Service des Imkerverbands:Königinnen auf Hochzeitsreise

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Im Freisinger Moos befindet sich eine der 27 staatlich anerkannten Belegstellen für Bayerns Herrscherinnen der Bienenvölker. Bei diesen Hotels werden sie von ausgewählten Drohnen begattet

Von Alexandra Vettori, Freising

Auf den ersten Blick sieht es aus, als hätte jemand alte kleine Holz-Briefkästen auf Pfosten hinter die Hecke auf die Wiese gestellt. Doch in den nummerierten Kästen sind keine Briefe, sondern Königinnen, Bienen-Königinnen. "Das hier ist unser Königinnen-Hotel", sagt Sabine Gladkov mit einem Lächeln.

Gladkov ist seit April Vorsitzende des Freisinger Kreisverbands der Imker und damit auch zuständig für das Königinnen-Hotel im Freisinger Moos und den ganz besonderen Service dort. Denn hier in der Belegstelle, wie das Hotel richtig heißt, werden die Bienenköniginnen begattet. Von München bis Pfaffenhofen bringen Imker ihre Königinnen ins Freisinger Moos. Als eine von 27 staatlich anerkannten Bienenbelegstellen in Bayern verspricht sie eine Begattung mit ausgesuchten Drohnen einer bestimmten Linie. Zwei Wochen bleiben die Königinnen hier in ihren Holzkästen mit einer kleinen Auswahl ihres Volkes. "Wir müssen bei der Ankunft kontrollieren, dass keine Drohnen dabei sind", erklärt Christian Uttendorfer vom Imkerverband, er kümmert sich ebenfalls um die Völker in der Belegstelle.

Hier werden vor allem Drohnenvölker gehalten, denn schließlich sollen die angereisten Königinnen eine reiche Auswahl geeigneter Bräutigame haben. So stellt der Imker sicher, dass die Nachkommen gewünschte Eigenschaften haben. Wer eine junge Königin zuhause am eigenen Stand ihren Hochzeitsflug unternehmen lässt, kann darauf keinen Einfluss nehmen. "Es kann sein, dass eine gute Königin plötzlich sehr aggressive Bienen hervorbringt oder ihr Volk sehr schwarmfreudig wird. Wer das vermeiden will, achtet darauf, wo sie begattet wird", erklärt Sabine Gladkov. Das ist so ziemlich das Einzige, was der Imker in der Sache tun kann, denn die Hochzeit findet hoch oben in den Lüften statt.

Die Bienenkönigin ist deutlich größer als der Rest ihres Volkes, trotzdem wird sie oft von den Imkern markiert. (Foto: Marco Einfeldt)

Es gibt auch natürliche feste Plätze, an denen sich Königinnen und Drohnen zur Hochzeit treffen, woher sie diese kennen, ist ein Geheimnis. "Woher sie es wissen, wissen wir nicht, aber sie wissen, wohin sie fliegen müssen", sagt Gladkov. Die Begattung geschieht in einer Höhe von zwölf bis 20 Metern. Dabei paart sich die Königin mit neun bis 25 unterschiedlichen Drohnen. Diese sterben danach, die Bienenkönigin dagegen füllt ihre Samenblase für den Rest ihres Lebens, das immerhin bis zu sechs Jahre dauern kann. Nach dem Hochzeitsflug kehrt sie zu ihrem Volk zurück und legt dort Jahr für Jahr Eier. Wann sie fliegt, das weiß man - entscheidend sind das Wetter und die Tageszeit. "Die Uhrzeit ist immer die gleiche", hat Christian Uttendorfer beobachtet, "es ist so zwischen 12 und 14 Uhr, wenn die Sonne am höchsten steht."

Einen Euro kostet die Hochzeitssuite in der Belegstelle, der Vorteil für Imker liegt auf der Hand: Hier gibt es nur Völker aus bester Zuchtlinie. Die moderne Honigbiene ist auf Sanftheit gezüchtet, auf Wabensitz, also Nervenstärke, wenn der Imker im Bienenstock werkelt, wenig Lust auf Schwärmen und auf große Honigleistung. 200 bis 300 Königinnen werden pro Saison in die Freisinger Belegstelle gebracht. Eine absolute Kontrolle freilich gibt es auch hier nicht, räumt Sabine Gladkov ein, obwohl im Umkreis von sieben Kilometern um eine staatliche Belegstelle die Haltung anderer Bienenrassen eigentlich verboten ist. "Aber wir sorgen eben dafür, dass die guten Drohnen möglichst stark vertreten sind", so Gladkov.

Christian Uttendorfer und Sabine Gladkov vom Freisinger Imkerverband inspizieren ein Drohnenvolk der Belegstelle. (Foto: Marco Einfeldt)

Dass die Zucht von Honigbienen durchaus erfolgreich ist, zeigt sich vor allem bei der Honigleistung. "Früher hat es keinen Frühlingshonig gegeben, die alten Leute kennen nur Sommerhonig", erzählt Uttendorfer. Es sei ein Ergebnis gezielter Zucht, dass die Bienen heutzutage schon früh "in die Brut gehen" und damit auch früh Honig produzieren. Denn den macht sie schließlich nicht für den Menschen, sondern für die eigenen Nachkommen.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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