Stadt und Erzdiözese:Das Versöhnungsprojekt

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Domrektor Michael Höck, Museumsdirektor Sigmund Benker, Freisings Oberbürgermeister Adolf Schäfer, Erzbischof Julius Döpfner, Landrat Ludwig Schrittenloher und Regierungspräsident Adam Deinlein bei der Eröffnung des Diözesanmuseums im Jahr 1974. (Foto: Stadtarchiv)

Ein Foto von der Eröffnung des Diözesanmuseums auf dem Domberg im Jahr 1974 ist das "Archivstück des Monats". Die Vorgeschichte zeigt, dass es immer wieder Auseinandersetzungen gegeben hat

Von Peter Becker, Freising

Thematisch topaktuell ist das Foto zur Eröffnung des Freisinger Diözesanmuseums am 16. November 1974. Dieses stellt das "Archivstück des Monats" des Freisinger Stadtarchivs im Dezember dar. Über 40 Jahre sind vergangen, seit das Diözesanmuseum im ehemaligen Knabenseminargebäude auf dem Domberg seine Heimat fand - und über die Zeitläufe hinweg gibt es eine Verbindung zur Gegenwart. Damals wie heute gab es Unstimmigkeiten zwischen der Stadt Freising und dem Erzbistum. Seinerzeit klagten die Freisinger über einen gewissen Bedeutungsverlust, weil immer mehr Bildungseinrichtungen auf dem Domberg geschlossen würden. Heutzutage streiten sie mit dem Ordinariat darüber, ob das Oktogon am Museumsgebäude erhalten bleiben oder den Erneuerungsplänen zum Opfer fallen soll.

Das Foto aus dem Jahr 1974 zeigt den damaligen Domrektor Michael Höck, Museumsdirektor Sigmund Benker, Freisings Oberbürgermeister Adolf Schäfer, Erzbischof Julius Döpfner, Landrat Ludwig Schrittenloher und Regierungspräsident Adam Deinlein. "Ihre Blicke sind auf ein Vesperbild aus dem frühen 15. Jahrhundert gerichtet", erläutert Florian Notter, Leiter des Stadtarchivs. Das Freisinger Tagblatt titelte dazu: "Das neue Diözesanmuseum bedeutet eine enorme Aufwertung für Freising. Versöhnung der Domstadt mit der Bistumsleitung - Kardinal hält sein Versprechen".

Wo von "Versöhnung" gesprochen wird, da muss auch ein Streit zugrunde liegen. Der Grund, warum es in den Sechzigerjahren gewisse Spannungen zwischen der Stadt Freising und dem Ordinariat gab, ist in Reformprozessen der katholischen Kirche zu suchen. Diese betrafen unter anderem die Ausbildung der Priester. Notter erläutert, dass in der Folge der Reformen "am traditionsreichen geistlichen Bildungsstandort Freising" mehrere Einrichtungen geschlossen wurden: 1968 das im Jahr 1826 gegründete Priesterseminar, die Philosophisch-theologische Hochschule aus dem Jahr 1834 und 1974 das 1828 gegründete Knabenseminar.

Die Freisinger sahen diese Entwicklung mit Besorgnis und reagierten mit Protest. Erinnerungen an die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden wach: Während der Säkularisation im Jahr 1803 und der Verlegung des Bischofssitzes nach München sah sich die Stadt mit einem enormen Bedeutungsverlust konfrontiert. "Die Einrichtungen mit ihren renommierten Wissenschaftlern, die zum gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt maßgeblich und auf hohem Niveau beitrugen, gehörten fest zum Selbstverständnis Freisings", sagt Notter.

Die Erzdiözese, allen voran Kardinal Julius Döpfner, wussten den Trennungsschmerz zu lindern. 1968 richtete das Ordinariat das Bildungszentrum im ehemaligen Priesterseminar ein. Zur Wiederbelebung des Dombergs trug dann das Diözesanmuseum seinen Teil bei. Dessen Gründung hatte der Kardinal bereits 1972 zugesagt. Mit dieser Entscheidung sei er einer gewissen historischen Logik gefolgt, erklärt Notter dazu. Denn der Grundstock der Sammlung sei Mitte des 19. Jahrhunderts im geistigen Umfeld des Priesterseminars und Lyzeums entstanden. Sie sei von jeher in Freising konzentriert gewesen.

Dass der Kardinal sein Versprechen eingelöst hat, sei ein Glücksfall für Freising gewesen, bilanziert Notter. Mit dem Bildungszentrum und dem Museum sei das traditionsreiche kulturelle Engagement der Erzdiözese auf dem Domberg erhalten geblieben. Das Museum entwickelte sich im Laufe seines Bestehens zu einem international renommierten Kulturbetrieb. Dieser trage wesentlich zur Außenwahrnehmung, aber auch zum Eigenbild Freisings bei, stellt Notter fest. Die bisherigen Direktoren Sigmund Benker, Peter Steiner, Sylvia Hahn und Christoph Kürzeder haben laut Notter mit ihren Ausstellungen auf dem Freisinger Domberg Kulturarbeit höchster Qualität geliefert.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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