Tanzstudio-Betreiberin Christina Ashton:"Schuhe aus, Freiheit pur"

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Um ihr eigenes Tanzstudio zu eröffnen, lehnte Christina Ashton ein Engagement beim Musical "Cats" ab. (Foto: Marco Einfeldt)

Seit knapp 30 Jahren betreibt Christina Ashton ein Tanzstudio in Freising. Um stets auf der Höhe der Zeit zu sein, greift sie aktuelle Trends auf oder lässt sich von Projekten in New York inspirieren

Interview von Clara Lipkowski, Freising

Auf der großen Bühne nachtanzen, was Choreografen vorgeben? Die Tänzerin Christina Ashton wollte lieber eigene Stücke kreieren und unterrichten. So stand die damals 25-Jährige nach der Ausbildung zur Berufstänzerin in Köln und mehreren Engagements vor der Entscheidung, wie es weitergehen soll in ihrem Tänzerinnenleben. Kurz darauf eröffnete sie in ihrer Heimatstadt Freising die "Tanzwerkstatt" und lehnte dafür ein vielversprechendes Engagement beim Musical "Cats" ab. Knapp 30 Jahre lang unterrichtet die Freisingerin mit britischen Wurzeln inzwischen. Zum Gespräch mit der SZ lädt sie in ihr Studio. Da gilt beim Hereinkommen: "Bitte Straßenschuhe aus" - schließlich sollen keine Steinchen im Tanzsaal stören. Hier geht alles ganz familiär zu. Da trottet schon mal Hündin Senta ums Eck und schaut mal kurz nach dem Rechten.

SZ: Frau Ashton, meistens ist es Dasselbe, erzählt man vom Tanzen als Freizeitsport, erntet man skeptische Gesichter und Kommentare. Man hört dann Sätze wie: "Tanzen? Wer geht denn heute noch Tanzen?"

Christina Ashton: Na, ganz viele. In meinem Studio tanzen alle Altersgruppen. Die Älteste ist momentan Anfang 70 und die Jüngsten sind Kinder im Alter von drei Jahren. Aber leider haben vor allem Erwachsene Berührungsängste mit dem Tanz. Sie sagen: "Ich kann ja gar nicht tanzen." Vielleicht nicht, aber lernen können sie's.

Hatten Sie Schwierigkeiten, ihr Angebot zu etablieren, als Sie in den 80er Jahren das Tanzstudio eröffnet haben?

Nein, das Studio ist von Anfang an gut angenommen worden, vor allem unter Studentinnen und Kindern. Viele, die damals angefangen haben, tanzen immer noch bei mir. Ich musste aber immer mit dem Trend gehen, Tanz unterliegt auch Modeerscheinungen. In den Achtzigern kam der Jazztanz auf, das war ein Novum, wurde aber durch Michael Jackson so berühmt, dass wir vier, fünf Kurse anboten. Heute sind es nur noch zwei. Durch die Trends halten wir das Angebot immer aktuell, alle paar Monate oder Jahre, je nachdem, biete ich etwas Neues an.

Wenn Sie unterrichten, was erfahren Sie über den Charakter der Tänzer?

Da ist immer die Frage, ob jemand etwas überhaupt an sich herankommen lässt, egal ob Musik, Bewegung oder Korrektur. Wenn Tänzer dazu bereit sind, sich mir zu öffnen, etwa wenn ich sie korrigiere, können sie schnell besser werden. Dadurch macht es natürlich allen mehr Spaß. Viel geht beim Tanzen ja auch über Blicke und Körpersprache, und es geht darum, etwas über Bewegungen auszudrücken, da ist der Schüler dem Lehrer wie ausgeliefert, das ist nicht für jeden etwas. Deswegen achte ich darauf, dass wir uns gegenseitig höflich und respektvoll behandeln. Wenn jemand eine Probestunde macht und sehr skeptisch ist, weiß ich manchmal schon: Der kommt nicht wieder.

Ist der Tanz kommerzieller geworden und nur noch auf Fitness aus und weniger auf künstlerischen Ausdruck?

Die Fitness ist natürlich ein Element des Tanzens, es geht aber auch darum, den Kopf frei zu bekommen, das ist vor allem bei Jugendlichen und Älteren der Fall. Sich mit der Musik auszudrücken, war und ist auch wichtig. In den momentan trendigen Tänzen, wie Breakdance oder Hip-Hop, gilt es vor allem unter Jüngeren, cool zu sein. Der Modern Dance oder der zeitgenössische Tanz ist ein bisschen das Gegengewicht dazu. Aber viele, auch Erwachsene, fangen noch mit Ballett an, natürlich, weil sie die Ästhetik mögen, aber eben auch, weil sie an den Rand ihrer Kräfte kommen und sich da richtig durchquälen wollen. Denn Ballett ist hartes Training.

Was genau ist denn Zeitgenössischer Tanz oder Modern Dance?

Die Amerikanerin Isadora Duncan war vor 100 Jahren die Revoluzzerin des Balletts. Nach dem Motto "Schuhe aus, Freiheit pur", hat sie den Modernen Tanz begründet. Während man beim Ballett sehr synchron und möglichst perfekt tanzt, liegt der Schwerpunkt beim Zeitgenössischen eher darauf, körpergerecht zu tanzen, ohne Schuhe und in natürlicheren und fließenderen Bewegungen, beispielsweise auch am Boden. Modern unterscheidet sich auch noch mal vom Jazztanz, in dem man isoliert tanzt, also sich die Arme anders bewegen als die Beine. Der Moderne Tanz ist ganzheitlich, also auf den gesamten Körper ausgelegt.

Wie erklären Sie sich, dass selten Männer und Jungen zum Tanzen kommen?

Jungs, die Ballett machen, werden in der Schule oft nicht so akzeptiert, wie beispielsweise solche, die Fußball spielen. Breakdance ist vielleicht noch cool, aber Ballett zu machen, dafür müssen Jungs schon Rückgrat haben. Erwachsene Männer, denke ich, gehen statt zum Tanzen lieber joggen oder ins Fitnessstudio, wahrscheinlich haben sie einfach nicht auf dem Schirm, dass Tanzen auch Sport ist.

Worauf achten Sie in Ihrem Studio besonders?

Mir ist wichtig, dass der Unterricht im Studio und die Aufführungen, die wir machen, nicht altbacken sind. Ich bilde mich fort, gerade war ich in New York City und habe mir verschiedene aktuelle Tanzprojekte angesehen. Man muss ja wissen, was es Neues gibt.

Ihr Studio läuft gut, haben Sie Pläne es zu vergrößern?

Nein, ich habe schon viele Lehrer und kann ein breites Tanzspektrum anbieten. Die Räumlichkeiten sind groß genug. Würde das Studio größer werden, könnte ich die jährlichen Aufführungen nicht mehr machen. Denn die kosten viel Geld und Einsatz. Die Eintrittskarten decken meist nicht die Organisationskosten. Aber vielleicht machen wir die Aufführungen bald häufiger, denn die Nachfrage dafür ist da.

© SZ vom 21.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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