Stadtmuseum ohne Heimat:"Ein Quäntchen Wehmut bleibt nicht aus"

Lesezeit: 3 min

Wegen der anstehenden Sanierung des Asamkomplexes muss das Stadtmuseum bis Ende März ausgeräumt sein, die Exponate werden ausgelagert. Museumsleiterin Ulrike Götz plant für die heimatlosen Jahre

Interview von Petra Schnirch, Freising

Im Stadtmuseum wird es ernst. Bis Ende März müssen Ausstellung und Depot im Asamgebäude geräumt werden, weil der Komplex saniert wird. Am Sonntag hat Museumsleiterin Ulrike Götz noch einmal Besucher durch die Räume geführt. Nun werden die Schätze auf fünf Standorte verteilt, vier davon sind in Freising.

SZ: Jetzt ist endgültig Schluss, sind Sie etwas wehmütig?

Ulrike Götz: Ich denke, ein Quäntchen Wehmut kann da nicht ausbleiben. Man verabschiedet sich von etwas, was gut war, wo man viel Arbeit reingehängt hat. Insofern wäre es komisch, wenn man nicht auch ein bisschen traurig wäre.

Wie geht es in den nächsten Tagen weiter?

Wir beginnen jetzt damit, das Museum selbst auszuräumen. Das Depot im dritten Stock ist schon halb leer. Zum Schluss kommen unsere Büros an die Reihe.

Da haben Sie noch einiges zu tun.

Ja, ein Museum umzuziehen ist dann doch komplizierter, als wann man nur ein Büro ausräumen müsste. Zum einen sind es sehr viele Objekte, zum anderen müssen die vorsichtig verpackt werden, wir arbeiten da mit einem Restaurator zusammen.

Was ist besonders schwierig zu transportieren?

Wir hatten eine große Zuganlage oben im Depot zur Aufbewahrung der Gemälde - es dauerte einen Tag, sie abzubauen - und zwei Tage, sie in einem der neuen Depoträume wieder aufzubauen. Was auch ein heikler Punkt ist: Wir haben große, schwere Vitrinen. Bis jetzt läuft - toi, toi, toi - alles nach Plan und es ist nichts passiert.

Wird es weiterhin Ausstellungen geben?

Uns schwebt ein "fliegendes Museum" vor. Wir werden die Interimszeit nicht stationär überdauern, aber wir werden mit kleineren Aktionen immer wieder präsent sein. Schon im Frühjahr wird im Oberhaus des Lindenkellers eine Neuerwerbung präsentiert - ein Cello eines Freisinger Geigenbaumeisters aus dem 18. Jahrhundert. Ansonsten sind kleine Ausstellungen, Führungen und Publikationen geplant. Auch das Internet wird eine Rolle spielen. Wir haben eine 360-Grad-Panorama-Aufnahme des jetzigen Museums machen lassen, sodass wir zumindest virtuell weiterhin ein Freisinger Stadtmuseum haben werden. Da kann man demnächst durch die Räume gehen.

Zahlreiche Besucher haben am Sonntag Abschied genommen vom Stadtmuseum, das wegen der Sanierung des Asamgebäudes ausziehen muss. (Foto: Marco Einfeldt)

Haben Sie ein Beispiel, was in nächster Zeit noch geplant ist?

Was zu der Idee des mobilen Museums passt, ist die Konzeption von Rollkoffern zu bestimmten Themen, mit denen wir in Schulen gehen wollen.

Vielleicht erreichen Sie die Schulen auf diese Weise sogar besser.

Es ist natürlich angenehmer für die Schulen, wenn jemand kommt. Auf der anderen Seite ist der Koffer natürlich kein Ersatz für ein vollwertiges Museum, das ja auch durch die Atmosphäre der Räume lebt.

Für Freising ist es ein großer Einschnitt, dass sowohl das Stadt- als auch das Diözesanmuseum geschlossen sind.

Tatsächlich wird Freising in eine mehr oder weniger museumslose Zeit gehen. Diese Parallelität ist schon erstaunlich. Doch es wird dann umso schöner sein, wenn beide Museen wieder in neuer Form zugänglich sind. Das sind Perspektiven, die den Verzicht für ein paar Jahre nicht so schlimm erscheinen lassen.

Wann geht es im Asamgebäude weiter?

Es heißt, in fünf Jahren, inklusive Puffer.

Was wird dann anders sein?

Das Auffälligste ist die Größe. Wir haben jetzt etwa 250 Quadratmeter, künftig werden es etwa 750 sein, eine Verdreifachung. Das Museum wird um den Innenhof des Asamgebäudes herumgeführt. Gleich bleiben wird das Ziel, Freising und seine Geschichte zu erklären, dann allerdings mit mehr Themen. Bleiben wird auch der hohe Anspruch an Konzept und Gestaltung.

Museumsleiterin Ulrike Götz (rechts) freut sich schon auf das neue Museum mit viel mehr Platz. (Foto: Marco Einfeldt)

Welche Bereiche wollen Sie ausbauen?

Ein Thema, das ich gerne integrieren würde, ist die Umbruchszeit vom 18. zum 19. Jahrhundert mit der Säkularisation - eine Schnittstelle, die für Freising historisch von fundamentaler Bedeutung ist. Wir haben zu dieser Epoche viele interessante und qualitätvolle Objekte, dazu gehört eine Reihe von Porträts des Freisinger Malers Ignaz Frey. Sie spiegeln sehr schön wider, wie sich die Zeiten verändert haben, zeigen aber auch, was weiter Bestand hatte. Trotz des Bruchs gibt es Kontinuitäten. Obwohl ich mich viel mit der Säkularisation befasst habe, bleibt es eine rätselhafte Zeit - gerade an einem so von der Kirche durchdrungenen Ort. Es ist interessant, wenn man eine solche Bruchstelle in einem stadtgeschichtlichen Museum thematisieren kann.

Was reizt Sie als Kunsthistorikerin an der Arbeit in einem Stadtmuseum?

Das Schöne an einem stadtgeschichtlichen Museum mit seinem Querbeet-Bestand ist, dass man in ganz viele Aspekte menschlicher Kultur hineinschauen und etwas daraus machen kann - auch in Hinblick auf das neue Museum. Ich habe mir bereits ein "Kreativbuch" zugelegt, da schreibe ich Ideen rein und mache Skizzen. Mein innerer Planungsprozess ist voll im Gange.

Beschäftigen Sie sich auch in Ihrer Freizeit viel mit Kunst?

Ja, schon. Ich gehe in Museen und Ausstellungen und ich reise gerne. Die Sensibilität und der Genuss werden eigentlich immer größer. Ich muss sagen, dass ich Kunstwerke von allererster Qualität inzwischen noch mehr schätze als während des Studiums, wenn man mit 1-a-Kunst regelrecht überflutet wird.

Sie zeichnen selbst. Hat sich für Sie je die Frage gestellt, Künstlerin zu werden?

Ich habe nicht nur diese kreative Ader in mir, sondern auch das Wissenschaftliche und Rationale. Die Aufgabe, ein Museum zu gestalten, ist da natürlich ideal, weil beide Aspekte zusammenkommen.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: