Stiftung Heiliggeistspital:Bundesarbeitsgericht hebt Tarifverträge auf

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Nur eine Verzichtserklärung der Beschäftigten bewahrt die Heiliggeistspital-Stiftung vor Nachzahlungen in Millionenhöhe.

Sabina Dannoura

Die Heiliggeistspital-Stiftung Freising hat noch rechtzeitig die Reißleine gezogen: Ende Juni dieses Jahres beendete sie ihre Leiharbeiter-Praxis. Wäre dieser Schritt und vor allem eine Verzichtserklärung der ausgelagerten Beschäftigten auf Forderungen aus ihrem Leiharbeit-Verhältnis nicht vollzogen worden, hätte die Stiftung Nachzahlungen in Millionenhöhe an diese Mitarbeiter und die Sozialversicherungen leisten müssen. Grund: Als Mitglied im Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister (AMP) kooperierte sie mit der CGZP. Dieser Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften hat das Bundessozialgericht am Dienstag in letzter Instanz die Tariffähigkeit aberkannt.

Ende Juni dieses Jahres beendete die Heiliggeistspital-Stiftung Freising ihre Leiharbeiter-Praxis. (Foto: iStockphoto)

Die Heiliggeistpital-Stiftung betreibt in Freising zwei Pflegeheime, betreute Seniorenwohnungen und einen mobilen Pflegedienst. Ins Rollen brachte die Diskussion um ihre Leiharbeiter-Praxis vor gut zwei Jahren die Freisinger Linke: Sie warf der Traditionseinrichtung Lohndumping vor. Tatsächlich war 2005 die Heiliggeist Dienste GmbH mit dem Zweck gegründet worden, billiges Personal engagieren und an die Einrichtungen der Stiftung verleihen zu können. So arbeitete die Hälfte der Belegschaft, etwa 100 Mitarbeiter, für einen niedrigeren Lohn als das Stammpersonal der Stiftung; obwohl zum Teil die gleichen Tätigkeiten verrichtet wurden.

Die Vertreter der Linken im Stadtrat, Guido Hoyer und Eckhardt Kaiser, prangerten nicht nur dies als Ausbeutung an, sondern verwiesen früh auf den zweifelhaften Tarifpartner CGZP: Diesem war in zwei Instanzen bereits die Tariffähigkeit abgesprochen worden. Am Dienstag nun schloss sich auch das Bundesarbeitsgericht diesem Urteil an - mit weitreichenden Folgen für Zeitarbeitsfirmen, die mit der CGZP zusammenarbeiten: Weil die geschlossenen Tarifverträge ungültig sind, haben die Leiharbeiter Anspruch auf den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft; diese können nun rückwirkend die Gehaltsdifferenz nachfordern. Zudem drohen den Zeitarbeitsfirmen immense Nachzahlungen von Sozialbeiträgen für die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung.

Gerade noch rechtzeitig hat die Freisinger Stiftung dafür gesorgt, nicht in diesen finanziellen Strudel zu geraten: Das in die GmbH ausgelagerte Personal wurde zum 1. Juli in eine neue Gesellschaft überführt. Bezahlt wird nach einem mit der Gewerkschaft Verdi ausgehandelten Tarifvertrag. Das Wichtigste bei dieser Änderung: "Alle Mitarbeiter haben eine Erklärung unterschrieben, dass sie auf das Equal-Pay-Gebot rückwirkend verzichten", berichtet Stiftungsleiter Stephan Warsberg. Somit sei die Heiliggeistspital-Stiftung von dem Grundsatzurteil und den möglichen Folgen nicht betroffen, betont er.

Auch Nachzahlungen an die Sozialversicherungsträger seien somit kein Thema, schildert Stephan Warsberg. "Wir haben das Risiko der Zusammenarbeit von unserem Arbeitgeberverband AMP und der CGZP nicht abschätzen können, aber wir haben es thematisiert und rechtzeitig reagiert." Mitglied sei die Stiftung auch nicht mehr beim AMP, der durch das Urteil gehörig in der Bredouille ist und eine Verfassungsbeschwerde angekündigt hat.

© SZ vom 16.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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