwirte, so Ruhlands Erfahrung, indem sie Erosion und Bodenverdichtung vorbeugten, damit Regenwasser versickern könne und nicht in einem Becken aufgehalten werden müsse.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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