Spezielles pädagogisches Profil:Kreativität, Kunst und faires Raufen

Lesezeit: 2 min

Im Johanniter-Kinderhort in Allershausen wird ein ganz besonderes Gemeinschaftsgefühl vermittelt

Noch ist es an diesem Morgen recht ruhig, die Gänge sind aber alles andere als leer. Die Wände sind bunt, überall blitzen einem farbige Plakate entgegen und an Schnüren hängen selbstgebastelte Kunstwerke von der Decke herunter, sodass Erwachsene den Kopf einziehen müssen. Eins ist klar: Hier stehen die Kinder im Mittelpunkt. Im Johanniter-Hort Allershausen werden Erst- bis Sechstklässler nach der Schule nicht einfach nur betreut, sondern leben Gemeinschaft nach ganz besonderen Vorstellungen. Und das schon seit 20 Jahren.

Eines der ersten Kinder damals war Petra Schlegel. Inzwischen ist sie Erzieherin, arbeitet dort als pädagogische Leiterin und betreut mit ihren beiden Kolleginnen 38 Kinder. Der Alltag der Kinder habe sich im Laufe der vergangenen Jahre stark verändert, erklärt die Einrichtungsleiterin. Spielen im Wald, etwas selbst mit den eigenen Händen gestalten, wichtige Gruppenerlebnisse und Bewegung seien auch aufgrund der medialen Fülle zunehmend seltener geworden.

Deshalb hat sich das Team aus Allershausen ein besonderes pädagogisches Profil zugelegt: Kreativität und Bewegung. Denn mit dem richtigen Rahmen, mit Raum und Zeit für Einfälle und Ideen, komme das kreative Potenzial eines Kindes zum Ausdruck, sagt Schlegel. So haben sie über Monate mit den Kindern ein Musical erarbeitet, Kulissen gebastelt, Lieder und Tänze einstudiert und im Juli vor Eltern und Freunden aufgeführt. Denn neben Kreativität und Kunst gehörten Bewegung und Tanz zu den elementaren menschlichen Ausdrucksformen. Eins der Lieder, das aufgeführt wurde, war "We are one" aus König der Löwen. Ziel war, den Kindern zu vermitteln: "Egal wie du bist, alle gehören zusammen". "Die Kinder kriegen mit, was in Deutschland und der Welt passiert und fragen nach", sagt die Erzieherin. Deshalb versuche man auch, die politischen Ereignisse aufzuarbeiten. Im Musical wurde deshalb auch symbolisch ein Pflaster über den Riss in der Gesellschaft geklebt. Aber auch darüber hinaus, bietet die Einrichtung ein interessantes, abwechslungsreiches Programm wie etwa im wöchentlichen Wechsel die Mädchen- und Jungs-AG. So gibt es für die Buben regelmäßig in der angegliederten Turnhalle unter Aufsicht und mit klaren Regeln das sogenannte "faire Raufen". "Man müsse den Bedürfnissen der Geschlechter gerecht werden", findet Schlegel. Ebenfalls auf dem Programm steht die Vermittlung von Grundlagen der Ersten Hilfe, denn es gebe beispielsweise mit dem sogenannten "Kaktus-Trick" für Kinder eine leichte Methode zur stabilen Seitenlage, erzählt die Einrichtungsleiterin. Auch etwas Besonderes ist die Lage des Johanniter-Horts, denn die Einrichtung ist seit 12 Jahren Teil des Kinderhauses "Am Ampergrund", in dem auch Krippe und Kindergarten untergebracht sind und die Kinder so von klein bis groß ein Gebäude durchlaufen können. Auch hier wird das besondere Zusammenleben deutlich, wenn Hort-Kinder in ihrer freien Zeit ihren alten Freunden aus dem Kindergarten vorlesen.

Trotz der vielen Angebote beginnt der Nachmittag im Hort nach der Ankunft mit einem gemeinsamen Mittagessen aus regionaler Küche und anschließenden Hausaufgaben. Erst dann warten AGs und Freispiel auf die Kinder. Kurz vor halb zwölf finden sich die ersten Schüler ein. Spätestens jetzt wird deutlich, wie lebendig der Kinderhort ist.

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: