Talente aus Freising:Randsportart Rhönradturnen

Lesezeit: 3 min

"Für einen Laien ist die Komplexität dieser Sportart auf den ersten Blick kaum zu erkennen und sehr schwer zu beurteilen", sagt die Freisinger Rhönrad-Sportlerin Stefanie Peisker. (Foto: privat)

Freising hat zwei erfolgreiche Rhönrad-Sportlerinnen hervorgebracht: Karina und Stefanie Peisker. Erstere ist im Vorjahr Weltmeisterin geworden und die 17-jährige Schwester Stefanie ist gerade dabei, sich dafür zu qualifizieren

Von Tobias Meindl, Freising

Das Rhönrad: Es ist schon ein etwas ungewöhnliches Sportgerät, welches Otto Feick 1925 in Schönau an der Brend im Landkreis Rhön-Grabfeld erfand. Auf zwei Stahlreifen, zwischen denen Sprossen, Griffe und Fußbretter befestigt sind, zeigen die Sportler in den verschiedenen Disziplinen Sprung Kür, Gerade Kür und Spirale Kür faszinierende Kunststücke. "Es ist einfach etwas ganz besonderes, nicht so Standard. Es verbindet turnerische Elemente wie Balance, Kraft, Ästhetik mit dem bewegten Rad", sagt die 17-jährige Rhönradturnerin Stefanie Peisker vom TSV 1847 Weilheim über ihre Sportart.

Wie fast alle, die diesen Sport betreiben, hat auch sie mit dem Kinderturnen angefangen und stieg dann auf das Rhönrad um. "Turnen hat mir einfach keinen Spaß mehr gemacht und zum Rhönrad bin ich dann über meine Schwester gekommen", sagt die Freisingerin. Seit zehn Jahren ist Peisker nun Teil der Szene und beschreibt die familiären Verhältnisse ihrer Sportart mit den Worten: "Die Community im Rhönrad ist einfach unschlagbar, weil man sich so gut untereinander kennt."

Mit dem fünften und sechsten Platz bei den Deutschen Meisterschaften und dem zweiten Platz bei den Süddeutschen Meisterschaften erlebt Peisker gerade den bisherigen Höhepunkt ihrer sportlichen Laufbahn im Rhönradturnen. Mit diesen Resultaten hat sie sich für den Deutschlandkader qualifiziert. Am Samstag, 28. März, in Senden-Ay und am Samstag, 25. April, für den noch kein Veranstaltungsort feststeht, nimmt die Turnerin dann an den Qualifikationswettbewerben für die Jugend-Weltmeisterschaft teil. Diese wird von Montag, 3., bis Samstag, 18. Juli, 2020 in New York ausgetragen. Über die Leistungen dieser Saison sagt die Schülerin begeistert:

"Das ist sehr viel mehr als ich je gedacht habe" und freut sich auf die kommenden Wettbewerbe. Dementsprechend entspannt blickt die Sportlerin auf die Qualifikation und sagt: "Wenn ich einen guten Tag erwische und alles perfekt läuft, kann ich es schaffen, unter die besten fünf zu kommen, um bei der WM dabei zu sein." Für Stefanie Peisker wäre die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft eine großartige Erfahrung. Trotz der positiven Entwicklungen ist das Rhönradturnen eine ganz spezielle und relativ wenig verbreitete Randsportart. Deutschland war lange mit Abstand die stärkste Nation, welche auch die meisten Titel gewonnen hat, aber inzwischen ist es ein ausgeglichener Wettbewerb und die Schweiz, Japan und Israel sind starke Konkurrenten, sagt Peisker. Auch die USA entwickelt sich in den letzten Jahren zu einer sehr starken Nation, erzählt die Gymnasiastin.

Die Medienaufmerksamkeit ist jedoch weiterhin sehr gering und folglich sind nur vereinzelt Sponsoren oder Geldgeber vorhanden. Die einzige Möglichkeit, große Wettbewerbe, wie zum Beispiel Weltmeisterschaften zu verfolgen, ist über einen Live Stream im Internet. "Für einen Laien ist die Komplexität dieser Sportart auf den ersten Blick kaum zu erkennen und sehr schwer zu beurteilen", erklärt Peisker und vermutet, dass dies auch ein Grund für die geringe Aufmerksamkeit sein könnte. Dieser Umstand macht die Nachwuchsarbeit natürlich besonders schwer. Das Problem ist nicht, dass es keine Kinder gibt, die es machen wollen, sondern der Trainermangel. Der Grund dafür ist die aufwendige Betreuung beim Rhönradturnen, da sich ein Trainer immer nur um eine Athletin kümmern kann, erklärt Stefanie Peisker. Die Freisingerin ist selbst als Trainerin im Kinder- und im Rhönradturnen aktiv. Sie ist, wie viele andere Trainer, ehrenamtlich engagiert und bekommt dafür eine Aufwandsentschädigung.

Dass Stefanie Peisker mit ihrem geliebten Sport und dem Trainieren nicht das große Geld verdienen kann und sich in der Zukunft nicht mehr alles nur um das Rhönrad dreht, ist der Schülerin bewusst. Die Arbeit mit Kindern liegt ihr jedoch am Herzen und nach dem Abitur will sie bei einem sechsmonatigen Südamerika-Aufenthalt bei einem Kinderprojekt mitwirken und kann sich ein Studium im Grundschullehramt vorstellen. Nach der halbjährigen Pause wird sie wieder mit dem Training beginnen. Auch ihre Schwester Karina Peisker, die 2018 Weltmeisterin wurde, hat ihren Fokus auf die Ausbildung gelegt und studiert momentan in Hamburg Medizin. Das Rhönradturnen wird aber weiterhin immer einen Platz im Leben der beiden Schwestern haben.

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: