Spätberufener Musiker:Der Schreiner am Piano

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Fünf Jahre nach seinem Abschied von der Spitze des heimischen Handwerks liefert der 74-Jährige neue musikalische Bilder: auf der Bühne der Echinger Musikschule, am Piano, die "Ballsirenen" aus der "Lustigen Witwe" von Franz Lehar intonierend.

Kaus Bachhuber

Eching - Bei seinen öffentlichen Auftritten kannte der Mann nur das forte. Er sei "kein Mann der leisen Töne", wurde Hans-Paul Kuffner, dem langjährigen Kreishandwerksmeister und Obermeister der Schreinerinnung, in jeder zweiten Festrede attestiert; und wenn Kuffners unermüdliches Rühren für die Belange des Handwerks illustriert werden sollte, bot sich einzig das Bild von der Pauke an, auf die der streitbare Interessenvertreter immer wieder schlug, ungeachtet, welch feines Ohr er damit stören könnte.

Fünf Jahre nach seinem Abschied von der Spitze des heimischen Handwerks liefert der 74-Jährige neue musikalische Bilder: auf der Bühne der Echinger Musikschule, am Piano, die "Ballsirenen" aus der "Lustigen Witwe" von Franz Lehar intonierend. Im Ruhestand, mit 69 Jahren, hat der Echinger Schreinermeister an der Musikschule damit begonnen, Klavierspielen zu lernen. Und jetzt konzertiert er beim jährlichen Konzert der Schule für die erwachsenen Schüler als mit Abstand ältester Musikschüler in der Historie des Hauses.

Das Klavier, das im Hause Kuffner einst für Sohn Wolfgang gekauft worden war und seit dessen Abschied aus dem Elternhaus ungenutzt herumstand, habe ihn "immer inspiriert", erzählt Hans-Paul Kuffner. Und nach dem Abschied aus seinem Betrieb, den er 40 Jahre lang geleitetet hat, da hat er beim damaligen Musikschulleiter Manfred Bernt nachgefragt, ob die Musikschule auch Schüler seines Alters aufnehme, was der ihm sofort zusagte. Den Gedanken eines Privatlehrers hatte Kuffner verworfen, eine Musikschule habe er "für eine bessere Heimat" gehalten.

Als Kind hatte Kuffner in der Volksschule mal Ziehharmonika gespielt, das war es aber auch für 60 Jahre. In den ersten Wochen ging der Schüler "schon manchmal mit durchgeschwitztem Hemd heim". Aufgeben galt für Hans-Paul Kuffner freilich auch hier nicht. Mit Lehrer Peter Becker übt er jede Woche seine Einheit - und dazu spielt er zu Hause mehrmals täglich. "Es bereichert mein Leben", schwärmt Kuffner. "Mir tut's gut, dass ich das mache", findet er, "es ist ein guter Ausgleich, wenn man nicht mehr im Berufsleben ist." Um mit 69 Jahren anzufangen und dann auch noch einige Ansprüche erfüllen zu können, sei freilich schon auch Stehvermögen gefragt. "Ich hab schon meine Momente gehabt, wo ich heimgegangen bin und gedacht habe: warum tust dir das an", räumt Kuffner ein.

"Erst mal die linke Hand, und dann die rechte", erinnert er sich an die Anfänge, "das ist alles gewöhnungsbedürftig." Die Erkenntnis, dass es besser sei, früher anfangen, habe er zwar verinnerlicht. Versäumt habe er dennoch nichts, findet er, denn er nimmt die Musik jetzt so ernst, dass er ihr neben seinem Berufsleben nicht gerecht werden hätte können. "Da findest die Muße nicht", versichert er, "man muss sich da schon hinsetzen und üben, eine Stunde ist da nichts." Und larifari rumklimpern, das ist Kuffners Sache auch nicht.

"Ich bin da schon a bisserl mit Ehrgeiz behaftet", formuliert er vorsichtig. Was er jetzt in den fünf Jahren erreicht habe, damit sei er allerdings zufrieden: "Mehr kann ich von mir nicht erwarten". Einen öffentlichen Auftritt gibt es für ihn immer genau einen im Jahr, das "Ü30"-Konzert der Musikschule. Ansonsten denkt er höchstens noch an Auftritte im Familienkreis. Zu seiner Geburtstagsfeier jüngst, da hat sich der Jubilar selbst ein Ständchen gespielt.

© SZ vom 01.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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