Situation hat sich nicht verbessert:Kaum Zeit für die Kür

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Polizeichef Ernst Neuner. (Foto: Einfeldt)

Die Beamten der Freisinger Polizei schieben einen Berg an Überstunden vor sich her. Zu viele Stellen sind unbesetzt. Das geht auch zu Lasten der notwendigen Präventionsarbeit

Von Petra Schnirch, Freising

Die Zahl der Polizeibeamten in Bayern hat einen neuen Höchststand erreicht. Allein 2015 wurden etwa 1000 neu ausgebildete Polizisten eingestellt, in diesem Jahr sind es sogar etwas mehr. Nicht in allen Dienststellen aber kommt die erhoffte Entlastung an. Die Freisinger Beamten schieben einen Berg an Überstunden - im Schnitt sind es 100 pro Person - vor sich her, zu viele Stellen sind unbesetzt, wie die SPD-Landtagsabgeordneten Isabell Zacharias und Peter Paul Gantzer nach einem Besuch in der Inspektion am Donnerstagnachmittag bilanzieren.

Seit Jahren sorgt die Diskrepanz zwischen der eigentlich vorgesehenen und der tatsächlichen Stellenzahl in Freising für Diskussionsstoff, etwa bei den jährlichen Sommergesprächen des CSU-Landtagsabgeordneten Florian Herrmann. Die von Peter Paul Gantzer in einem kleinen Buch dokumentierten Zahlen zeigen, dass sich die Situation trotz der Aufstockungen nicht verbessert hat: Gab es vor sieben Jahren in Freising 62 Beamte bei einer Soll-Stärke von 74 sind es nun 56 bei 80 Soll-Stellen - und somit 30 Prozent zu wenig. Trotz alledem kommt Gantzer zu dem Fazit, dass "Freising eine sehr, sehr sichere Stadt ist". Das gelte auch für den Landkreis. Er attestiert den Freisinger Beamten "eine hervorragende Polizeiarbeit". Die Zahl der Straftaten liege, umgerechnet auf die Einwohnerzahl, etwa ein Drittel unter dem deutschen Durchschnitt, die Aufklärungsquote deutlich darüber.

Inspektionsleiter Ernst Neuner hofft, dass Freising im Herbst zusätzliches Personal bekommen wird, das Entlastung bringt - dem Polizeipräsidium Oberbayern-Nord werden dann 41 von 580 neuen Polizisten zugeteilt. Derzeit sei es nicht möglich, Überstunden abzubauen. Er wisse, dass sich das Präsidium um Erleichterungen bemühe, sagt Neuner. Ein Teil des zusätzlichen Personals werde jedoch für Sonderaufgaben benötigt, außerdem gingen die geburtenstarken Jahrgänge in Pension. Immerhin: Auch in Freising wurden laut Neuner alle Ruheständler ersetzt.

Er wünscht sich wieder mehr Zeit für die "Kür-Aufgaben", etwa für die Präventionsarbeit im Kampf gegen Wohnungseinbrüche oder bei Betrugsmaschen; außerdem für Fußstreifen, um Präsenz zeigen zu können, oder für mehr Geschwindigkeitskontrollen. "Das wäre mein Anspruch", sagt Neuner. Er habe jedoch eine "super motivierte Belegschaft" mit sehr vielen jungen Kollegen, darunter sind auch einige Freisinger. Der Inspektionsleiter hofft deshalb, dass die hohe Fluktuation der vergangenen Jahre etwas zurückgeht. Für viele war Freising nur Durchlaufstation - sie wollten zurück in ihre alte Heimat.

Zacharias und Gantzer fordern vor der Beratung für den neuen Doppelhaushalt 2017/18 mindestens weitere 1000 neue Polizisten - und rennen damit offene Türen ein. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat bereits angekündigt, sich für weitere zusätzliche Polizeistellen einzusetzen. Ein Sprecher des Ministeriums warnt zudem davor, die Soll-Stärke falsch zu bewerten. In die Ist-Zahlen müssten auch Einsatzzüge, Hundeführer oder Zivile Einsatzgruppen eingerechnet werden, die im Bereich der Präsidien für Sicherheit sorgten und den Dienststellen zur Verfügung stünden.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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