Recycelter Turm:Kuppel schwebt durch die Luft

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Die einen hielten ihn für einen Wasserturm, die anderen für eine militärische Abhörstation. Tatsächlich hatte der Stahlturm bei Fürholzen 30 Jahre lang ein ganz andere Aufgabe. Jetzt wartet die nächste auf ihn.

Von Alexandra Vettori, Fürholzen

Fast 30 Jahre lang stand er stumm da, am Rand der Autobahnstation Fürholzen. Die einen hielten ihn für einen Wasserturm, die anderen für eine militärische Abhörstation. Tatsächlich war der 25 Meter hohe Stahlturm mit der großen weißen Kuppel eine Wetterradarstation des Deutschen Wetterdienstes.

Seit gut zwei Jahren schon ist sie außer Betrieb, weil aus meteorologischen Gründen ein neuer Standort gefunden werden musste, um das Berchtesgadener Land besser abzudecken. Der neue Radarturm steht bei Isen im Landkreis Erding, der Fürholzer Turm ist seither abgeschaltet. Derzeit wird er schrittweise abmontiert. Am Donnerstag wird zunächst die Kuppel, an diesem Freitag der restliche, 22 Meter hohe Stahlturm umgelegt und auseinander geschraubt.

Die Wetterstation in Fürholzen wird derzeit abgebaut. (Foto: Sebastian Widmann)

"Das Schwierigste kommt jetzt, wenn der Kran die Kuppel abhebt", erklärt Reiner Filippi, dessen Firma als Subunternehmer des Münchner Abbruchunternehmens "Die Umweltmeister" am Abbau des Radarturmes beteiligt ist. Bevor die drei Meter hohe und breite Außenhülle angehoben werden konnte, habe man die Radarschüssel unter der Kuppel zersägen müssen, weil die enge Öffnung sonst nicht darüber gepasst hätte.

Ein Dreieinhalbtonnen-Kran legt den Turm quer

Als der Kran seine Last um 13 Uhr anhebt, ist kein Knirschen zu hören. Scheinbar mühelos schwebt die weiße Glasfaserhülle in den Himmel. "Gute Vorarbeit", sagt Reiner Filippi lächelnd, "die Kranarbeit kann aber nur so gut sein wie die Vorarbeit." Richtig was zu sehen gebe es dann am Freitagmorgen ab 8 Uhr, sagt Filippi. Dann komme ein Dreieinhalbtonnen-Kran und lege den kompletten Turm quer. Danach wird das 22 Meter lange Stahlgerüst sorgsam auseinander geschraubt. "Der Turm wird nämlich noch gebraucht", sagt Filippi, "er wird ein Werbeturm für ein Möbelhaus."

Bundesweit betreibt der Deutsche Wetterdienst 17 Radarstationen, jede mit einer Reichweite von bis zu 150 Kilometern. Sie bestehen aus Antennen, einer Kuppel als Wetterschutz, Radom genannt, und den entsprechenden Rechnern. Die rotierende Antenne sendet elektromagnetische Wellen nach oben in die Atmosphäre, die von kleinen Wassertropfen oder Eiskristallen reflektiert werden.

Davongeschwebt: Die Kuppel ist am Boden. (Foto: Sebastian Widmann)

Radardaten sind wichtig für Hochwasservorhersagen

Aus der Laufzeit des Empfangssignals lässt sich die Entfernung bestimmen. So berechnen die Radarstationen flächendeckend und dreidimensional die Niederschläge, egal ob Hagel, Schnee oder Regen.

Wichtig sind die Radardaten des Deutschen Wetterdienstes beispielsweise für die Hochwasservorhersagezentralen der Länder oder für den Katastrophenschutz. Sie werden aber auch heran gezogen, wenn es um die Bemessung wasserwirtschaftlicher Bauwerke geht, etwa von Stadtentwässerungssystemen, Stauseen, Regenrückhaltebecken, Dämmen und Deichen. Darüber hinaus finden die Daten Verwendung im Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Luftverkehr sowie in der Land- und Forstwirtschaft, bei Energieversorgern, öffentlichen Institutionen, Versicherungen oder der Bundeswehr.

In den Hügeln gab es Notabwürfe von Fliegerbomben

Die 20 Mann von der Abbruchfirma sind in diesen Tagen nicht die einzigen, die an der Raststätte Fürholzen zu tun haben. Direkt nebenan, auf den Feldern um die Raststätte, ist ein Trupp Kampfmittelräumer der Gesellschaft für Liegenschaftskonversion mit Sonden unterwegs. Sie suchen nach Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg, bevor demnächst die Raststätte Fürholzen vergrößert wird.

Beim Bau der Raststätte, erzählen die Kampfmittelräumer, habe man im Umkreis eine Fliegerbombe gefunden, denn in den Hügeln bei Fürholzen sollen im Jahr 1945 Notabwürfe stattgefunden haben. Noch aber sind die Räumungsexperten entspannt. Beim Marsch durch die nassen Wiesen ist von ihnen bislang nur das eine oder andere Stück Metallschrott ans Tageslicht befördert worden.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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