SZ-Serie: Braukultur in Freising:Nach der Waldarbeit an den Zapfhahn

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Seit über hundert Jahren wird an der Plantage Bier ausgeschenkt - zunächst von Forstwarten, die so ihren kargen Verdienst aufbesserten. Und schon damals schätzten die Freisinger den idyllisch gelegenen Ort

Von Regina Bluhme, Freising

In Freising fährt man im Sommer gerne zum Biertrinken in den Wald. Dort befindet sich nämlich die Plantage, einer der beliebtesten Biergärten in der Region. Das erste Bier wurde hier von Forstwarten ausgeschenkt, die mit der Verköstigung von Spaziergängern ihren Lohn aufbesserten. Aus dem Forsthaus in der Plantage wurde schließlich die Waldgaststätte Forsthausstub'n mit einem großen Biergarten, in dem es sich unter alten Bäumen gut sitzen lässt.

Die Plantage dürfte zu ihrem Namen gekommen sein, als dort vom königlichen Forstamt um 1850 ein etwa 30 Hektar großer Eichenwald gepflanzt und ein dafür erforderlicher Pflanzgarten angelegt wurde. Der Eichenwald ist heute noch vorhanden und den Waldspaziergängern an der Plantage bestens bekannt. Der Pflanzgarten bestand bis ins 20. Jahrhundert und wird nun zum Teil als Parkplatz für den Biergarten genutzt.

Im Forstpflanzgarten wurden nicht nur die heimischen Waldbäume produziert. Nachdem gegen Ende des 19. Jahrhunderts erste ausländische Samenlieferungen nach Deutschland gelangten, hatten die Förster sogleich mit diesen Exoten experimentiert und die Nachkommen rund um die Plantage und im Thalhauser und Kranzberger Forst gepflanzt. Die noch heute vorhandenen alten Douglasien, Hemlocktannen, Tulpenbäume, Paulownien, Nordmanntannen und viele andere fremdländischen Bäume entstammen dieser Experimentierfreude. "Bäume aus Übersee waren damals groß in Mode", weiß Alfred Fuchs, Leiter des staatlichen Forstbetriebs Freising. Und die Existenz vieler solcher Altbäume war dann auch ein entscheidendes Kriterium, das Bayerische Landesarboretum, heute "Weltwald" genannt, bei Freising anzusiedeln.

Früher ein Forsthaus mit Ausschank, jetzt eine Gaststätte mit großem Biergarten: Die Bewirtung von Gästen hat in der Plantage eine lange Tradition. (Foto: Marco Einfeldt)

Am Forstbetriebssitz am Freisinger Domberg lagern Akten, die von der Geschichte der Plantage und der gleichnamigen Waldgaststätte erzählen. Aus den Aufzeichnungen geht hervor, dass das Gebäude 1882 als Dienstwohnung für den Waldaufseher errichtet worden ist. Es befindet sich noch immer im Besitz der Staatsforsten und steht unter Denkmalschutz. Neben dem Forsthaus gab es auch Stallungen, in denen der Forstwart Kühe, Schweine und Hühner hielt. So konnte er sich gut selbst versorgen.

Erbauer des Forsthauses war der Freisinger Bauunternehmer und Ehrenbürger Alois Steinecker. Dieser war auch mit Planungen für etliche Um- und Erweiterungsbauten beauftragt. Einiges wurde umgesetzt, manches blieb Vision. Wie zum Beispiel die eingereichten Pläne von 1919. Sie sahen vor, das bescheidene Forsthaus in eine kleine Villa zu verwandeln, mit grünen wuchtigen Fensterläden und einem mächtigen Hirschgeweih über dem Eingang. "Der Plan wurde nie umgesetzt. Das war auch besser so", sagt Alfred Fuchs.

Die Plantage ist seit Langem ein beliebtes Ausflugsziel, wie diese alte Aufnahme zeigt. (Foto: Einfeld)

Erstmals in den Akten wird ein Bierausschank um 1914 erwähnt. Aus Verträgen ist ersichtlich, dass der damalige Forstwart Simon Blasi nebenberuflich im Erdgeschoss des Forsthauses eine Gastwirtschaft betrieben hat. Im Sommer wurde im sogenannten Wirtschaftsgarten ausgeschenkt. Es ist zu vermuten, dass aber schon sehr viel länger Bier im Forst ausgeschenkt wurde, "das war für die Forstbediensteten ein gutes Zusatzeinkommen", sagt der Forstbetriebsleiter Alfred Fuchs. Und Wanderer oder so mancher Freisinger, der die Abgeschiedenheit draußen vor der Stadt bevorzugte, ließ sich das Bier, das von Anfang an die Staatsbrauerei Weihenstephan lieferte, in der Plantage schmecken.

1943 musste aufgrund des Zweiten Weltkriegs der Gastbetrieb eingestellt werden. 1950 zog der letzte Forstwart aus. Drei Jahre später pachtete die Bayerische Staatsbrauerei das Anwesen. Im Laufe der Zeit wurden die ehemaligen Stallungen abgerissen. Inzwischen stehen an deren Stelle die Essenausgabe und der Bierausschank. Der Biergarten wurde immer wieder erweitert, seit 1994 existiert er in der jetzigen Größe mit knapp 1000 Sitzplätzen. Rochus Möchel führt Wirtshaus und Biergarten seit 1983, inzwischen hat sein Sohn die Geschäfte übernommen. Ausbaupläne der Staatsbrauerei, wie zum Beispiel eine teilweise Überdachung, ruhen. Stattdessen hat die Staatsbrauerei vor vier Jahren eine Holzhütte hinter dem Wirtshaus errichten lassen. Die "Waldhütt'n" bietet Platz für 80 Gäste und kann ganzjährig für Feiern gemietet werden, während im Wirtshaus, der Forsthausstub'n, für bis zu 60 Gäste gekocht wird.

Seit Sommer 2002 ist die Plantage um eine Attraktion reicher. Gleich neben dem ehemaligen Forsthaus verläuft der Walderlebnispfad, den etwa 40 000 Menschen im Jahr besuchen. Dort können die Spaziergänger auf knapp vier Kilometern alles über Baum- und Tierarten und das Ökosystem Wald erfahren - und dann in der Plantage einkehren.

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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